Land der Verweigerer

Haushaltskrise Die größte Volkswirtschaft der Welt wird vom Shut-Down gelähmt. Öffentliche Einrichtungen und Ämter werden sukzessive schließen. Wer hat dieses Debakel zu verantworten?

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Die Republikaner. So lautet prompt die erste Antwort, die sich aufdrängt wenn man die Schuldfrage stellt. Ohne Zweifel haben besonders die Mitglieder der Tea-Party mit ihrem geradezu militant staatsfeindlichen Verhalten und Gedankengut einen großen Anteil an der jetzigen Situation. Aus Protest gegen die Einführung einer staatlichen Krankenversicherung, die in praktischen allen entwickelten Ländern längst zum unumstrittenen Standard des Sozialsystems gehört, eine veritable Staatskrise zu riskieren ist schlicht verantwortungslos und ideologisch verblendet. Die ständigen Klagen der Republikaner über zu viel Staat stehen im scharfen Kontrast zu der wachsenden Zahl von Menschen in Armut, deren Versorgung im Gegenteil stärker von der öffentlichen Hand organisiert werden müsste.

Doch die Schuld alleine bei der Tea-Party und ihren kruden Ansichten zu sehen greift zu kurz. Schließlich ist es das amerikanische System der Checks and Balances, dass eine derartige Lockout-Situation überhaupt ermöglicht, ja sogar wahrscheinlich macht. Da der Haushalt nur mit Zustimmung beider Kammern des Kongresses, also Repräsentantenhaus und Senat, verabschiedet werden kann drängen sich bei ungleichen Mehrheiten in den Kammern Probleme geradezu auf. Die Väter der Verfassung, die mit dieser Regelung die Macht des Präsidenten beschränken wollten, haben wohl auf ein pragmatischeres Zusammenarbeiten zwischen den Parteien gehofft.

Nicht zuletzt bereitet auch die ökonomisch abenteuerliche Konstruktion der Schuldenbremse in den USA Schwierigkeiten. Anders als in Europa ist die amerikanische Schuldenbremse nämlich nicht an die Entwicklung des BIP geknüpft, sondern an absolute Zahlen. Sie liegt derzeit bei 16,7 Billionen Dollar und wird bereits in Kürze erreicht sein. Stimmt der Kongress dann nicht einer Anhebung der Schuldengrenze zu, sind die USA de facto pleite. Nach der aktuellen Gemengelage im Kongress zu urteilen, dürfte auch diese Abstimmung für Spannung auf den Weltmärkten sorgen.

Mit einer absolut fixierten Schuldenbremse raubt sich der amerikanische Staat jegliche Handlungsfähigkeit. Zumal keine Unterscheidung zwischen strukturell und konjunkturell verursachten Schulden gemacht wird. Seit jeher krankt der amerikanische Staat an zu niedrigen Steuereinnahmen, die Abgabenquote betrug im Jahr 2011 nur 25%, die meisten Industrienationen, auch Deutschland, zogen wesentlich mehr Geld ein.

Die USA benötigen, wenn überhaupt, eine Schuldengrenze, die an das BIP geknüpft ist. Wie problematisch Staatsverschuldung für eine Volkswirtschaft wirklich ist, kann nur dann gemessen werden, wenn man die Schulden in Relation zur Wirtschaftsleistung setzt. Außerdem muss es Ausnahmen für konjunkturelle Krisen geben, um dem Staat die Möglichkeit zu geben stabilisierend einzugreifen und seiner Rolle als Lender of last Resort gerecht zu werden. Darüber hinaus müssen die Staatseinnahmen erhöht werden und, wo sinnvoll, Ausgaben gekürzt werden. Ein möglicher Ansatzpunkt wäre hierfür der Verteidigungsetat, der jährlich einige hundert Milliarden Dollar verschlingt. Diese Tatsache soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich im Wesentlichen um ein Einnahmeproblem handelt.

Auslöser des Shut-Down waren zweifelsohne die Republikaner, doch mit dem Finger auf sie zu zeigen reicht, bei allem Ärger, nicht. Amerika muss dringend mehr Staatseinnahmen generieren und eine ökonomisch verantwortbare Schuldengrenze einführen. Bei den derzeitigen Machtverhältnissen in Washington dürfte dies jedoch kaum gelingen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

D. M.

Student mit Interesse für politische und volkswirtschaftliche Themen. Möchte gelegentlich auch selbst Beiträge schreiben.

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