Radikale, Reformer und der Rest

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Als Basismitglied der Partei Die Linke habe ich die Auseinandersetzungen auf den kommenden Parteitag in Göttingen hin mit nachdenkendem, lesendem und schreibendem Interesse verfolgt, zumal auch ich Entscheidungen für mich treffen muss. Anfang Mai habe ich meine Aktivitäten eingestellt und eine Auszeit von der Partei genommen. Für einen Austritt ist es mir jedoch noch zu früh. Allerdings kann ich noch nicht wirklich erkennen, wie die Partei weiter funktionieren kann angesichts der Bruchlinien, die sich nun auch nach außen hin überdeutlich zeigen.

Es haben sich nun drei Pole herauskristallisiert, die sich personell manifestiert haben, und die mainstreammäßig als die Radikalen (auf Grün: Fundis), die Reformer (auf Grün: Realos) und der Rest erscheinen: Oskar Lafontaine und Nachfolgerschaft, Dietmar Bartsch und das Duo Katja Kipping plus Katharina Schwabedissen. Durch die Letzteren hat der medial bisher verborgene Rest einen Namen bekommen: der Dritte Weg. Der ist allerweil und überall der schwerste in unserer real existierenden Welt, wie ich als Drittweg-Gänger übergut weiß.

Den entsprechenden Aufruf 'Weil das Wünschen nicht geholfen hat' vom 23.05.2012 von Katja Kipping, Katharina Schwabedissen, Caren Lay, Brigitte Ostmeyer, Thomas Nord und Jan van Aken unterschreibe ich im Geiste.

Ich habe heute den Artikel 'Potemkin - Zeitschrift für eine kritische Linke' mit den Titel 'Halt auf freier Strecke! Von D-Zügen mit Sachwarmintelligenz' gelesen. Darin heißt es: "In ihrer ersten Erklärung sprechen beide Kandidatinnen nun von einer neuen politischen Kultur. Tatsächlich wollen sie über die Leichen zweier Politiker ins Amt gelangen, denen mensch zumindest zu Gute halten kann, die Partei vor eine Richtungsentscheidung stellen zu wollen. Die Erklärung von Kipping und Schwabedissen atmet dagegen wieder den Duft der hohlen Kompromissformeln, die diese Partei in ein Trümmerfeld verwandelt haben."

Das sehe ich andersherum: Gerade das kompromisslose Erzwingen von Richtungsentscheidungen hat die Partei in ein Trümmerfeld verwandelt. Da ist zwischen Inhalten und Methoden zu unterscheiden. Ich erlebe es in meinem Kreisverband hautnah mit. Da hat eine Machtfraktion den Hut auf, die sich selber als realistisch und radikal sehen. Das sind aber nicht ihre Inhalte, sondern ihre Methoden.

Zu den politischen Leichen: Die derhutzen sich selber. Die werden aber im Spital von Schwester Katja und Schwester Katharina mit sozialistisch-christlicher Strenge wieder gesundgepflegt.

Davor heißt es im genannten Artikel der Potemkin-Zeitschrift jedoch: "Haben die beiden „Hoffnungsträgerinnen“ wirklich verkannt, dass sich der fundamentaloppositionelle Flügel bereits gruppiert, um ihre Kandidatur zu bekämpfen (vgl. Erklärung der SL vom 23.5.2012). Meint Kipping als Vertreterin einer Strömung, die es als Erfolg feiert, wenn sich zwanzig der ihrigen zu einem Bundestreffen versammeln, dass sie genug Hausmacht hat, dass sie es mit den Netzwerkern aus vermeintlicher Gewerkschaftsbewegung und westdeutschen Flächenwahnsinn zugleich aufnehmen könnte?"

Darauf sage ich: Keine Angst, die sind nicht so stark, wie sie sich geben. Denn sie beziehen ihre Macht vornehmlich durch ihre Wähler. Dabei machen sie einen kapitalen Fehler: Dieser Machtmodus funktioniert nur, wenn man im Sinne der herrschenden Kapitalisten handelt, klar sichtbar geworden bei der Schröder-SPD und den Fischer-Grünen. Im weiteren Sinne also, wenn man Erfolg mit seinem Durchregieren hat. Aber ohne einen Erfolg, wie auch immer das Ziel ist, vergrätzt man schließlich Mitglieder, Sympathisanten und Wähler. Das ist offensichtlich der entscheidende Fehler von Oskar Lafontaine und seinen Anhängern. Wie weiter oben gesagt, ich erlebe das hautnah mit.

Mein Fazit: In Der Linken sind die Methoden zu ändern, nicht die erarbeiteten Inhalte. Dann werden ihr die Leute nicht mehr in Scharen zur Nichtwählerschaft, zur SPD zurück, oder zu den Piraten hin weglaufen.

Das wird im Aufruf 'Weil das Wünschen nicht geholfen hat' erwähnt: "Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts ist nicht nur eine Frage der Inhalte, sondern auch der Methode: Für eine demokratische Linke!"

Die informative Vorstellungsseite der Kandidatinnen: 'Katharina, Katja und Team'

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Red Bavarian

Die Vergangenheit analysieren, die Gegenwart gestalten, die Zukunft erdenken.

Red Bavarian

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