Pünktchen und Anton

Community-Projekte: geht zu Eurer Stadt & fragt - fragt, ob sie ein Pünktchen&Anton-Haus für Kinder zwischen 0 und 99 und mehr Jahren eröffnet, das Klassengrenzen überwindet & Brücken baut.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

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Es braucht keine Revolution, um die Welt zu verändern. Ich glaube an den Weg von Freiheit, Freundschaft und Liebe. Ich glaube daran, dass es Sinn ergibt Kommunismus zu leben im Hier und Jetzt -- und daran, dass das die sinnvollste Variante ist, ihn zu verwirklichen.

work in progress

Eine Projektidee „Blumenkinder“ stellten wir bereits vor. Demnächst wird es Neuigkeiten geben.

Eine weitere Idee skizzierte ich bereits in einem Kommentar in einem der Threads zum Community-Treffen:

Es geht um Pünktchen und Anton -- warum?

Weil sie im Buch die Welt veränderten im Kleinen. Und weil sich auch in Wirklichkeit etwas ändern sollte, denn so wie es ist, ist es nicht gut:

Geburt entscheidet über die Chancen im Leben. Zum Beispiel hängt die Chance jemals im Leben eine Universität besuchen zu können stark davon ab, ob ein Kind in einem Bildungshaushalt geboren wird oder in einem bildungsbenachteiligten Haushalt zur Welt kommt. Viele Kinder gehen mit Hunger zur Schule, viele Kinder können an Kultur und Kunst nicht gleichberechtigt teilhaben und haben keine gute gesundheitliche Versorgung. Auch scheinbar privilegierte Kinder erfahren oft eine Form von Armut, oft sind sie mehr Form- und Gestaltungsobjekt ihrer überambitionierten Eltern -- als Kind. Übervolle Terminkalender gefüllt mit Pflichtterminen von Kinderballett über mathematische Frühförderung bis hin zum Klavierunterricht spiegeln oft wenig die Neigungen und Interessen der Kinder wider als vielmehr den Ehrgeiz der Eltern. Das alles soll sich ändern, indem sich Sozialarbeit ändert.

Und Ihr könnt dabei mitwirken:

Die ersten Sozialarbeiter/innen (Jane Addams usw.) waren gesellschaftskritisch. Im Laufe der Zeit wurde die Sozialarbeit mehr und mehr institutionalisiert, das soll sich wieder ändern. Eine gesellschaftskritische und gesellschaftsverändernde Sozialarbeit ist gefragt. Warum?

In vielen institutionalisierten Sozialarbeitsprojekten der Gegenwart wird separiert nach Lebensalter (es gibt Kinder- und Jugendhäuser, Erwachsenenbildungseinrichtungen usw.) und viele Projekte sind an Benachteiligte adressiert und helfen individuell, verändern aber nicht die Strukturen, die zu Benachteiligung führen, obwohl Sozialarbeit eigentlich genau diesen Anspruch hat: Gesellschaftskritik zu üben und Gesellschaft zu verändern und zu gestalten. Faktisch wird von Trägerseite und von staatlichen Einrichtungen her Sozialarbeit oft reduziert auf Exklusionsverwaltung. Das soll wieder anders werden!

Ein erster Anfang - gefragt seid Ihr:

Fragt in Euren Städten, ob sie ein Pünktchen-und-Anton-Haus eröffnen und mithelfen können eine verträumte Idee zu verwirklichen. Das bereitet nicht mehr Aufwand als ein klassisches Kinder- und Jugendhaus, ist aber sehr viel mehr: gelebte Gesellschaftsveränderung.

Der Traum bzw. die Idee ist simpel wie einfach und jede/r kann mitmachen, man/frau braucht nicht notwendig ein Sozialarbeits- oder Pädagogikstudium:

  • Klassische Kinder- und Jugendhäuser sind oft stark auf einen Stadtteil bezogen. Pünktchen-und-Antonhäuser sollen Stadtteile miteinander verbinden und Brücken in alle Welt bauen.
  • Sie sind außerdem offen für alle Altersgruppen, also offen für alle Menschen, die Kinder sind oder sich Kindlichkeit im Herzen bewahrten.
  • Professionelle Sozialarbeiter/innen und Pädagogen/innen arbeiten mit (sozialen) Eltern, Großeltern und Ehrenamtlichen zusammen.

Es geht darum Brücken zu bauen zwischen armen Stadteilen und den Stadteilen der Wohlhabenden. Und es geht außerdem darum Brücken zu bauen in die Welt.

Offener Mittagstisch, offenes Parlament, offene Kulturbetriebe......

Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus verschiedenen Stadtteilen und aus allen Kulturen begegnen sich, um bei einem offenen Mittagstisch gemeinsam zu essen, Kinder machen gemeinsam Hausaufgaben, teilen sich Nachhilfelehrer/innen, spielen am Nachmittag gemeinsam, lernen voneinander Sprachen und Kulturen kennen, feiern Feste, machen Kunst und Musik und gestalten Politik mit, ja Politik: Kinder sollten in den Parlamenten mitwirken können, weil es um ihre Zukunft geht -- und zwar alle Kinder weltweit sollen in den Parlamenten mitwirken können, denn was zum Beispiel in Paris und Berlin, London, Washington, Peking, Moskau usw. beschlossen wird, hat Einfluss auf das Leben der Kinder weltweit, jedes Kind weltweit sollte das Recht haben, sich mit Briefen, Reden im Parlament, Videonachrichten usw. an die Parlamente wenden zu können, die Hälfte der Zeit der Parlamente sollte den Kindern gehören. Und Kindern sollten auch mitgestaltenden Zugang zu Theatern, Konzerthäusern, Kunstausstellungsräumen usw. bekommen.

Kinder gehören nicht ihren Eltern, Kinder haben ein Recht auf gesellschaftliche, kulturellen und politische Teilhabe- und Mitgestaltungsmöglichkeiten.

Und ehe mich Eltern und Großeltern killen: Keine Angst den Eltern und Großeltern werden nicht die Kinder und Enkelkinder weggenommen, sondern sie bekommen Kinder: Denn die Eltern und Großeltern sind herzlich willkommen in den Pünktchen-und-Antonhäusern mitzuwirken und beizutragen.

Kinderbetreuung rund um die Uhr

Die Pünktchen- und Anton-Häuser sind rund um die Uhr offen, das hat den Vorteil gegenüber konventionellen Kinder- und Jugendeinrichtungen, dass die Eltern und Großeltern flexibel sind, auch eine Ärztin im Schichtdienst bekommt so die optimale Kinderbetreuung für ihre Kinder.

Soziale Eltern, Großeltern, Freunde/innen wirken mit

Und Kinder und Enkelkinder werden auch von ihren (sozialen) Eltern und Großeltern nicht nur abgegeben und abgeholt, sondern die Eltern und Großeltern gestalten je nach Zeit mit. Zum Beispiel der Papa, der leidenschaftlich gerne Geschichten vorliest und noch lieber Baumhäuser baut, liest nicht für zwei gelangweilte Kinder die immer gleichen Geschichten vor, welche die Kinder schon alle in- und auswendig kennen und baut nicht das zehnte Baumhaus im Garten für sich selbst, sondern hat die Chance echte Interessierte zu finden, während seine eigenen Kinder vielleicht gerne zur Abwechslung mal an einer Theatergruppe mitwirken möchten usw.

allein und gemeinsam und flexibel

Das heißt auch nicht, dass alles immer gemeinsam gemacht wird, sondern Eltern und Kinder können gemeinsam entscheiden, ob sie zum Beispiel an einem sonnigen Nachmittag lieber allein als (Patchwork-)Familie an einen See fahren und Eis essen gehen möchten oder gemeinsam mit den Pädagogen/innen einen Ausflug für alle organisieren möchten. Ich denke der Wechsel macht es, Stunden gemeinsam mit den Kindern im kleinen Kreis der Familie und Patchworkfamilie und Stunden in der Gemeinschaft -- und der Reiz gegenüber klassischen Kinder- und Jugendeinrichtungen liegt in der Freiheit flexibel zu gestalten, was so bisher nicht möglich ist.

Kunst des Teilens

Das Teilen soll dabei eine große Rolle spielen. Jede/r gibt und trägt bei, was er / sie geben kann und gerne beitragen möchte. Es soll auch einen großen Tisch geben zu dem jede/r beiträgt, was er / sie gerne beitragen möchte: Brot, Kleidung, Bücher, Leih-Notebooks für Facharbeiten für die Schule usw. Und jede/r nehmen darf, was er/sie braucht.

Kein Kind soll hungernd oder frierend zur Schule gehen. Zum Beispiel kann vor Schulbeginn ein Tisch bereit gestellt werden, bei dem Kinder auf dem Schulweg sich Pausenbrot mitnehmen können, man/frau könnte auch an allen Schulen solche Gaben-Tische aufstellen. Auch haben nicht alle Kinder Mützen und Schals und Handschuhe und warme Jacken im Winter usw., manche Kinder verlieren sie auch oft, auch dann ist das praktisch, dann muss es nicht nerviges Theater von kleinlich fragenden Eltern für die Kinder geben, weil es genug Mützen und Handschuhe und Schals auf der Welt gibt, die sich immer wieder an einem großen Tisch einfinden.

Zeitungen, Bücher -- das alles kann miteinander geteilt werden und dann haben alle mehr davon. Das heißt nicht, dass niemand zuhause mehr eigene Bücher usw. haben sollte, sondern es heißt frei entscheiden zu können, was und wie viel man/frau gerne teilen würde. Es gibt z. B. Bücher, die bedeuten einem sehr, mit denen arbeitet man/frau vielleicht auch fast täglich und es gibt Bücher, die liest man/frau einmal ganz oder halb und die stehen Jahre lang im Regal, aber jemand anderes würde sich freuen, die Bücher lesen zu können, weil sie genau sein/ihr Thema sind. An einem Abend kocht man/frau vielleicht lieber zuhause und erlebt einem gemütlichen Abend mit den Kids, an einem anderen Abend isst man/frau vielleicht lieber im Garten des Pünktchen-und-Anton-Hauses gemeinsam bei einem Grillfest mit allen zu Abend. Mal gehen die Kids allein hin und die Eltern haben einen Abend für sich, mal kommen die (sozialen) Eltern mit usw. oder nur die Eltern und die Kinder sind unterwegs mit Freunden/innen und deren Eltern usw.

Das ist außerdem ein Beitrag zu Frieden -- warum?

  • Weil Freundschaften entstehen zwischen Pünktchen und Anton und Klassengrenzen überwunden werden. Und weil Brücken gebaut werden zwischen Stadteilen, die zuvor unsichtbare Mauern trennten.
  • Außerdem weil Kinder so mehrsprachig aufwachsen und interkulturell.
  • Weil darüber hinaus Städtepartnerschaften in alle Welt entstehen. Denn die Kinder haben Freunden/innen und Verwandte in der ganzen Welt und lassen einander an den Freundschaften und Verwandtschaften teilhaben. Die Kinder und ihre Eltern besuchen sich, machen gemeinsame Projekte, engagieren sich gemeinsam gesellschaftlich, ökologisch und kulturell usw.

Fragt nach, ob es möglich ist in Eurer Stadt ein Pünktchen-und-Anton-Haus zu eröffnen.

Und fragt auch nach und schreibt Briefe an politisch Verantwortliche mit der Bitte -- Schulsysteme zu wandeln, indemHauptschulen abgeschafft werden, und Gesamtschulen eingeführt werden und Schulen nach dem Vorbild der Summerhill-Schule, die einen antiautoritären im Sinne eines demokratischen Ansatz lebte, verwirklicht werden.

Und schreibt Briefe an Verantwortliche, in denen Ihr bittet, dass Städte offener gebaut werden. Wir brauchen soziale und ökologische Städte, in denen es keine Klassengrenzen mehr gibt und in denen Kinder Natur und Kultur erleben können.

Liebe Grüße

Daniela Waldmann

ps. ich weiß nicht, ob es Pünktchen-und-Anton schon als Namen für Projekte gibt, ich fand nur den Namen so passend. Wir können aber auch gerne gemeinsam nach anderen Namen suchen oder in jeder Stadt können die Menschen die Projekte anders nennen.

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