Besitzstände

AIDS IN SÜDAFRIKA Leslie Liddell, Leiterin von "Rape Crisis" in Kapstadt, über Verbrechen einer patriarchalischen Gesellschaft

Warum gibt es noch immer diese hohe Vergewaltigungsrate in Südafrika?

Vergewaltigungen sind ein Symptom dafür, was in einer Gesellschaft passiert und welche Haltung Frauen gegenüber existiert. Im Selbstverständnis der streng patriarchalischen Gesellschaft Südafrika gelten Frauen als Besitz des Mannes. Oft sind Männer - aber auch Frauen - überzeugt, dass ein Ehemann seine Frau vergewaltigen darf. Wenn ein Mädchen von dem Mann vergewaltigt wird, mit dem es sich verabredet hat, traut es sich oft nicht, ihn anzuzeigen. Man will loyal sein.

... und sich nicht von der sozialen Gruppe isolieren.

Ja, oft wird deshalb jede Hilfe abgelehnt. Ich habe eine Freundin in Khayelitsha, die von einer Gang vergewaltigt wurde. Sie wollte Vergeltung und hat sich an das Straßenkomitee in ihrem Viertel gewandt. Das hat dann die Strafe für die Täter beschlossen.

Gibt es auch unter der Ärzteschaft Vorgänge, die eine schnelle Aufklärung von Vergewaltigungen verzögern?

Neulich rief mich eine Rechtsanwältin an und erzählte mir von einem siebenjährigen Mädchen, das in zwölf Tagen 20 Mal von einem Nachbarn missbraucht wurde. Es konnte nicht mal mehr sitzen. Die Anwältin hat das Kind in eine Klinik gebracht, und dort meinte der zuständige Arzt, dem Kind fehle nichts.

Warum ist es so schwierig, die Täter zu fassen?

Als vorherrschende Gesinnung gilt noch immer: Frauen sind nichts wert. Opfer von Vergewaltigungen werden im Gericht oft wie Schuldige behandelt. Neulich gab es diesen Fall: Eine Frau war von einem bewaffneten Täter vergewaltigt worden. Der Richter unterbrach schließlich und fragte die Frau: "War die Pistole geladen?"

Das Gespräch führte Almuth Schellpeper

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden