Hausbesuch

CoLyrik-Meinungsfreiheit Klingel-lingel-ling, da kommt der ...?

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Klingel-lingel-ling, da kommt der ...?

Nö, ähm nein, doch nicht, was Sie schon wieder denken. Eiermann war gestern. Heute wird’s vielleicht ein Hausbesuch, eventuell auch morgen, übermorgen, drübermorgen. Doch der Hausarzt oder ein Versicherungsvertreter steht dann nicht vor der Tür, auch kein Tiefkühlkostverkäufer. Nö, also nein, sondern vielmehr ein AfD-Mitglied. Klingel-lingel-ling …

Vorsicht ist nun geboten, wenn man satirisch aktiv ist. Bitte Obacht geben! Sonst ergeht es anderen Satirikern ähnlich wie neulich Künstler Schlecky Silberstein. Nach einem Filmdreh für einen Clip, der die Vorfälle in Chemnitz parodiert, bekam er einen völlig unerwarteten AfD-Hausbesuch bei seiner Produktionsfirma in Berlin.

Silbersteins Firmenadresse und Klingelschild wurden während des Überraschungsbesuchs des AfD-Abgeordneten Hansel mit der Kamera aus den Reihen der AfD festgehalten und anschließend im Netz veröffentlicht. „Hurra!“, dachten sich wohl diejenigen, die gerne Morddrohungen ausüben und den rechten Arm in die Höhe heben. Was für eine geniale Idee vom Berliner AfD-Abgeordneten ? Hm. Er spielt denunzierendes Klingelmännchen und andere erledigen den Rest.

Die manipulierenden Spezis aus der alternativen deutschen Szene, also die Autokratie-Befürworter mit oder ohne Nazikeule im Handgepäck haben eine bereits eingestaubte Taktik für sich entdeckt. Super. Germanisch gut. Bei Künstlern, die satirisch agieren, unangemeldet zu erscheinen, ist anscheinend wieder total im Trend, so wie einst, als Sonderbehandlungen der allerletzte Schrei waren. Ich bin begeistert. Eher nicht, also eigentlich bin ich entsetzt über solche Maßnahmen. Wer zu dem gefährdeten Personenkreis gehört und satirische Beiträge schreibt oder Filme dreht und diese veröffentlicht, sollte eine Überwachungskamera vor seiner Haustür installieren. Hochsichere Vorhangschlösser können vielleicht sogar einen Riegel vor total euphorischen völkischen Besuchern schieben, wenn diese mit ihren polierten Springerstiefeln die Schwelle übertreten wollen.

Ich empfehle sogar für den Eingangsbereich zur Abschreckung einen Bewegungsmelder mit Bullterrier- und Rottweiler-Soundeffekten. Letztendlich weiß man ja in Zukunft nie, ob wirklich nur der Postbote dreimal klingelt.

Für den Fall, dass diese Zeilen der eine oder die andere aus dem Autokraten-Verein jetzt liest, weise ich gerne nochmals darauf hin, dass Künstler, Journalisten, aber auch andere Menschen nicht einfach so „besucht“ werden wollen.

So und jetzt?

Nachdenken. Denken schadet nie, ganz im Gegenteil. Klingel-lingel-ling, da kommt der …?

© CoLyrik, September 2018

Anmerkung der Autorin

Ich nutze wie immer bei solchen Beiträgen die Meinungsfreiheit der BRD, Artikel 5, GG:

Artikel 5

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Corina Wagner

Wer das Wort Alphabet buchstabieren kann, ist noch kein/e Autor/in. (C.W.)

Corina Wagner

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