"Das Abschiedsdinner" im Theater Neu-Ulm

Wagners Randnotiz Es gibt tolle Komödien - man muss nur ins Theater gehen!

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„Das Abschiedsdinner“ im Theater Neu-Ulm

Bravo! Die Umsetzung der französischen Komödie „Un dîner d'adieu“ von den Autoren Matthieu Delaporte & Alexandre de la Patellière ist im Theater Neu-Ulm hervorragend gelungen. Die Inszenierung „Das Abschiedsdinner“ trifft mitten in die Lachmuskeln des Publikums, ist aber alles andere als eine oberflächliche Komödie. Herbsüß, zartbitter in feinen Dosen serviert und immer auf den Punkt genau präsentiert, so dass feine Häppchen quasi im Halse stecken bleiben, die aber im Abgang noch munden. Ich habe gestern Abend viel gelacht, andere VeranstaltungsbesucherInnen auch. Das Publikum war gemischt, auch Kinder und Jugendliche waren in der Vorstellung. Die Komödie befasst sich intensiv mit dem Thema Freundschaft und den daraus entstehenden Vor-und Nachteilen. Zu Beginn des Stücks fragt Pierre (Heinz Koch) im Beisammensein seiner Frau Clothilde (Claudia Riese) wie viele „fvA“ sie haben. Seine Frau hakt nach, weil sie im ersten Moment mit der Abkürzung nichts anfangen kann. Wie viele frei verfügbare Abende (fvA) hat das erfolgreiche Paar? Pierre kommt auf 24 Abende im Jahr. Diese sie beide mit alten Freunden teilen müssen. Jene Treffen laufen manchmal eher nach einem Pflichtprogramm ab. Aufrichtige Freude sieht eigentlich anders aus. Deshalb denkt Pierre laut über die geschmacklose Idee seines Freundes Boris nach, der von Beruf Rechtsanwalt ist. Seine Frau Clothilde findet spontan Gefallen daran, denn Boris organisiert neuerdings für Freunde, die er für immer los werden will:„Das Abschiedsdinner“. Immer mit einem Lieblingsessen, Lieblingsmusik, dem passenden Jahrgangswein, aber auch gemeinsame Erinnerungen werden wieder aufgetischt. Man amüsiert sich ein letztes Mal. Balsam für die Seele. Der Abend soll unvergesslich bleiben. Danach gibt es den Cut - ganz nach dem Motto: „Ein Stierkampf ist schöner anzusehen, als ein Kälberrennen.“ Clothilde gefällt Boris Idee, denn „man schneidet am Baum auch tote Äste ab“. Für den ersten Baumschnitt wird Pierres Freund Antoine mit seiner Frau Bea eingeladen. Allerdings kommt die freischaffende, stets „müffelnde“ Bea nicht mit. Trotzdem halten Clothilde und Pierre an ihrem Plan fest, als Antoine ausnahmsweise im stinkenden, „verkotzten“ Trenchcoat eines Obdachlosen erscheint. Der Mantel wird kurzerhand in den Hausflur verbannt und dann soll Antoine mit dem Abschiedsdinner verwöhnt werden. Antoine (Andreas Gräbe) nennt sich selbst Patric, denn er führt Selbstgespräche, ist manisch depressiv, ein echter Lachsack und Egozentriker. Seine Mimik ist schaurisch schön, mal weinerlich und zum Totlachen. Grandios gespielt. Antoine erzählt dem befreundeten Ehepaar von seinem an Krebs verstorbenen Analytiker. Dadurch sind 25 Jahre Therapie zu Ende gegangen. Er erzählt aber auch von dem Plan, gemeinsam mit Bea ein Kind aus Afrika zu adoptieren. Für die Adoption benötigt er ein Empfehlungsschreiben von Pierre, der sich sofort darum kümmert. Er will den Cut. Clothilde und Pierre tun alles für dieses Abschiedsdinner und beide schrecken vor nichts zurück, auch nicht bei der Auswahl ihrer Kleidung. Sogar der teure Jahrgangswein wurde gekauft. Sie wollen den Cut, aber Antoine nicht, denn er durchschaut sie im Laufe des Abends und hat Kenntnis von Boris Idee. Antoine kämpft für seine Freundschaft mit Pierre und so kommt es zum Rollen- und Kleidertausch zwischen den beiden Freunden. Jeder soll in die Haut des anderen schlüpfen, fühlen, denken, handeln wie der andere und nochmals den Abend in der Haut des anderen Revue passieren lassen…

Ich kann die Theaterinszenierung sehr empfehlen, habe mich köstlich amüsiert. :-)

Theater Neu-Ulm (www.theater-neu-ulm.de )

„Das Abschiedsdinner“ von den Autoren Matthieu Delaporte & Alexandre de la Patellière /Deutsch von Georg Holzer

Mitwirkende:

Claudia Riese (Clothilde) http://theater-neu-ulm.de/cmsroot/claudia-riese/

Heinz Koch (Pierre) http://theater-neu-ulm.de/cmsroot/heinz-koch/

Andreas Gräbe (Antoine) http://www.andreasgraebe.com/

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Geschrieben von

Corina Wagner

Wer das Wort Alphabet buchstabieren kann, ist noch kein/e Autor/in. (C.W.)

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