Iran: oppositioneller TV-Sender gegen Zensur

TELETHON Nachrichtensender iranischer Dissidenten wirbt um finanzielle Unterstützung, während Volk und Regierung des Iran wegen des Zugangs zu Informationen zusammenstoßen

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Am vergangenen Freitag hat ein beliebter Satellitenfernsehsender, der von freiwilligen Exiliranern betrieben wird, seine 21. Kampagne zur Einwerbung von Mitteln für seine Arbeit begonnen. Dieses Netzwerk, das auf Farsi Simay Azadi und auf Englisch Iran National Television heißt (ITNV), erreicht ein Publikum im Iran über Satellitenfernsehen. Besitz und Benutzung der dafür benötigten Empfangsgeräte sind im Iran verboten. Das Verbot wird aber laut vielen Berichten von Millionen Iranern missachtet. Die Behörden haben solche Geräte schon in Massen konfisziert; sie werden dennoch wieder angeschafft.

Eingebetteter Medieninhalt

Diese Missachtung reflektiert einen breiteren Konflikt zwischen der iranischen Öffentlichkeit und dem Regime bei seinen Versuchen, den Informationsfluss einzudämmen. Zahlreiche Websites und soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sind gleichfalls von den Hardlinern der Theokratie verboten worden, werden aber von einer jungen, technisch versierten Bevölkerung über Tarnnetzwerke benutzt.

Die Ausrüstung für den Empfang des Satellitenfernsehens vermittelt den Iranern auch den Zugang zu anderen Nachrichtenquellen, die nicht von der Regierung gesteuert werden, doch ITNV stellt sich dar als eine Stimme, die nur für das iranische Volk bestimmt ist, denn es spricht die Ansichten einer organisierten Widerstandsbewegung aus und sammelt Nachrichten mit Hilfe des Netzwerks dieser Bewegung im Iran.

Eine Presseerklärung von INTV, die die Spendenaktion dieses Wochenendes ankündigt, bittet Spender um Stärkung dieser Fernsehstation in seiner Rolle als Alternative der staatlichen Medien, die praktisch die einzigen offen im Lande fungierenden Informationsquellen sind. Zahlreiche Medien werden in jedem Jahr von der Regierung geschlossen. Die Inhaftierung von Journalisten aus politischen Gründen ist an der Tagesordnung. Das hat dazu geführt, dass das Komitee zum Schutz von Journalisten den Iran regelmäßig als einen der schlimmsten Agenten dieser Art von Unterdrückung bezeichnet.

Die Website „Journalism is not a Crime“ (Journalismus ist kein Verbrechen) nennt über 50 Reporter, die zurzeit im Iran im Gefängnis sitzen. In diese Zahl sind nicht die vielen politischen Aktivisten eingeschlossen, die für andere „Vergehen“ und dafür, dass sie INTV und ähnlichen Medien Nachrichten zur Verfügung stellten, oder nur für letzteres Gefängnisstrafen absitzen müssen.

Wie INTV berichtet, sind viele Mitglieder seines Netzwerks ihrer Arbeit wegen inhaftiert, gefoltert und in einigen Fällen hingerichtet worden. Sie bringen sich besonders in Gefahr, wenn sie über verbotene politische Protestaktionen und die Bedingungen in iranischen Gefängnissen berichten. In der Presseerklärung heißt es weiter: „Politische Gefangene im Iran nutzen regelmäßig [INTV], um Nachrichten aus den Gefängnissen zu übermitteln und ihren Widerstand gegen die Brutalität der Behörden zu bekräftigen.“

Frühere Spendenaktionen haben das starke öffentliche Interesse an der Unterstützung solcher Projekte gezeigt. Es ist bekannt, dass INTV Spenden sowohl aus dem Iran als auch von exiliranischen Gemeinden erhält. Die Spenden reichen, wie berichtet wird, von zehn bis zu hunderttausenden Dollar. Von der jetzigen Spendenaktion, die bis zum kommenden Sonntag dauert, wird ein ähnlicher Erfolg erwartet, zumal in den letzten Jahren der Kreis der Nutzer von INTV stetig größer geworden ist.

INTV berichtet, dass seine Kernmannschaft völlig unentgeltlich arbeitet. Die bei der Aktion aufgekommenen Spenden werden für das Sammeln von Originalnachrichten und zur Deckung der Kosten für die 24 Stunden lang ausgestrahlten Sendungen sowie für seine Website IranNTV.com ausgegeben. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich auf der Homepage von Simay Azadi ein Button mit der Aufschrift „Free Iran Telethon“ findet, wo Interessenten sich (in englischer Sprache) über das Procedere informieren können.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran