"Ich bin kein Experte. Ich liebe ihn nur"

Im Gespräch Peter Sodann liest heute gerne die Erzgebirgsromane. Als Sachse hat er einen besonderen Bezug zum Autor

Als 2006 der Förderverein des Karl-May-Hauses „Silberbüchse“ gegründet worden ist, wurde Peter Sodann sein erster Vorsitzender. Nun gibt er seinen Vorsitz zwar ab, aber Karl May bleibt er treu. Dafür liebt er ihn einfach zu sehr.

Der Freitag: Sie sind gerade in ihrer eigenen Bi­bliothek, der Peter-Sodann-Bibliothek in Staucha. Dort retten sie Bücher aus der DDR vor dem Verfall. Hat die eigentlich eine Verbindung zu Karl May?

Peter Sodann: Insofern, dass die Karl-May-Bücher, die in der ehemaligen DDR verkauft wurden, unter oder über dem Ladentisch, natürlich drinstehen. Außerdem hat Karl May ja verschiedene Mottos gehabt in seinem Leben. Das eine gefällt mir ganz besonders. Kurz ausgedrückt heißt es: „Man muss den Frieden der Erde aus dem Herzen reißen.“

War Karl May denn in der DDR beliebt?

Er war zwar anfangs – wegen seines christlichen Pazifismus – in der DDR nicht gerade beliebt. Dann kam eine Phase, wo man sagte, jetzt drucken wir ihn mal wieder, und dann kam eine Phase, wo er wieder weggedrängt wurde. Als der Karl-May-Verlag nach der Wende nach Bamberg verkauft wurde, haben sich aber alle empört.

Sie haben schon früh Bekanntschaft mit ihm gemacht?

Schon bevor ich 1942 in die Schule kam. Mein Vater hatte mir Lesen beigebracht. Später gab es Leute, die sammelten alle wie die Verrückten Karl May. Zu denen gehörte ich auch, ich habe sogar Bücher neu binden lassen. Das war schon eine begehrte Ware.

Sie werden mit den Worten zitiert „Es ist wichtig, dass sich die Jugend wieder mehr mit den Werken Karl Mays beschäftigt, denn sie lehren, wie man ein guter Mensch werden könnte.“ Wie meinen Sie das?

Ich behaupte, durch Karl May ein guter Mensch geworden zu sein. Neben ein paar anderen Schriftstellern.

Er sollte also begehrte Ware bleiben?

Soviel ich weiß, gehört Karl May immer noch zu den meistgelesenen Autoren auf der Welt. Ich bin aber kein Karl-May-Experte. Ich liebe ihn nur. Ich wette, dass dieser Karl May ein außergewöhnlicher Mensch war. Wenn ich etwa seine Wüstenromane lese, dann erkenne ich das. Was er studiert hat, ist unglaublich. Ich fand immer: Karl May ist mehr als Unterhaltungsliteratur.

Aber unter Linken hatte er nie einen guten Ruf.

Natürlich ist sein Gesäusel über den christlichen Glauben manchmal zu toll. Manchmal ist er nicht fair zu Türken und Arabern. Aber: Er ist ein so fantasievoller Mensch, und man merkt, dass er nicht von-oben-herab ist.

Was lesen Sie denn heute noch gerne von ihm?

Am liebsten die Erzgebirgsromane – Professor Vitzliputzli zum Beispiel. Dabei hatte ich mich früher immer mehr auf die Romane auf der anderen Seite versteift: Der Fremde aus Indien, Zobeljäger und Kosak.

Hat man als Sachse denn einen besonderen Bezug zu Karl May?

Ja. Es gibt sehr viele sächsische Figuren in seinen Büchern, zumindest in der Winnetou-Serie. In Der blaurote Methusalem zum Beispiel gibt es einen Sachsen. Manchmal merkt man auch, dass sächsische Wendungen vorkommen. Die kann man sonst, wenn man kein Sachse ist, eigentlich gar nicht verstehen.

Hätte Sie es denn nicht gereizt, mal in einem Karl-May-Film zu spielen?

Nein. Dafür habe ich inzwischen das Alter überschritten. Und leider habe ich einen pazifistischen Tick. Zu reiten und zu schießen – dazu habe nie viel Lust gehabt.



Peter Sodann
wurde 1936 in Meißen geboren. Vielen bekannt wurde er als Tatort-Kommissar Bruno Ehrlicher. 2009 kandidierte er für Die Linke bei der Wahl zum Bundespräsidenten. Auf der Leipziger Buchmesse liest Sodann aus Karl Mays Werken vor, er ist außerdem Schirmherr der Karl-May-Festtage in Radebeul bei Dresden (Foto: Presse)



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Das Gespräch führte Matthias Köberlein

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