Schon länger kursiert das Gerücht, dass die berüchtigte Punktevergabe des Eurovision Song Contest auf dem Prüfstand steht. Zu anstrengend und behäbig sei das fehlerbehaftete Vortragen der Punkte für heutige Sehgewohnheiten geworden. Zu früh stünde der Gewinner schon fest. Beim Eurovision Song Contest in Stockholm wird es eine neue Präsentation geben, die sich dem Zeitgeist anpassen möchte.
Und so soll es aussehen: Das Jury- und Telefonvoting, das früher mühevoll in ein gemeinsames Endergebnis gegossen wurde, wird während der Show nachvollziehbar aufgesplittet. Zuerst werden die einzelnen Punkte der Juries gezeigt und anschließend das Ergebnis des Televoting vorgetragen. Beim Televoting will man es besonders spannend machen: Hier werden alle Punkte, die ein Land von allen anderen Ländern bekommen hat, vorab zusammengerechnet und in einer Reihenfolge vorgetragen, so dass es bis zum letzten Ergebnis spannend bleiben soll. Alles klar? Falls nicht, empfiehlt sich ein Blick ins Melodifestivalen, dem schwedischen Vorentscheid des Eurovision Song Contest. Seit Jahren wird diese Methode schon angewendet und in diesem Video vom Voting im schwedischen Melodifestivalen kann man sich schon auf das einstimmen, was uns im Mai erwarten wird.
Die schwedischen Fernsehmacher beim SVT haben als diesjähriger Veranstalter ihren Einfluss zu Nutze gemacht, um den Eurovision Song Contest immer mehr zu einem Pop-TV-Ereignis zurechtzubiegen. Es ist ein weiterer Schritt in der Skandinavisierung des Wettbewerbs, der sich schon seit mittlerweile vier Jahren abzeichnete.
Der Eurovision Song Contest entwickelt sich seitdem zusehends zu einer bombastischen Popshow, bei der jedes Detail bis ins kleinste perfektioniert ist. Damit unterwirft sich der Wettbewerb einer Castingshow-Ästhetik, bei der nicht die Musik, sondern der Künstler in den Mittelpunkt gerückt wird
Schon die Einführung der Regel 2013 beim Eurovision Song Contest in Malmö, dass die Künstler in einer vorab durch die Produzenten festgelegten Reihenfolge auftreten sollen, löste Diskussionsbedarf aus. Schließlich eröffnet es den Produzenten die Möglichkeit, Einfluss auf die Wirkung der Künstler zu nehmen. Zufall wird durch Willkür ersetzt.
Der eigentliche Gewinner sind in diesem Spiel vor allem die Fernsehmacher. Das ist per se nichts Verwerfliches und möglicherweise auch gut für die Quote. Dennoch sollte man nicht vergessen, dass auf der Eurovision-Bühne Menschen stehen werden, die nicht nur als Produktionsmaterial herhalten müssen, sondern auch als Künstler ernstgenommen werden.
Es wäre daher mal auch an der Zeit, dass eine Regel eingeführt wird, die auch den Künstlern mehr künstlerische Freiheit ermöglicht: der Einsatz einer Liveband, eines Orchesters, ein Chor, der nicht in einem Schatten auf der Bühne versteckt wird. Das sind nur einige Beispiele. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
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