„ISIS, Nebenprodukt der iranischen Mullahs“

Kampf gegen Terror Oppositionsführerin Maryam Rajavi: „Um dem islamistischen Extremismus entgegenzutreten, bedarf es einer kulturellen Alternative, die auf einem toleranten Islam beruht.“

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Bericht aus Paris – Der iranische Widerstand in Frankreich hat eine bewegte Geschichte hinter sich: 2003 stürmten nach einem Deal des französischen Außenministers Dominique de Villepin und seines iranischen Amtskollegen Kharazi für Wirtschaftsverträge französischer Ölkonzerne Tausende Polizisten die Zentrale des iranischen Widerstandes nahe Paris und verhaftete Dutzende Exiliraner. Der iranische Widerstand, sein Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) und seine stärkste Gruppe in ihm, die iranischen Volksmojahedin (PMOI), kämpften nach der Aktion vom 17. Juni über ein Jahrzehnt lang für die Wiederherstellung ihres Rufes und den Freispruch von Terrorismus und anderen Vorwürfen, welche die französische Staatsanwaltschaft ohne jegliche Beweise kreiert hatte. Die Aktion gilt bis heute als eines der dunkelsten Kapitel der französischen Außenpolitik.

Auch unter diesem Anlass ist die Einladung der Präsidentin des iranischen Widerstandes, Maryam Rajavi, diese Woche in das französische Parlament auf eine Konferenz unter der Teilnahme zahlreicher Abgeordneter zu verstehen. Es ist der zarte Versuch der Wiedergutmachung eines Weges der Beschwichtigungspolitik einer französischen Regierung, die auch heute noch ihr Heil im Umgang mit dem iranischen Regime in einer Legitimierung durch Verhandlungen sieht. Frankreich ist Teil der sogenannten P5+1 Gruppe, die sich seit Jahren in verschiedenen Städten Europas trifft, um mit dem iranischen Regime um dessen Atomprogramm zu verhandeln.

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Im französichen Parlament verurteilt Rajavi die Hinrichtung der jungen Studentin Reyhane Jabbari

Wie gespalten die französische Politik auch heute noch im Umgang mit dem Iran ist, zeigt der kurz vor der Konferenz erfolgte Besuch des iranischen Vorsitzenden für nationale Sicherheit und Außenpolitik im iranischen Parlament in Frankreich, der sich dort mit politischen Vertretern der Regierung traf. Vor allem die Teilnehmer des Parlamentes auf der Konferenz wiesen in mehreren Redebeiträgen vor allem wegen der horrenden Menschenrechtslage im Iran darauf hin, dass eine Legitimierung des Regimes auch ein Affront gegen die Freiheitsbewegung im Iran und gegen seine legitime Opposition ist.

Doch Maryam Rajavi konzentrierte sich in ihrer Rede auf die Rolle des iranischen Regimes im Mittleren Osten. Westliche Regierungen sind aktuell verunsichert, wie sie mit dem Aufkeimen der Terrorgruppe ISIS umgehen und mit welchen Mitteln sie bekämpft werden soll. Immer wieder wurden in der Vergangenheit Stimmen laut, dass der Westen zur Bekämpfung von ISIS mit dem Iran zusammen arbeiten könnte.

Rajavis Meinung dazu ist eindeutig: „ISIS ist ein Nebenprodukt der beispiellosen Verbrechen der Mullahs im Iran, der Verbrechen Bashar al-Assads in Syrien sowie der Verbrechen Malikis im Irak, und ihrer sektiererischen Politik, gerichtet gegen einen großen Teil der Bevölkerung im Irak und in Syrien.“

Sie ergänzte: „Um dem Extremismus unter dem Banner des Islam entgegenzutreten, bedarf es einer kulturellen und ideologischen Alternative, die auf einem toleranten und demokratischen Islam und der Gleichheit der Geschlechter beruht. Wenn eine solche Alternative fehlt, werden das Mullah-Regime und die sunnitischen Fundamentalisten die Konfrontation mit dem Fundamentalismus als Konfrontation mit dem Islam überhaupt hinstellen und auf diese Weise unterminieren.“

Zu einer Zusammenarbeit mit dem iranischen Regime zur Bekämpfung von ISIS sagte sie: „Das wäre der größte Schlag gegen die Koalition, denn dann würden die irakische und die syrische Nation die Koalition an der Seite ihres Erzfeindes sehen – den Mullahs.“

Frau Rajavi wies darauf hin, dass nur moderate Kräfte in der Region das Dilemma im Mittleren und Nahen Osten beheben können. Die iranischen Volksmojahedin sind – laut Frau Rajavi – eine solche Kraft. „Die Volksmodjahedin sind die kulturelle und soziale Antithese zu dem fundamentalistischen iranischen Regime“, sagte sie.

Zu den Atomverhandlungen der P5+1 mit dem iranischen Regime, bei denen auch französische Diplomaten teil nehmen, sagte Maryam Rajavi:“ Das iranische Regime versucht, seine Projekte zur Herstellung von Atomwaffen zu erhalten, indem es sich die Politik der Beschwichtigung zu Nutze macht und sich aller möglichen Arten von Täuschung bedient.“ Ferner warnte sie: „Jedwede Vereinbarung sollte die uneingeschränkte Einhaltung aller Resolutionen des Sicherheitsrates enthalten, sowie vollständiges Aufhören der Anreicherung und gründliche Inspektionen aller Anlagen und verdächtigen Zentren; sonst wäre der Weg dieses Regimes zur Atombombe ungehindert frei.“

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Am Ende ihrer Rede wies sie noch einmal auf die Menschenrechtslage im Iran hin. 1000 Menschen wurden seit dem Amtsantritt von Hassan Rohani hingerichtet, ethnische und religiöse Minderheiten werden weiterhin ebenso systematisch verfolgt, wie in iranischen Gefängnissen gefoltert wird. Auch die iranischen Frauen leiden weiterhin unter der Unterdrückung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, vom Kleidungszwang bis hin zu Zehntausenden Zwangskinderehen. „Hier enthüllt sich die Wahrheit des iranischen Regimes, dem Paten von ISIS; seine Tyrannei und Grausamkeit gegenüber dem iranischen Volk ist hundertmal schlimmer als die Handlungen von ISIS“, stellt Frau Rajavi fest.

Vor allem in Camp Liberty, wo 3000 iranische Dissidenten seit knapp drei Jahren auf Geheiß der Mullahs im Irak terrorisiert und drangsaliert werden, zeigt sich – so Rajavi – die Entschlossenheit des Westens zu einem Kurswechsel. Vor allem in der Anerkennung von Camp Liberty als Flüchtlingslager der UN, der Sicherheit des Lagers, der Freilassung von sieben immer noch inhaftierten Geiseln und der schnellen Verteilung der bedrohten Camp-Bewohner in Drittländer zeigt sich der Mut und der Willen demokratischer Regierungen, demokratische Oppositionelle in Sicherheit zu bringen und für den Schutz ihrer Menschenrechte und ihrer Leben vor einem Verbeugen vor den Mullahs für eigene Sicherheitsinteressen eine scharfe Trennlinie zu ziehen, stelle Rajavi fest.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Javad Dabiran

NWRI-Deutschlandsprecher - Iran- und Nahost-Experte.

Javad Dabiran

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