Als das Wort >Blog 1999 zum ersten Mal die noch exklusive Luft der Computer-Freaks durchströmte, ahnte keiner, welche Karriere Blogs vor sich hatten. Mittlerweile, 2009, finden sich unzählige im Internet. Von politischen Themen und Autoren, über Teenager-Geschichten von Herzschmerz und Akne bis hin zu detaillierten Darstellungen von Tagesabläufen amerikanischer Goldhamster. Alles können interessierte Internetnutzer täglich, stündlich, minütlich verfolgen. Der Anspruch der Blogger: möglichst aktuell, möglichst schnell im Netz sein. Inzwischen werden im Micro-Bloggingdienst Twitter Erlebnisse und Befindlichkeiten in nur noch 160 Zeichen zusammengefasst und sofort über Computer, Spielkonsole oder Mobiltelefon in den Äther des weltweiten Netzes geschossen werden. Wenn es in Wanne-Eickel zu schneien beginnt, kann dies bei Twitter in Echtzeit miterlebt werden, weil es ganz sicher jemanden gibt, der dieses Ereignis synchron über Twitter der Welt mitteilt.
In der Twitter-Welt, in der die Auskünfte auf die Internet-Nutzer herabprasseln und der Leser jonglieren und abwägen muss, wie er mit den Informationen umgehen möchte, sprießt aus einer vergessenen Ecke der Versuch, der Geschwindigkeit etwas entgegenzusetzen. „Slow Blogging“ ist der Versuch einiger Blogger, der gehetzten Auskunftssammelei im Internet ein Schnippchen zu schlagen. Das Manifest ist kein Regelwerk sondern appelliert daran, die Geschwindigkeit nicht das Maß aller Dinge werden zu lassen. Das „Slow Blogging Manifesto“ von Todd Sieling ist eine leise Kampfansage an das Joch der Hektik und Schnelllebigkeit im Internet. Auch ein Ausspucken vor dem Wetteifer unter Bloggern was Leseranzahl und Platzierung bei Google angeht.
Denn im Sinne des Manifests sind gerade diejenigen Themen und Augenblicke lesenswert, die „von Bestand“ sind. So erscheint Slow Blogging als nur logische Konsequenz der allgegenwärtigen „Höher, Weiter, Schneller - Haltung“. Anstatt einfach nur zu berichten, wollen die Texte der Slow Blogger sich thematisch um den Kreis des schnellen Wahnsinns herumlegen, den Wert der zauberhaften Momente im Leben sanft in ihren Mittelpunkt betten und in die Netzkultur integrieren. Themen aus der Natur, Beobachtungen, Wünsche und Träume sind häufig. Und so beschäftigt sich Todd Sieling, Autor des Slow Blogging Manifests, etwa mit dem fotografischen Festhalten von Schuhen, die in Strom-, Telefon- und anderen Leitungen hängen. (Seine Aufnahmen können bei Flickr angesehen werden.
Auch die Blogroll mit Hinweisen auf neue Slow Blogs im Netz wächst, selbst eine Übersetzung des Manifests in andere Sprachen ist geplant. Ein bisschen, sagen die Macher ganz konsequent, wird das aber noch dauern.
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