Neulich, ein Wochenende nach dem, was im Osten Herrentag heißt und damit dem Aufgefahrenen mehr Reverenz erweist als die westlichen Ausfahrten zum Vatertag, durfte ich in der Datsche eines Freundes wohnen. Sie liegt in Mecklenburg-Vorpommern, dort, wo selbst die Glatzen ans Wegziehen denken, damit sie nicht sich ständig selbst verhauen müssen. Denn das tut auf Dauer auch der national gestimmtesten Seele weh. Ich dachte, hier müsse tiefste Stille sein. Tatsächlich, zunächst hörte ich nur ein paar mittagsmatte Vögel und ab und an ein paar Frösche, die von Natur aus etwas standortgebundener, halbherzig auf Partnersuche waren.
Doch dann, es war gerade die gesetzlich geregelte Mittagsruhe eingetreten, begann auch der Mensch sich zu regen. Ein jeder, schien es, wollte das Weibchen mit Surren und Rattern des Rasenmähers locken. Das Ohr unterschied bald Benzin und Elektro. Einer hörte sich gar wie ein umgebauter Trabi an. Schon stimmten diese langen Stangen ein, mit denen man die hartnäckigen Ränder häckselt. Giersch, Brennnesseln, Disteln und sonstiges Gewächs, ohn´ Unterschied brachte sie das Gartenmännchen dar. Nun begann im Grundstück oberhalb eine Flex zu jaulen. Ein Betonmischer rumpelte an. Etwas entfernter röhrte die Kettensäge ihr Lied. Und noch ferner, vielleicht schon jenseits der Anlage, eine Kreischsäge. Derweil oben ein Sportflieger kreiste und unten in der Stadt die Martinshörner jubelten. Kurz, die Balz war rundum im Gange.
Verlegen versuchte ich, mich tiefer hinterm Feuilleton zu verkriechen. Da kam meine Frau. In der Dusche sei der Vorhang heruntergekommen. Das soll der Freund richten, sagte ich gequält. Verächtlich sah sie mich an. Missmutig suchte ich nach einem Bohrer. Als ich wütend drauflosbohrte, sah sie mich seltsam an. Fast wie früher. Ich legte den Hebel auf Schlagbohren um.
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