Eine Insel der Gelassenheit

Pop Zu „Peace Or Love“, dem neuen Album der Kings of Convenience, kann man es sich bequem machen
Ausgabe 24/2021

„Quiet Is The New Loud“. Das Leise, es ist das neue Laute. Das haben uns die Kings of Convenience schon im Jahr 2001 auf ihrem so betitelten Debüt erzählt. Wir haben die Ohren gespitzt, einen Tee aufgebrüht, den flauschigen Strickpulli angezogen und einfach mal zugehört. Das ging dann eine Weile so. Aber nur vier Alben erschienen seither. Das letzte, Declaration Of Dependence, im Jahr 2009. Jetzt kommt nach verschiedenen Soloprojekten das fünfte Werk mit dem wunderbaren Titel Peace Or Love heraus – eine kleine Insel der Gelassenheit im stürmischen Meer der Pop-Moderne.

Liebhaber von Belle and Sebastian, Nick Drake oder Simon & Garfunkel spitzen bei den Kings of Convenience naturgemäß die Ohren. Zu dieser Musik kann man es sich bequem machen und die Zeit glücklich verstreichen lassen. Denn eigentlich passiert nicht allzu viel. Da perlen ein paar elegante Akkorde aus den Tiefen der Konzertgitarre, langsam surrt eine Violine dazu, freundlich hüpft ein Latin-Rhythmus. Mal schneller, dann wieder ganz, ganz langsam.

Das Aufregendste an den elf neuen Songs ist weiterhin der Gesang, denn Erlend Øye (der inzwischen auf Sizilien lebt) und Eirik Glambek Bøe, die beiden 1975 geborenen Norweger, die sich seit dem elften Lebensjahr kennen, sind vielleicht das wundervollste Männergesangsduo dieses Planeten.

Riot On An Empty Street, ihr 2004 erschienener Album-Klassiker, gilt als Inbegriff des Rückzugs. Das Cover zeigt die beiden jungen Musiker und eine Frau (die spätere Ehefrau von Bøe) in einem Wohnzimmer – es wird auf einem Flokati-Teppich Schach gespielt. Und nicht aus Zufall taucht ein Schachspiel auch im Video zum neuen Song Rocky Trail auf – und ziert auch das Cover des neuen Albums.

„Natürlich wirkt es wie ein Comeback, aber so fühlt es sich gar nicht an“, sagen Øye und Bøe und erklären, dass es unheimlich schwer sei, etwas simpel klingen zu lassen. Doch Stücke wie Rumours, Rocky Trail oder Comb My Hair sind ein Beweis dafür, dass es ihnen mal wieder gelungen ist. Die Songs klingen so gar nicht wie eine „Sammlung der Schwierigkeiten, die wir in den vergangenen acht Jahren bewältigen mussten“.

Gitarren flüstern zärtlich

Stattdessen zeigen uns die Kings of Convenience noch einmal, wie feinsinnig zwei männliche Stimmen tönen können. Liebeslieder, gemacht aus zweistimmigem Gesang und akustischen Gitarren, die man unbedingt über Kopfhörer hören sollte. Denn wunderbar nutzt dieses Album den Panoramaeffekt des rechten und linken Lautsprechers: Hier flüstern die Gitarren auf das Zärtlichste miteinander. Weiter prägend für das Duo ist auch die Liebe zu lateinamerikanischer Musik, vor allem zum brasilianischen Bossa Nova. Stücke wie Angel sind ohne den Einfluss von Gilberto Gil, João Gilberto oder Antônio Carlos Jobim kaum vorstellbar.

Bei Love Is A Lonely Thing und Catholic Country treffen die Stimmen der Kings auf jene von Feist. Erst das sechste Stück des Albums, Fever, wird von einem Schlagzeug-Beat getragen. Kein einziger der Songs, außer Rocky Trail, zieht im Tempo an. Alles fließt bedächtig – und perlt bei Washing Machine mit Streichern und Gitarren langsam aus. Diese Musik der Kings of Convenience könnte Dekaden alt sein. Leise, harmoniesüchtige, sonnige, friedliche Musik, die gerade heute besonders nötig scheint.

Info

Peace Or Love Kings of Convenience EMI / Universal Music 2021

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