Die Linke: Keinen Sozialismus ohne Demokratie!

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Mit diesem Artikel setze ich nach 'Die Linke: Das Strömungspendel' meine Reihe hin zum Göttinger Parteitag fort.

Eine zentrale Erkenntnis von Katja Kipping, Katharina Schwabedissen, Caren Lay, Brigitte Ostmeyer, Thomas Nord und Jan van Aken, die ich voll teile, ist der folgende aus ihrer Erklärung zitierte Satz: "Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts ist nicht nur eine Frage der Inhalte, sondern auch der Methode: Für eine demokratische Linke!"

Die Linke hat vielmehr Probleme mit der innerparteilichen Demokratie, weniger mit den erarbeiteten Inhalten. Das zeigt sichtlich die Diskrepanz zwischen dem Erfurter Parteitag im Oktober 2011, wo das Grundsatzprogramm von rund 97% der Delegierten und dann im November/Dezember 2011 von rund 96% der Mitglieder, die im Mitgliederentscheid gewählt haben, bestätigt wurde, und dem bevorstehenden Göttinger Partei, wo es massiven Streit gibt.

Schauen wir zurück zum Januar 2012, wo ein Antrag auf Durchführung eines Mitgliederentscheids zur Besetzung der Position der beiden Parteivorsitzenden vom Geschäftsführenden Parteivorstand abgelehnt wurde. Aus der entsprechenden Presseerklärung zitiert: "Der Geschäftsführende Parteivorstand hat sich der im Rechtsgutachten von Prof. Dr. Martin Morlok dargelegten Rechtsauffassung angeschlossen und festgestellt, dass der Antrag nicht zulässig ist."

Siehe dazu den Artikel mit Thread bei Lafontaines Linke 'Falsches Signal'. Daraus zitiert: "Eine Schwäche von parteiinterner Machtpolitik liegt darin, dass ihre eigene Perspektive mit dem Blickwinkel der Leute da draußen oft nicht viel zu tun hat. Es wird das eigene, partikulare Interesse mit dem allgemeinen anderer in eins gesetzt, ohne dass auffällt, wie schlecht die Teile zusammenpassen. Der Sieg, den „der linke Flügel am Donnerstagabend mit seiner Mehrheit“ (Tagesspiegel) im geschäftsführenden Vorstand errungen hat, also die Ablehnung des Antrags auf Befragung der Mitglieder der Linken vor der Wahl der nächsten Parteispitze, muss für eine Öffentlichkeit, die sich zwar mit Sympathie für die Partei interessiert, jedoch nicht jeden gutachterlichen Winkelzug, nicht jede strömungspolitische Konstellation mitverfolgt, wie eine Niederlage aussehen."

Im Mai 2012 hat die Bundesschiedskommission in einem Schiedsvotum zugunsten der Basis entschieden. Siehe dazu den Artikel mit Thread bei Lafontaines Linke 'Schiedsvotum pro Basis'. Daraus zitiert: "Der Streit um die Frage, ob die neue Spitze der Linken von der Parteibasis mitbestimmt wird, währte Wochen, war dabei ziemlich kontrovers und dürfte deshalb noch in Erinnerung sein: Im Januar hatte der geschäftsführende Parteivorstand den Antrag des Landesverbands Mecklenburg-Vorpommern und weiterer Gliederungen abgelehnt, einen Mitgliederentscheid durchzuführen – und war dabei unter anderem einem Gutachten des Düsseldorfer Parteienrechtlers Martin Morlok gefolgt, der vor einem Verstoß gegen das Parteiengesetz und die Satzung gewarnt hatte. Nun hat sich die Bundesschiedskommission auf Antrag von Rene Jalaß aus dem sächsischen Landesverband (BSchK/7/2012) mit dem Fall befasst – und ist zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen: Mit 5 Ja-Stimmen, einem Nein und einer Enthaltung stellte das Parteigericht am Sonntag fest, dass der geschäftsführende Vorstand den Mitgliederentscheid über die Besetzung der Linken-Spitze hätte zulassen müssen. Das Gremium hatte im Januar knapper gegen die Basisbeteiligung votiert: Die Abstimmung fiel seinerzeit 6 zu 4 zu 1 aus. (tos)"

In der genannten Presseerklärung über Regionalkonferenzen gesprochen, zitiert: "Darüber hinaus hat sich der Geschäftsführende Parteivorstand mit den anwesenden Vertrauensleuten der Antragssteller/innen darauf verständigt, dass den Vorsitzenden und Sprecher/innen der Landesverbände sowie dem Parteivorstand eine Reihe von Vorschlägen zum weiteren Verfahren unterbreitet wird, die bei den anstehenden Wahlen zum Parteivorstand eine breitere Einbindung der Basis ermöglichen. Dazu zählen die Durchführung von Regionalkonferenzen und die rechtzeitige Bekanntgabe von Kandidaturen."

Allerdings gibt es für uns in Bayern keine Regionalkonferenz. Siehe die Übersicht 'Regionalkonferenzen in Vorbereitung des Göttinger Parteitags'. Daraus zitiert: "LV Bayern - keine eigene landesweite Regionalkonferenz; stattdessen werden die Termine der Regionalkonferenzen in den angrenzenden Bundesländern (Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen, Sachsen) allen Mitgliedern des Landesverbands zur Kenntnis gegeben, sodass sie bei Interesse an einer Konferenz in ihrer Nähe teilnehmen können."

Dazu kommen auch meine eigenen Erfahrungen bei der Wahl der mittelfränkischen Delegierten für den Göttinger Parteitag. Es war wieder einmal unschön, jedoch lehrreich. Es wurde peinlich genau darauf geachtet, dass die Wahl formalistisch korrekt ablief, damit sie niemand anfechten kann. Die Angst, dass sie eventuell angefochten wird, ist nicht unbegründet, denn es war eine sogenannte 'vorbereitete Wahl'. Das heißt, es war praktisch schon vorher festgelegt, wer Delegierter wird. Ich bin danach in unserem Büro vorstellig geworden, um mich dort zu beschweren. Ich wurde letztlich abgewimmelt, und mir wurde neben anderen Sachen ins Gesicht gesagt, dass die Wahl nur eine Formalie sei.

Der Landesverband Bayern gilt nicht ohne Grund als das Problemkind in Der Linken. Ich bin inzwischen massiv angefressen. Insbesondere macht bei uns die abhausende Kader-Flügel-Organisation Sozialistische Linke (SL) Probleme. Die SL überschätzt sich übrigens mit ihren nur gut 800 Mitgliedern von knapp 70.000 Mitgliedern in der Partei insgesamt maßlos. Auch deren Erklärung zur Personaldiskussion vor dem Göttinger Parteitag sagt uns alternativen und emanzipatorischen Basismitgliedern zwischen den Zeilen viel. Es sind nicht deren Inhalte, sondern deren Methoden, die ätzen, wodurch die Inhalte über die SL hinaus diskreditiert werden.

Darum und überhaupt: Katja and Katharina for chairwomen!

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Geschrieben von

Red Bavarian

Die Vergangenheit analysieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft erdenken.

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