Die Crux mit dem Kulturkiller

CoLyrik Aus der Reihe: Ein bisschen Kultur geht immer...

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Die Crux mit dem Kulturkiller

Da sitzt ein Durchschnittsmensch, nennen wir ihn ruhig Müller, vor seinem Laptop und gibt in die Suchmaschine das Wort Kultur ein. Das Ganze macht auch irgendwie Sinn, meint seine Frau. Denn beide beschäftigen sich seit Tagen mit dem Thema Kultur insbesondere Kulturen im Joghurt. Manche Joghurtmarken enthalten lebende Kulturen und damit hat Müller ein echtes Problem. Er will nur tote Kulturen und das könnte sie seinetwegen völlig ruhig und gelassen politisch auffassen. Seine Frau macht ihm den Vorwurf, dass er noch lange kein Kulturenkiller sei, wenn er diesen lebendigen Joghurt essen würde. Man könnte das aus künstlerischer Sicht sehen, dann hätte er quasi mal wieder eine Performance in seinem Darm. Seit Stunden sitzt Müller inzwischen wie gebannt vor seinem Laptop, da er seiner Frau beweisen will, dass das Wort Kulturenkiller in einem ganz anderen Zusammenhang verwendet wird.

Er macht sich in einer Woerd-Datei Notizen und kopiert sogar stellenweise ganze Textpassagen für seine Frau. Tagtäglich begegnet uns das Wort Kultur in allerlei Kontexten. Das Wort „Kultur“ leitet sich vom lateinischen ‚colere‘ ab, also von pflegen und urbar machen. Dann kann also ein harmlos wirkender Kulturschaffender auch ein Kulturkiller sein und mit seinen Fähigkeiten eine Kulturlandschaft zu Tode pflegen, denkt er. Müller ist begeistert, denn er liest wenige Minuten später auf einer kulturell angelegten Seite: „Herzlich Willkommen in unserer friedliebenden Kulturlandschaft!“

Eine Botschaft, die den Weltfrieden verkörpern könnte, denkt er spontan und surft ein bisschen weiter. Diese Marketingmaßnahme steht auf der Seite einer eingeschworenen Gruppe, die sich mit Kulturtechniken auskennt, so z.B. wie man Feuer macht. Denn, das weiß inzwischen doch wahrscheinlich jeder Kulturbanause, das Kulturtechniken immer komplexe Lösungskonzepte für unterschiedliche Probleme sind und somit extrem praxisbezogen relevant sein können, wenn man sich in der Alltagskultur auskennen möchte und keinen Kulturschock erleben will. Ja genau und deshalb gibt es auch die Populärkultur. Doch nicht selten fragt sich der normale Mensch, warum er in die Tiefe gehen muss, um doch nur Oberflächiges im Kulturteil zu entdecken. Was ist wirklich populär? Vermutlich die Fußballkultur und neuerdings die Willkommenskultur. Müller will nun Kulturschaffender werden und bringt zu Hause ein bisschen Kultur in sein Arbeitszimmer. Was passiert eigentlich, wenn sich ein talentierter und begabter Künstler nicht selbst finanzieren kann? Seine Kultur verkümmert vermutlich. Und wenn sich viele Künstler nicht finanzieren können?, schwirrt es ihm durch den Kopf. Er druckt deshalb einen riesengroßen Stapel kulturell relevante Berichte, Artikel aus, die im Hause Müller die Diskussionskultur fördern könnte, denn er stößt auf einen Artikel über Kultursponsoring…

„Während die Sponsoringausgaben für Sport und Medienprojekte deutlich wachsen, stagnieren die Budgets für Theater, Kunst und Musik (mit Ausnahme von Rockkonzerten). Dabei wird Sponsoring bei klammen Stadtkassen zunehmend lebenswichtig - gerade für kleine und mutige Kulturprojekte.“

(Zu finden: http://www.akademie.de/wissen/kultursponsoring)

© Corina Wagner, September 2015

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Geschrieben von

Corina Wagner

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