Was ist mit den fehlenden Kindern?

Malala, ja aber... ....offensichtlich lernte der Westen wenig aus Malalas Rede. Die Tage danach…

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Sie würde nicht zurückschießen, formulierte Malala Yousafzai in ihrer Rede anlässlich ihres 16. Geburtstagees vor den Vereinten Nationen.

Müssten nicht alle Drohen seither in den Garagen stehen und längst zur Verschrottung frei gegeben worden sein, wenn das Amerika der Freiheit und seine Verbündeten sich nur selbst ernst nehmen würde?

Oder war alles gar nicht so ernst gemeint, oder galt die Rede nur den anderen? Oder ging alles nur um das strategische Konzept des Krieges um die Herzen, von dem Joseph Nye spricht? Oder ist, wie es in der Rede unter anderem hieß, Bildung einfach nur als eine andere Art von Waffe zu verstehen?

Bildung darf keine Waffe sein! Und es geht um Herzensbildung. Würde der Westen sich selbst ernst nehmen und die Rede des Kindes, hätte die Rede eine ernsthafte öffentliche kritische Diskussion über die AntiterrorKriege auslösen müssen. Wäre der Inhalt der Rede ernst genommen worden, hätte eine Umkehr stattfinden müssen, müssten die Waffen schweigen.

Wenn man die mit Pathos vorgetragenen pazifistischen Sätze der Rede in den Raum stellt, zugleich aber die Kriege ungebrochen weitergehen, verliert man das Wichtigste – nicht etwa Macht, aber Vertrauen. Vielleicht bedeutet das in Strategiepapieren nichts – und vielleicht bedeutet es in den Köpfen derer nichts, die von Dingen wie „Soft Power“ und „Smart Power“ reden und ohne den Machtzusatz gar nicht können und selbst noch die Herzen der Menschen zum Kriegfeld erklären, so als müsste man sie erobern, besetzen und unterordnen im Namen der Freiheit, die Kontrolle bedeutet, im Namen des Friedens, der nichts als der schiere Sicherheitswahn ist. Frieden ist etwas anderes. Und Frieden kommt nicht mit Gewalt und nicht durch Krieg und nicht durch Antiterror und nicht durch Terror. Frieden ist ein Weg.

Ich wiederhole mich, aber es mag schwer vorstellbar sein, für Menschen die in militärischen Denkstrukturen befangen sind, dass das wertvollste, das sie verlieren können, etwas Unsichtbares ist - Vertrauen. Und genau das verliert man, wenn man den annoncierten großen Worten über Pazifismus in dieser Rede nicht auch Taten folgen lässt:

Es braucht eine Umkehr, es braucht ein Ende der Antiterrorgewalt und ein Ende der Antiterrorkriege. Es braucht Einsicht in die Fehler der Vergangenheit und Reue und eine Bitte um Verzeihung. Und die Bitte, dass auch die andere Seite die Waffen niederlegt. Es geht alles einfach, alles um Verständigung, Versöhnungsarbeit und Frieden.

Und Malala war und ist nicht das einzige Kind, das sich für Bildung einsetzte und sie ist nicht das einzige Kind, das Gewalt erfahren hat. Wo sind die anderen Kinder? Warum stehen neben Malala nicht all die anderen Kinder und auch Drohnenopfer? Warum stehen nicht Opfer von Terror und Opfer von Antiterror zusammen? Warum werden keine Brücken gebaut?

All die Kinder, die sich übergangen fühlten und protestierten, sind eigentlich die wahren Demokraten/innen, weil sie Mitsprache forderten, weil sie sich für ihre Anliegen einsetzten, die sie so noch nicht vertreten sahen, weil sie sich nicht durch repräsentative Scheindemokratien abfertigen lassen wollen, weil sie mehr wollen - wirkliche Beteiligung.

Nun stehen diese Kinder da und sagen, sie möchten mehr als nur einfach abgespeist werden – und bitten den Westen, dem Demokratie immerhin Kriege wert sind, gehört zu werden - und was passiert? Die demokratischen Foren machen die Türen zu, und statt Brücken bauen zu helfen, werden die Brücken, welche die am MalalaTag fehlenden Kinder selbst zu bauen anfingen, eingerissen und es gibt eine vorgesetzte belehrende (wenn sie nicht vom Westen und seinen Verbündeten selbst umgesetzt wird, die Waffen weiter im Einsatz bleiben, dann ist sie belehrend) Rede, für deren Inhalt die kriegführenden Nationen, die sie halten ließen, anscheinend selbst taub sind, und die anderen Kinder, die ein Anliegen hatten und etwas sagen wollten, bleiben draußen, die Kinder, die ihre Eltern bei Drohnenangriffen verloren oder selbst verwundet wurden, die Kinder, die wie Malala sich für Bildung einsetzten und überhaupt alle Kinder, die auch ein HerzensAnliegen haben – sie blieben draußen, die angeblichen Demokraten/innen geben ihnen kein Forum, sie werden ausgesperrt. Adieu Demokratie!?

Die Realität ist, dass die Kinder in zweifacher Hinsicht Opfer sind – einmal von Terror und einmal von Antiterror. Wann werden die Kinder gesehen? Wann wird Liebe mehr bedeuten als Rechthaberei und Terrorideologien und Antiterrorideologien?

Wann werden die Kriege beendet? Wann werden Brücken gebaut? Wann wird Verständigungs- und Versöhnungsarbeit beginnen? Wann wird Frieden sein?

Schöne Grüße auch

Daniela Waldmann

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