Friedensposaunen zum Abschluss des G20-Gipfels der Finanzminister in Moskau: Der Währungskrieg, über den im Vorfeld viel spekuliert wurde, ist vorerst vertagt worden. Wie es zu einem solchen Friedensritual gehört, singen alle das hohe Lied der freien und flexiblen Wechselkurse. Nur an den Finanzmärkten könnten sich die „richtigen“ Kursrelationen ergeben. Politisch motivierter Einfluss durch Zentralbanken sei von Übel. Im Klartext: Das Schicksal der monetären Weltökonomie ist nach Ansicht der 20 größten Wirtschaftsmächte der Welt in den Händen privater Devisenhändler am besten aufgehoben. Zugleich schwören sich alle auf den Schuldenabbau ein. Die sogenannten Toronto-Ziele verpflichten dazu, Haushaltsdefizite bis 2013 zu halbieren. Schadet ja nichts, da ohnehin jeder weiß, dass kein Staat dieses Ziel erreichen wird, auch wenn alle einer drastischen Spardoktrin folgen. Nur müssen eben Japan, die USA und Großbritannien ihren Kurs des billigen Geldes unbedingt halten. Die Währung dadurch abzuwerten, ist der offiziell unerwünschte, inoffiziell aber hoch willkommene Nebeneffekt.
Ins ewige Laufrad geraten
Dennoch kann von einem Abwertungswettlauf – dem klassischen Szenario eines Währungskrieges – keine Rede sein. Der Wert von Dollar, Pfund und Yen ist zwar gegen den Euro und die Währungen der Schwellenländer gesunken – die Verluste indes waren nicht dramatisch. Die USA, Großbritannien und Japan stehen heute in etwa so da wie vor einem Jahr und wissen, dass die Europäische Zentralbank den Euro energisch verteidigt. Eine Wechselkurskorrektur nach unten, wie sie die Franzosen, Spanier und andere Südeuropäer gern hätten, wird es gegen den vehementen Widerstand der deutschen Regierung nicht geben. „Sparen“, und zwar mittels „Reformen“, lautet die Devise. Dabei würde jede noch so kleine Euro-Abwertung Druck vom Kessel nehmen, in dem die Südländer schmoren. Sie sollen weiter schmoren, bis sie durch die „innere Abwertung“ – Lohnsenkungen, Rentenverzicht und Sozialabbau – auf dem Weltmarkt wieder wettbewerbsfähig sind. Im Moment sitzen Angela Merkel und Wolfgang Schäuble auf dem Deckel dieses Kessels, und die Marktfundamentalisten jubeln ihnen zu.
Das aber ändert nichts daran, dass Pfund, Yen und Dollar weiter abgewertet werden, weil in den betreffenden Staaten immer mehr Geld in Umlauf gebracht wird. Zu Recht haben die aufstrebenden Wirtschaftsmächte Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika ihren Unmut darüber geäußert. Angst um ihre Konkurrenzfähigkeit treibt sie an. Aber wirksamen Widerstand können sie kaum leisten. Zumal Barack Obama im Verbund mit der EU eine transatlantische Freihandelszone ins Werk setzen will. Sollte das gelingen, wäre ein solcher Wirtschafts- zugleich der größte Währungsraum, in dem Dollar und Euro herrschen. Beide Währungen dominieren ohnehin die Devisentransaktionen weltweit. Die Rivalen Nordamerikas und der EU werden das Nachsehen haben.
So schwelt eine latente Währungskrise, wie sie nun einmal zu einer Weltrezession gehört, fröhlich weiter. Und kein Strukturproblem der monetären Weltordnung ist bisher von der Politik wirklich gelöst worden. Nach dieser Krise, die bisherige Balancen zwischen Ländern und Regionen erheblich verschiebt, wird sich eine Weltwährung Dollar – allein gestützt auf den Staatskredit der USA – nicht mehr halten können. Als sei die Krise ins ewige Laufrad geraten.
Michael Krätke ist Wirtschaftsprofessor an der Universität Lancaster
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Dieser Artikel erschien in Ausgabe 8/13 vom 21.02.20013
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