Die drei Fragezeichen

A–Z Seit mehr als 50 Jahren ist die Visitenkarte der drei jugendlichen Detektive unverändert. Unser Wochenlexikon über die ???
Ausgabe 16/2017

A

Archiv „Wir wurden von Alfred Hitchcock, dem berühmten Regisseur, hergeschickt“ erklärt Justus in der ersten Geschichte und macht so dem eigentlichen Archivar der ???, Bob Andrews, Konkurrenz. Lange Jahre ist Hitchcock Mentor und fiktiver Herausgeber der ???. Anfang der 1960er Jahre wurde Hitchcock von ???-Schöpfer Robert Arthur gebeten, die Schirmherrschaft zu übernehmen, (obwohl er nie für die Reihe schrieb).

Mit Hitchcocks Tod starb 1980 auch sein literarisches Pendant. Nun trat der fiktive Schriftsteller Albert Hitlfield auf den Plan. Während die Originalausgaben (Label) dem Sturm der Entrüstung trotzen, kehrte die deutsche Übersetzung 1982 zu Hitchcock zurück. Erst 2005 ersetzte auch sie ihn rückwirkend durch Hitfield. Dabei stolperten die Übersetzer über ihre eigene Version: So trifft Hitfield in Narbengesicht nun auf seinen guten Freund, der seit 2005 ebenfalls Albert Hitlfield heißt. Wenn das kein Fall für die Detektive ist. Simon Schaffhöfer

B

Bösewichte Das Heldengestirn legt Bösewichten zuhauf das Handwerk. Zwei Finsterlinge geistern aber als ewige Gegner durch die Geschichten. Der Hallodri Skinny Norris ist ein typischer Schulhofbully. Etwas älter als die???, schubst er sie ab dem ersten Fall herum.

Als Kleinkrimineller kreuzt er auch später immer wieder den Pfad der Detektive. Meistens ist er im Fremdauftrag unterwegs, weil er zu blöd fürs große Ding ist. Eine andere Hausnummer ist Victor Hugenay. Den französischen Kunstdieb verehren die ??? fast aufgrund seines Intellekts. Immer wieder führt er sie vor, Hugenay veranlasst Justus sogar, etwas Illegales zu tun, und als sie einmal zu packen bekommen, zeigen die??? aus Hochachtung Nachsicht. Der später als Gentleman verklärte Dieb hatte Peter in einer frühen Folge gedroht, ihm den Schädel zu spalten. Tobias Prüwer

J

Justus Eine Zeit lang wollte der Sohn (6) lieber Justus heißen. So wie Justus Jonas, warum wir ihn nicht so genannt hätten, fragte er. Klar, Kinder suchen sich Helden, sie wollen sich vorstellen (Zeichnung), wer sie sind oder gern sein würden.

Zugegeben, Justus „Just“ Jonas ist ziemlich naseweis, aber die Mutter findet ihn tatsächlich dem Kind am ähnlichsten, sie konzentriert sich auf das Sympathische im Neunmalklugen. Fragt man das Kind, warum es denn Justus sein will und nicht Bob oder Peter, sagt das Kind: „Ich bin doch nicht rothaarig! Das passt doch viel besser zu Johan! Ich bin auch nicht so groß wie Peter!“ Fragt man weiter (Recherchen): „Bob und Peter, ärgern die nicht öfter den Justus, weil er, hüstel, hüstel, etwas pummelig ist?“ „Was? Der ist doch nicht pummelig! Die machen nur Witze. Das sind die besten Freunde!“ „Hat Justus eigentlich keine Eltern?“ „Die sind bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen“, antwortet das Kind. Und so bedeutungsvoll, wie das Kind es sagt, klingt er so wie ich, die ich immer im Internat aufwachsen wollte. Dann nennt er mich noch Tante Mathilda und will einen Kirschkuchen. Katharina Schmitz

L

Label Alles begann mit Preisknüllern, Schlagern und Idealismus. Seit 1965 gibt es das Label EUROPA, das seit 1979 auch die ???-Hörspiele produziert. EUROPA war die Tochter einer Produktionsfirma, die dadurch zu Geld kam, dass sie ihre Schlager-Schallplatten besonders günstig verkaufte – vor allem in den USA. Dass das Label EUROPA den Namen erhielt, lag vor allem am Traum des Mitbegründers (und Onkel Titus-Sprechers!) Andreas Beurmann von einem vereinten Europa. Der sich mit der Zeit einstellende Erfolg der Jugendhörspiele gründete auf altbewährten Mitteln: EUROPA bot seine Hörspiele (TKKG) besonders günstig und auf neuen Wegen, zum Beispiel in Drogerien an. Benjamin Knödler

M

Mädchen Sie wollen einfach nur Spaß, wusste Cyndi Lauper, und Gott bewahre, wenn sie dafür auf Produkte zurückgreifen, die nicht als eindeutige Mädchenprodukte gekennzeichnet sind. Kim, Marie und Franzi heißen die Drei-!!!-Detektive, Pardon, Detektivinnen. Gendergerechte Sprache, nimm das! Während Just, Peter und Bob in der ???-Kids-Version knuffige Kerle mit Übergewicht, Unterlänge und schlechter Frisur sind, verpasste man ihren weiblichen Gegenparts einen Alien-Look zwischen Barbie und Polly Pocket. Ihre gefühlvollen Abenteuer tragen Titel wie Tatort Modenschau. Wer braucht schon Subversion, wenn er einfach nur Spaß in Pink haben kann? Marlen Hobrack

S

Synchronsprecher Würde sich Oliver Rohrbeck hinstellen und lossprechen, würden sich vermutlich viele Menschen umdrehen – ein Bekannter?! Erkennen würden ihn aber die wenigsten, obwohl er viele von uns durch die Jugend begleitet hat. Seit der ersten Folge ist Rohrbeck die Stimme von Justus Jonas. Wie der erste Detektiv sind auch seine Kollegen in den vergangenen gut 35 Jahren kaum gealtert. Da passt es nur, dass die Stimmen der ??? abgesehen vom Stimmbruch seither die gleichen geblieben sind. Neben Rohrbeck sind das Jens Wawrczeck als Peter Shaw und Andreas Fröhlich als Bob Andrews. Das hat etwas Surreales, denn außerhalb dieses zeitlosen Raums sind die drei um die 50. Trotzdem hängen sie in den Hörspielen bis heute in ihrer Zentrale (Rocky Beach) ab.

Noch eigentümlicher ist jedoch, dass die drei Sprecher natürlich nicht nur die Detektive synchronisiert haben. Rohrbeck war beispielsweise als Julian von den Fünf Freunden zu hören. Er leiht auch Ben Stiller seine Stimme. Jens Wawrczeck wiederum ist auch die Synchronstimme von Patton Oswald, sodass man sich bei der Figur des Spence aus der Sitcom King of Queens immer fragte, ob er heimlich von Peter Shaw besessen sei.

Einen Wechsel gibt es beim Erzähler. Der Schauspieler Axel Milberg folgt auf Thomas Fritsch, Sohn des berühmten Schauspielers Willy Fritsch (Die drei von der Tankstelle) und der Tänzerin Dinah Grace. Sänger und Schauspieler Fritsch, der die Folgen 104–186 eingesprochen hat, will sich mal wieder auf andere Projekte konzentrieren. Klaro. Aber Rohrbeck, Wawrczeck und Fröhlich gehören nach Rocky Beach und werden immer vor allem die ??? bleiben. Benjamin Knödler

R

Recherchen Mit cleveren Recherchemitteln bestach das Trio von Anfang an. Geschenkt, dass ein von Alfred Hitchcock (Archiv) höchstselbst gestellter Chauffeur-Service jede Verfolgung vereinfachte. Eine wichtige Rolle spielten Fahrräder. Später kam der eigene Wagen hinzu. Bequem machen es sich die Detektive sonst aber nicht. Todesmutig muss etwa Peter immer wieder in dunkle Löcher hineingreifen und auf Objekte klettern. Auf der Spur der Täter sind diese weder unter Wasser noch auf Bergeshöhen sicher vor der Kombinierkunst.

Besonders ausgeklügelt ist die Telefonlawine. Als eine Art positives Schneeballsystem setzen die Fragezeichen auf Kooperation: Erstmals im Fall Der Super-Papagei sollen Freunde Freunde anrufen und fragen, ob sie eine Person kennen oder irgendwo etwas bemerkt haben. Das Hilfsmittel wird schließlich durch die E-Mail-Lawine ersetzt – man geht mit der Zeit. Tobias Prüwer

Rocky Beach Der Ort hat ungefähr 5.000 Einwohner und liegt 15 Kilometer von Los Angeles entfernt. Neben der Highschool gibt es eine Bank, ein Kino, Giovanni’s Eisdiele, die Buchhandlung Booksmith, die einmal in Brand gesteckt wurde, den Yachthafen und vieles mehr. In der Folge Falsche Fußballfreunde wird gesagt, dass Rocky Beach trotz des Hafens kein besonders touristischer Ort sei. Der wichtigste Ort ist der Schrottplatz von Onkel Titus, dort dient ein alter Campingwagen den ??? als Zentrale. Das „Gebrauchtwarencenter T. Jonas“ liegt an der Sunrise Road 45. Der Zaun ist künstlerisch gestaltet, ein Gemälde zeigt beispielsweise das Erdbeben von San Francisco von 1945.

Man kann solche Details auf einer Fanpage zu Rocky Beach im Internet nachlesen. Es gibt viele dieser Fanpages. (Recherche). Was ist es, das erwachsene Menschen dazu treibt, eine fiktive kalifornische Kleinstadt genauestens zu rekonstruieren? Folgt man dem Philosophen Ernst Bloch, der die ??? vermutlich nicht kannte, aber ein gewaltiger Märchenfan war, dann ist der Fall klar: „So entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.“ Michael Angele

T

TKKG Wie konnte das passieren? Aber als Kind hatte ich keine ???-Kassetten. Stattdessen nur Folge 5 von TKKG, die ich rauf und runter hörte. Der deutsche ???-Abklatsch TKKG besteht aus Tarzan (später Tim), Karl, Klößchen und Gaby und hilft entsprechend seinem Vorbild der Polizei bei der Aufklärung von Verbrechen und Straftaten. Die Kinder sind aber keine schlauen Nerds, sondern ein Ausbund an Klischees (Mädchen).

Das fiel mir als Kind natürlich nicht auf. In letzter Zeit waren die Klischees aber Thema in Blogs: Tim ist ein Großmaul, das Karate kann. Karl ist irgendwie dabei, Klößchen ist pummelig, hat immer Hunger und wird deswegen gehänselt, Gaby ist zwar hilfsbereit und intelligent, aber als Mädchen bei den gefährlichen Manövern dauernd in Gefahr, weshalb sie oft weggeschickt oder gerettet werden muss. Noch klischeehafter ist nur die Darstellung der Kriminellen: Es sind immer die Südländer, Russen, oder zumindest Außenseiter. Vielleicht hatte ich deshalb nur eine Kassette. Sophie Elmenthaler

V

Visitenkarte „Erster Detektiv: Justus Jonas, Zweiter Detektiv: Peter Shaw, Recherchen und Archiv: Bob Andrews.“ In jeder Folge ist das von jenen Worten begleitete Überreichen der Visitenkarte an die Auftraggeber unerlässlich. Spätestens jetzt wird es ernst: Die Detektive sind am Fall interessiert, die Spannung steigt. Fans der Serie freuen sich über die Nuancierungen dieser obligatorischen Szene. Denn die Darreichung wird immer ein bisschen anders gestaltet. Eine Bekannte will seit Jahren damit bei Wetten dass ... auftreten, die Visitenkartensituationen den jeweiligen Folgen zuzuordnen. Zeit wär’s, damit ein größeres Publikum dem Charme dieser kleinen Geste beiwohnen kann. Tobias Prüwer

Z

Zeichnung Wie heißt die Zeichnerin und Illustratorin der Buchcover der drei ??? …? Auf diese Frage werden nur wenige Kenner Antwort geben können, obwohl die Coverkunst von Aiga Rasch für die Popularität der Bücher von großer Wichtigkeit war – und ihr Wiedererkennungswert enorm. Die 1941 in Stuttgart geborene Künstlerin kam aus einer Künstlerfamilie: Ihre Mutter gehörte zum Kreis um Willi Baumeister und war selbst Malerin und Modegrafikerin.

Seit 1963 arbeitete Aiga Rasch als freie Grafikerin und Künstlerin, um vor allem Jugendbücher zu illustrieren. Die 89 Titelbilder für die ??? sind legendär. 1970 entstand das erste: Der Fluch des Rubins. 2009 verstarb die Künstlerin, die den Verstand besaß, zu erkennen, dass man auf den Titelbildern der ??? vieles zeigen konnte, nur eines nicht: die drei Detektive selbst. Diese sollte sich der Betrachter selbst imaginieren (➝ Justus). Und so sind diese herrlich rätselhaften Bilder vor allem auch: ein Raum für Fantasie. Marc Peschke

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