Merkels Un-Kunst der Regierungsführung

Kon-Tiki, Wiracocha Staatslenker in deutscher Geschichte haben ausschließlich versucht, das Staats-Schiff mit Erfolg oder ohne zu lenken. Unsere Kanzlerin scheint kein Steuer zu benötigen

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Kon-Tiki, Wiracocha, oder die Kunst des Treibens im Winde

Foto: Wikimedia Commons, Heyerdals Kon-Tiki, Wiracocha, der Sonnengott der Inkas, im Pazifischen Ozean, einzig angetrieben von den Naturgewalten (1947)

Liebe dFC,

angesichts der bisherigen Regierungsjahre der Kanzlerin, angesichts der letzten Bundestagswahl und der derzeitigen unsäglichen Koalitionsverhandlungen muss ein unbeteiligter Beobachter der jüngeren deutschen Geschichte bewundernd feststellen, dass es wohl eine derartige Regierungsführung, wie sie von der Kanzlerin zelebriert wird, noch nicht gegeben hat.

In den letzten hundert Jahren, bitte korrigiert mich, wenn ich mich täuschen sollte, hat es wohl, ausgenommen Frau Angela, keinen Regierungschef gegeben, der nicht versucht hätte, wenigstens das Staats-Steuer ein wenig zu lenken und Gestaltung auszuüben. Mme ist diese einzigartige Ausnahme. Und das ist sicher auch die Ursache ihres "Erfolges". Selbst der bockige Kohl hatte ab und zu versucht mit deutschen und ausländischen Politikern zu mauscheln, sich ansonsten aber den jeweiligen Winden der Zeitgeschichte hinzugeben. Alle Kanzler der Nachkriegsgeschichte hatten versucht, irgendwie ihren eigenen Stempel in gestaltender Weise der Republik aufzudrücken, vor allem dann, wenn die Winde das Schiff zum Schlingern brachten.

Unsere Kanzlerin drückt ebenfalls den Stempel. Aber in ihrer ganz "genuinen" Art. Sie lässt sich den Arm führen: Vom aktiven deutschen Kapital, den Plutokraten, und vom passiven deutschen Untertan. Das Verhältnis dieser beiden zueinander bestimmt Muttis Nicht-Handeln. Das wird ihr von beiden gedankt und ruft in aller Welt Bewunderung hervor: Mächtigste Frau der Welt.

Soll Deutschland stolz auf eine solche Regierungschefin sein und sie noch ewig unhinterfragt am Ruder lassen, das sie nicht einmal in die Hand nimmt?

Ich meine, die Kanzlerin hat eine einmalige historische Situation erwischt, in der die Staatsgestaltung vom Walten und Schalten des Kapitals auf der einen Seite und der Schlafmützigkeit des Untertanen auf der anderen Seite abhängig sein konnte. Aber ich fürchte, dass diese historische Situation ganz schnell vorbei sein wird. Schon Morgen kann sich der Michel die Augen reiben und bangend hoffen: "Nanu, hoffentlich wird der Sturm nicht so mächtig, dass der Steuermann und die Mannschaft wie Herbstblätter in alle Winde verweht werden. Dann geht's womöglich auch mir an den Kragen."

Noch ein schönes Wochenende in der Merkel- aber auch Wulff-Republik! (Als Prototyp eines deutschen Politikers darf seine Erwähnung nicht fehlen. Zieht Euch die Lebensläufe unserer Politelite aber nicht zu sehr zu Gemüte. Es lohnt sich eher, ein wenig im "Freitag" herumzustöbern.)

CE

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Geschrieben von

Costa Esmeralda

35 Jahre Entwicklungsberater, Lateinamerika, Afrika, Balkan. Veröff. u.a. "Abschied von Bissau" und "Die kranke deutsche Demokratie".

Costa Esmeralda

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