Drohnen machen keine Gefangenen

Drohnen Die Bundeswehr will sie nun auch bewaffnen. Dazu lud sie die Öffentlichkeit zur "offenen Debatte" Anfang des Monats ein.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

http://msnbcmedia1.msn.com/j/ap/drone%20pilots--19705806_v2.grid-6x2.jpg

Drohnen-Piloten bei einer Übungsmission in New York. (Bild: AP)

So richtig in Fahrt gekommen ist sie nicht, die von der deutschen Bundeswehr ausgerufene Debatte über die “Bewaffnung von Drohnen”. Dabei hat Verteidigungsminister de Maizière die öffentliche Diskussion Anfang August doch so wunderbar eingeleitet:

„Flugzeuge dürfen Waffen tragen. Warum also sollen unbemannte Flugsysteme das nicht dürfen? Das erschließt sich mir nicht."

Und weiter:

"Ethisch ist eine Waffe stets als neutral zu betrachten"

Aus der angeblich gewünschten „öffentlichen Debatte“ ist leider nicht viel geworden. Und dass uns, der deutschen Öffentlichkeit, dazu nichts weiter eingefallen zu sein scheint, dürfte de Maizière nicht weiter überrascht zu haben. Bereits gestern wurde der Kauf praktisch beschlossen.

Als „militärisch sinnvoll” bezeichnet ein Generalleutnant der Bundeswehr den Kauf, der ab 2014/15 geplant ist. Zunächst werden israelische Modelle angekauft. Ab 2020 soll zusammen mit Frankreich und Großbritannien auch eine eigene Drohne bereit sein.

Nur sehen und töten

Bereits jetzt setzt unsere Bundeswehr unbemannte Flugsysteme für Beobachtungsmissionen ein. Diese sind mitnichten unschuldig, werden doch durch diese Arbeit nicht selten Ziele ausgemacht, die später tödlich angegriffen werden. Das scheint nicht mehr zu reichen. „Die Drohnen müssen bewaffnet sein“ lässt die Bundeswehr sich zitieren.

Der Schutz der Soldaten dient dem Verteidigungsminister hier als Rechtfertigung:

„Ich kann den Soldaten am Boden nicht erklären, warum aus politischen Gründen erst ein bemanntes Flugzeug zur Luftunterstützung angefordert werden muss, was auch eine Drohne hätte leisten können“

Diese Argumentation setzt natürlich voraus, dass getötet werden muss. Doch die Weltöffentlichkeit diskutiert am Beispiel der tödlichen Einsätze von US-Drohnen bereits seit längerem: darf überhaupt getötet werden?

Das Völkerrecht lässt solche Tötungen, die Verdächtige betreffen und Zivilisten in Mitleidenschaft ziehen können, nur im Kriegsfall zu.

Fest steht, Mord ist Verbrechen. In den aktuellen Drohnen-Einsatzgebieten wie im Jemen, Pakistan, Afghanistan und wohlmöglich weiteren, inoffiziellen Missionen werden Menschen ohne Anklage, Verhörung oder Verteidigung getötet. Nicht selten sterben dabei zudem Unbeteiligte. Insgesamt werden die Tötungen auf 1873 Menschen geschätzt.

Drohnen haben für all dies kein Verständnis. Sie kennen sich nicht aus mit den rechtlichen Aspekten. Sie wissen nicht, dass die Menschen, auf die sie Raketen abfeuern, in Deutschland erst mal festgenommen werden würden und schlimmstenfalls im Gefängnis landen würden.

Sie können nicht sehen, wenn jemand sich ergeben will. Sie können nicht hören, was die Menschen sagen. Ihre einzige Kommunikationsleistung ist die Übertragung von Kamerabildern aus dem Himmel in eine Kommandozentrale, in der ein Pilot sitzt und die Drohne steuert.

Keine Waffe ist neutral, Drohnen schon gar nicht

De Maizière sagt, diese und jede andere Waffe ist „stets als neutral zu betrachten“. Will er uns damit sagen, dass wir mit einer bewaffneten Drohne Leben retten können? Etwa das Leben unserer Soldaten, die sich in einem fremden Land befinden und widerrechtliche Tötungen vornehmen?

Will de Maizière die Opfer schützen, die durch die Handlungen der Verdächtigen entstehen könnten? Meint er das mit Neutralität?

Die US-Regierung argumentiert, vor jedem Einsatz werden drei Dinge geprüft:

  1. Handelt es sich um eine bedeutende Bedrohung?
  2. Ist eine Gefangennahme möglich?
  3. Werden unbeabsichtigte Konsequenzen bedacht?


Eine nette Liste, die mit Sicherheit den ein oder anderen Journalisten fürs erste beruhigt hat. Die 26 durch eine US-Drohne getöteten Menschen in Somalia vor zwei Tagen sprechen allerdings gegen das Vertrauen.

Herr de Maizière hat in einem Punkt Recht. Ein solches Unheil wie in Somalia hätte sich auch mit einem bemannten Flugzeug anrichten lassen können. Die Bundeswehr hat durch die Übermittlung eines Ziels in Kundus bereits über 100 Menschen auf einen Schlag durch amerikanische Flugzeuge töten lassen.

Drohnen entfernen unsere Soldaten weiter vom Tod als bisher. Sie befinden sich weit entfernt vom Einsatzort ohne jegliche Gefahr für ihr eigenes Leben. Das schafft Distanz. Die grauen Bilder und die Soldaten mit Joystick vor dem Bildschirm erinnern nicht umsonst an Computerspiele.

Wollen wir das wirklich derart vereinfachen? Wollen wir wirklich das semi-automatische Töten einführen?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden