Sie scheinen wie aus einer anderen Welt, die Bilder vom Berliner Landwehrkanal: 3.000 fröhlich tanzende Menschen an den Ufern und auf rund 400 Booten, dazu laut wummernde Technomusik, ein fröhlich-friedlicher Exzess, Körper an Körper ohne Sicherheitsmasken. Eine Wasser-Love-Parade in Corona-Zeiten? Mit der eigentlich für 100 Teilnehmer angemeldeten Party-Demo wollte das Kollektiv „Rebellion der Träumer“ gegen das Clubsterben demonstrieren. Am Ende musste der Rave von den überforderten Veranstaltern und der Polizei beendet werden. Da keine Anzeigen erstattet wurden, sind Gäste und Veranstalter mit einem blauen Auge davongekommen.
Doch was bleibt, ist, bei allem Verständnis für die lange angestaute Partylust, Kopfschütteln. Die Clubszene, die sich in der mittlerweile europaweiten Spendenkampagne United We Stream zusammengeschlossen hat, hat sich vehement von der Party-Demo distanziert. Dass die Veranstaltung auch noch ausgerechnet vor den Türen des Kreuzberger Klinikums Am Urban ihren Endpunkt erreichte, wirkte zudem noch wie bloßer Zynismus.
So bitter das für die existenzbedrohte Clubszene ist und so sehr das dem geneigten Raver die Sehnsuchtstränen in die Augen treibt: Die Zeiten gebieten, die Füße still zu halten. Die Intimität und der Exzess des Nachtlebens sind im Moment ein rotes Tuch. Während Kinos, Theater, Konzert- und Ausstellungshäuser unter strengen Auflagen in diesen Tagen zumindest teilweise wieder öffnen können – die prekäre Situation der ohnehin wirtschaftlich eng gestrickten Kultureinrichtungen mal außen vor gelassen –, ist für die Clubkultur noch kein Land in Sicht. „Wir sind neben den Bordellen die Letzten, die wieder aufmachen dürfen“, fasst es Matthias Morgenstern, Inhaber des Frankfurter Technoclubs Tanzhaus West, nüchtern zusammen. Da es völlig ungewiss ist, wann wieder „klassisch“ gefeiert werden darf, bleiben den Tanzwütigen zurzeit nur Ersatzbefriedigungen wie die Live-Streams der United-We-Stream-Kampagne oder die etlichen Filme und Serien, in denen die Nacht zum Tag wird – die zugleich ein beredtes Zeugnis davon ablegen, wie Techno- und Clubkultur inzwischen als narrativer Gemeinplatz eingesetzt werden. Authentische Darstellungen sind nach wie vor eher rar – aber es lohnt sich, an sie zu erinnern.
Hedonisten in trouble
Bei Netflix etwa ist mit White Lines vom Haus-des-Geldes-Macher Álex Pina vor Kurzem eine Serie gestartet, die in Teilen in der Elektroszene spielt. Auf zwei Zeitebenen geht es einerseits um den DJ Axel (Tom Rhys Harries), der Ende der 1990er Jahre von Manchester aus mit seiner Musik auf Ibiza durchstarten will, und andererseits um seine Schwester Zoe (Laura Haddock), die zwanzig Jahre später auf die legendäre Hedonisteninsel kommt, nachdem die mumifizierte Leiche ihres getöteten Bruders aus dem Sand der Wüste von Almería gezogen wird. Was ist geschehen?
In White Lines wird aus der Beantwortung dieser Frage eine überdrehte Geschichte aus Drogengeschäften, Crime-Drama und Familiensaga mit Telenovela-Anleihen gesponnen. Die Farben sind knallig, Koks und andere Drogen gibt es in rauen Mengen, die Alt-Raver sind vom Leben gezeichnet. Und die jungen Raver träumen von verrauschten Dauerpartys. „Hatten Sie jemals Spaß? Ich meine, so eine richtig gute Zeit?“, fragt Axel den Richter von der Anklagebank aus.
Álex Pinas Exzess in Seriengestalt betont, was ohnehin evident ist: Clubs und EDM (Electronic Dance Music) sind völlig im Mainstream angekommen. Mal bezogen auf Technoland Deutschland: Was nach dem Mauerfall von Frankfurt nach Berlin rüberschwappte, zum Soundtrack und Lebensgefühl einer Subkultur avancierte, die mit scheppernden Soundsystemen und Plattenspielern leer stehende (Industrie-)Gebäude in improvisierte Clubs verwandelte, und was dann beinahe umgehend durchkommerzialisiert wurde, gehört heute zur sogenannten Mitte der Gesellschaft. Keine Spur mehr von Underground und Subkultur, wie auch genannte Kampagne zeigt. Die Szene ist ein großer wirtschaftlicher Faktor und bietet zugleich den Nährboden für Geschichten.
Letzteres verwundert nicht, hat sie doch bis heute etwas Faszinierendes und Geheimnisvolles: mit der treibenden, auf den Körper zielenden Musik mit den gleichbleibenden Beats und – eine aktuelle Entwicklung – Breakbeats; mit dem Soundfetischismus auf der einen Seite, der sich in hochtechnisierten Soundanlagen à la Function One entlädt, und dem (gerne auch drogeninduzierten) Exzess auf der anderen, der von Pre-Party über Partynacht hin zur Afterhour und zur After-Afterhour reichen kann. Befeuert wird die Faszination noch vom Leben im Moment in den geschützten Szenelokalitäten: „No Photos! What happens in the Club, stays in the Club!“
Bei diesen Vorzeichen liegt die gerne betriebene Mythenbildung auch in filmischer Hinsicht freilich auf der Hand. In deutschen Produktionen wird überdies oft auch der Mythos um Berlin als Club-Mekka der Bundesrepublik weiter genährt. Etwa in dem Dokumentarfilm Berlin Bouncer (2019), in dem David Dietl die drei stadtbekannten Türsteher Frank Küster, Smiley Baldwin und Sven Marquardt, den prominentesten in der Runde, porträtiert. Letzterer hütet das Berghain, die „härteste Tür Europas“ und damit den seit Jahren mühe- und liebevoll kultivierten Kern aller Techno-Mythen. Auch Berlin Bouncer zeigt keine Bilder aus dem Berghain, überhaupt spielen die Partys und die Musik kaum eine Rolle. Es geht um die drei Männer vor der Tür, die „Exzessbetreuer“, deren eigene Sozialisation ganz unmittelbar verbunden ist mit der Geschichte der Stadt.
Wirklich eingetaucht in die Clubkultur mit ihren Protagonisten hinter den Decks ist Dokumentarfilmer Romuald Karmakar. Der in Wiesbaden geborene Regisseur ist seit Jahren als Feldforscher in der Techno- und Elektroszene unterwegs, etwa im Rahmen seiner Club Land Trilogie: In 196 BPM (2003) beobachtete er die Berliner Love Parade 2002 in drei Plansequenzen, in Between the Devil and the Wide Blue Sea (2005) diverse Auftritte von Bands aus der internationalen Elektroszene und in Villalobos von 2009 porträtierte er den heute weltbekannten DJ Ricardo Villalobos.
Ohrenzeugen
Letzterer gehört auch zu den Protagonisten von Karmakars bisher letztem Dokumentarfilm Denk ich an Deutschland in der Nacht (2017). Darin spinnt der Regisseur aus den Geschichten der DJs Ata, Roman Flügel, Sonja Moonear, David Moufang (Move D) und eben von Villalobos einen mehrstimmigen Bewusstseinsstrom aus Musik und Erzählungen. Während der Clubszenen mit den schwitzenden Ravern, den Strobolichtern und Visuals dringt Karmakar in einen Kern der Technomusik vor, wenn er uns bei der Produktion eines Live-Sets mithören lässt: Wie schon in Villalobos wird gelegentlich der Kopfhörersound der DJs ausgegeben, wodurch man Ohrenzeuge des sogenannten Beatmatchings wird, also des rhythmischen Zusammenkittens zweier Songs.
Music Is The Key lautete das Motto der Love Parade von 1999. Es sollte auch für die Repräsentation der Clubszene in Spielfilmen dienen, denn: Eine glaubwürdige Darstellung gelingt oft dann, wenn sich mit der Musik auseinandergesetzt wurde und sie Teil der Inszenierung wird.
Nehmen wir etwa die Eröffnungssequenz von Sebastian Schippers One-Take-Rausch Victoria: Da schleicht die Kamera langsam durch einen Club, im Halbdunkel zuckende Leiber, rhythmisiert durch Stroboskopgewitter und DJ Kozes düster treibendes Burn With Me. Obwohl Club und Exzess nur eine Hintergrundrolle spielen im von einer Liebesgeschichte und einem Bankraub angetriebenen Plot von Victoria, fängt diese Szene das Gefühl von Clubkultur derart auf den Punkt ein, wie man es selten auf der Leinwand zu sehen bekommt. DJ Kozes Beats stehen über den zunächst unscharfen Bildern und lassen uns so zuerst akustisch in den Club eintauchen und schließlich, als die Kamera die Titelheldin endlich gefunden hat, für einen Moment mit ihr erleben, was Techno ist: ein intimes Erlebnis im Kollektiv.
Musik ist der Schlüssel, auch in Hannes Stöhrs „Evergreen“ aus dem Jahr 2008, der im filmischen Techno-Gedächtnis nicht fehlen darf: Berlin Calling. Der Film erzählt die Geschichte eines DJs auf seinem holprigen, zwischen Drogen- und Beziehungseskapaden lavierenden Weg zum neuen Album. Für sein sozialrealistisches, angenehm unpädagogisches Psychogramm holte sich Stöhr mit Paul Kalkbrenner einen der prominentesten deutschen Vertreter der Elektroszene als Hauptdarsteller an Bord. Kalkbrenner steuerte auch noch den Soundtrack bei, der, gleich einem DJ-Set, die Dramaturgie als akustischer Resonanzraum unterfüttert.
Wenige Filme und Serien haben es bisher geschafft, das Milieu derart glaubwürdig einzufangen, wie Berlin Calling. Oft ist es nur hedonistische Staffage für reißerische Plots, wie in White Lines oder auch in der deutschen Serie Beat von Marco Kreuzpaintner. Dort entwickelt sich die Geschichte um einen dauerkoksenden Club-Promoter zu einer unterhaltsamen, allerdings auch abstruse Haken schlagenden Thrillerserie um Geheimdienstagenten, Organhändler, Flüchtlinge und wodkasaufende Russen. Und die Clubszenen wirken, trotz des Soundtracks mit Tracks namenhafter DJs wie Marcel Dettmann, Moderat oder Agoria, allenfalls wie Karneval. Es ist wie so oft bei der Darstellung von Milieus: Mit filmischer Überspitzung wird die Nische in einen größeren popkulturellen Diskurs und ergo in den Mainstream überführt. Das Ergebnis lässt Szenekenner dann meist die Augen rollen.
Umso mehr weiß man es dann zu schätzen, wenn jemand doch mal nahe dran ist. Oder, im Falle von Henning Gronkowskis Generation-Z-Porträt Yung, sehr nahe. Zwei Jahre war der Regisseur für sein im letzten Jahr erschienenes, radikales Spielfilmdebüt in den Berliner Technoclubs unterwegs, bis er schließlich seine Darstellerinnen Janaina Liesenfeld, Emily Lau, Joy Grant und Abbie Dutton gefunden hat. Die Frauen spielen sich mehr oder weniger selbst in Situationen, die sie selbst so oder so ähnlich erlebt haben. Der plotbefreite Film folgt wenigen dramaturgischen Linien und zeigt das immer gleiche Treiben: Partys, Drogen, Sex und Musik – der Exzess in konzentrischen Bewegungen. Den Soundtrack zum Film steuerte Techno-Urgestein Helmut Josef Geier alias DJ Hell bei. Music Is The Key. Ein wacher und aufgeschlossener Blick für Milieus ebenso.
Kommentare 16
Nachdem die Ode an die Animation verwaist, also ein Feedback dazu.
Nichts gegen Limericks. Das sind oft sehr gut gemachte Sprachgebilde. Aber doch gegen Brabbelstakkato, das rhythmisch und melodisch querfeldein, wie rubensche Dame ohne Rücksicht auf Form ins Korsett, in stupides Grid gezwängt ist. (Ein Zeitraster wird seither als Rhythmus empfunden.)
Auch verständlich, daß vier musikalisch vollends unbeschlagene Knaben im New York Ende siebziger Jahre, in all der kreativen Explosion, ‚auch irgendetwas machen‘ wollten und Sequenzen aus Led Zeppeling Stücken loopten, um dann vor ihren Ghettoblastern darüber zu radebrechen.
Geschenkt auch, daß Labelmanager im Allmachtsrausch des Marketings, Alles puschen zu können, beschlossen, tatsächlich solch Kakophonie auf Tonträger pressen und von Radiostationen ausstrahlen zu lassen, von wo aus sich doch Publikum im Zeichen der Zeit ewig neuen Trends dazu hinreißen ließ, Tongebilde zu umarmen, gegen das Kinderlied Symphonie ist.
In der Folge, was sich Jahrzehnte später in der Belletristik wiederholte: Die Das-kann-ich-auch-Epoche des Dilettantismus mit Abnehmern, die bald nichts Anderes mehr kannten. Seither ließen sich tausende von Stücken übereinanderlegen, um dennoch synchron zu sein, weil es schlicht dasselbe rudimentäre Wiegenlied ist.
Und als Monotonie schon mal en vogue war, folgte Techno auf den Fuß. Mit dem Aufkommen von PCs und Sequenzern Kick- und Bassnoten einer Vielfalt des Dieselnagelns einfügen und dann mit dem Finger auf dem Midi-Keyboard sphärischen Teppich einfügen, und schon war man so Künstler, wie musikalisch Frigide Tänzer dazu.
||Die Zeiten gebieten, die Füße still zu halten.||
Also nicht mehr von einem auf das andere Bein zu treten und dabei die Schultern hin und her zu bewegen und / oder die Arme zu schwenken. Wichtig beim zuckenden Herumstehen, wenn nötig mithilfs MDMA oder anderen Amphetaminen, immer ein Lächeln aufzusetzen, als ob vergnügend. Damit daran kein Zweifel aufkommt.
||„Hatten Sie jemals Spaß? Ich meine, so eine richtig gute Zeit?“, fragt Axel den Richter von der Anklagebank aus.||
Wer Spaß, den man nicht simulieren muß, noch nicht erfahren hat, ist nur eventuell der Richter, mit Sicherheit aber Axel.
Das arme Schwein kennt die großen schwarzen Venylscheiben nicht, die Leute in Schuppen auflegten, von denen die Bezeichnung Diskjockey alias „DeeJaaay“ abgeleitet ist, unter dem heute Solche firmieren, die ihre Klempnerlehre hätten abschließen können.
Scheiben auf denen Stücke wohnten, die Intro, Verse, Chorus, Outro und solche Dinge aufweisen, und sogar tonale Systematik und Progression. Lala, deren Verlauf unwillkürlich Hämmern und Wippen läßt, bis sie einen förmlich vom Stuhl reißt, um von der ästhetischen Bündigkeit und ihrem Wandel umhergewirbelt zu werden, und dabei kaum eine Bewegung wiederholt, da aufbäumender Bombast sie bestimmt.
Tanzen, das schweißnaß, ausgepowert und doch tatsächlich beglückt von einer Tanzfläche zurückkehren läßt. Vor allem aber in einer Atmosphäre unter den Feiernden … nicht aufgesetztes Grinsen … Lachen, herzhaftes Lachen, Umarmen, Knuddeln, Knutschen … Heimkehren, und wirklich etwas erlebt haben.
Endorphine aus lebendiger Musik.
Die letzten Generationen, die weder Groove noch Partyatmosphäre mehr kennen, in musikalischer Empfindung abgetötet sind, und mimen müssen, sich zu amüsieren, tun mir vom Herzen aufrichtig leid.
Das modische Nachtleben der letzten Jahrzehnte ist derart trübe, notdürftig animierte Versammlung unter klinisch totem Maschinenkrach und in Horden, die keine Verbindung, keine Vibe untereinander haben, daß längst gewöhnlich gewordene Prügelleien (eher in und vor Diskotheken als in Clubs, ohne, daß in Letzteren mehr Befriedigung als in Ersteren aufkäme) als Indikatoren der Frustration überflüssig sind.
So langweilig wie Monotonie nur sein kann, ist unbeseelter Karst am ehesten auszuhalten, wenn man Psychotropes eingeworfen oder geschlürft hat; und bleibt auch dann Aushalten.
Spaß aber erleben die Menschen in den Veranstaltungen von Kakophonie seit rund vierzig Jahren kaum noch. Die Events finden eher notgedrungen statt, weil es sonst wenig regelmäßige und verläßliche Gelegenheit gibt, sich unter größere Ansammlungen seiner Altersklasse zu begeben.
Es ist wohl erstes Mal seit langem, oder durchaus auch einmalig, daß ältere Generation auf jüngere blickt, die sich nicht zu amüsieren weiß, statt traditionell eher umgekehrt.
Das Primitive siegt auf ganzer Flur.
In diesem Zusammenhang trivialen Danks übergeschnappter Musikmanager, die ihre Omnipotenz am Markt zu demonstrieren gedachten.
Dilettantische Impulse und kulturelle Knicks kommen eben nie aus einem Sujet selbst.
Es ist wohl erstes Mal seit langem, oder durchaus auch einmalig, daß ältere Generation auf jüngere blickt, die sich nicht zu amüsieren weiß, statt traditionell eher umgekehrt.
Mein Gefühl sagt mir das selbe. Aber vielleicht ist es trotzdem nur die übliche Altersreaktion auf die Welt der Jüngeren.
Lang lang ist es her, was waren das noch für Zeiten, wo tagelang durchgetanzt wurde, zum psychodelischen Elektro, man körperlich noch fit wie ein Turnschuh war :-)
Alte Knacker früherer Zeit bedauerten doch keine Langweilerjugend, sondern betrachteten Rock´n´Roller umgekehrt als ausgeflippte Wilde und als „anarchisch“ (gemeint war anomisch).
Die sagten alles Andere als: „Lernt Feiern und es Euch zusammen gutgehen.“
Verdacht bloßer Unverständigkeit erübrigt sich auch eher, wo unzweideutig eintöniges Rattern Sinneslust stiften soll. In der Verlegenheit bleibt nur autistisches Zudröhnen mit Pillen und Pulvern.
Danke für diesen beitrag das spricht mir aus der Seele. Mit 27 gehöre ich wohl auch zu der Generation die nicht mehr weiß wie man feiert. Aber mir ist diese elektronische Musik genauso fern wie dieser eintönige immer gleiche deutsche Pop und noch schlimmer deutscher Schlager. Schade dass die meisten meiner Generation mit den Kinks, Buddy Holly, herman's Hermits, Chuck Berry etc. nichts mehr anfangen können. Lieber hocke ich mit dieser Musik daheim (mische manchmal noch Die Ärzte, Metal wie Iron maiden, Manowar oder Nightwish darunter) als zu diesem schwachsinnigen "Utz Utz" zu "feiern".
Mir tut es für die Clubbesitzer sehr leid genau wie für alle anderen Kulturschaffenden die finanziell existenzgefährdet sind aber diese Clubs vermisse ich kein bisschen.
Immer wieder mal zur einmaligen Epoche populärer Lala oder meiner Geschichte befragt, und davon erzählend, befiel Jüngere Melancholie darüber, diese Zeit nicht erlebt zu haben. Und mich ebenso.
Es ist wirklich traurig, daß so Etwas nur eineinhalb oder zwei Generationen erleben durften.
Wenn am Wochenende ein Hupen erklang und mindestens ein Kleinbus vor der Tür wartete, um einen abzuholen ... Diese verbrüdernde Atmosphäre und der Ausbruch aus der Konvention, schon auf dem Weg dahin, wo Festivals, große Parties oder auch nur Diskotheken mit vitalem Musikprogramm aufwarteten. Rhythmus und Harmonie, die sich unter Besuchern als verschworener Familie fortsetzte.
Publikum, das Flaschen und Tüten kreisen ließ, wo es Fremde nicht zu geben schien. In einer Zeit, in der allenfalls Tripper drohte, und die schönsten Mädchen keinen Gral aus ihrer betörenden Aura machten, Jeder einen zugestandenen Wert hatte.
Irgendwo wild Zelte aufgeschlagen, Lagerfeuer knisternd, das nie hätte ausgehen sollen. Autotüren mußten aufbleiben, damit der Rock raus konnte, wenn Klampfen & Gesang an Percussion auf Brennholz und Dosen nicht tönten. Improvisation, die sich zuweilen durchaus in ein Programm von Canned Heat oder Jethro Tull gefügt hätte.
WGs auf dem Lande, in deren geräumiger Rustikalität Dutzende und Hunderte aufschlugen, um zu teilen, was es zu teilen gab. Hunde und Katzen im Urvertrauen ausgestreckt unterm Heer klackernder Clogs und tapsender Sandalen. … Dein Auto kaputt? Immer mindestens ein Mechaniker zugegen. Irgendwie trotz Wochenende nötiges Teil organisiert, ein Rutsch unter die Karre, und voilà, gute Fahrt! (Damals übrigens auf perfekt geteerten Landstraßen, meilenweit kaum ein Anderer unterwegs.)
Fremde auf der Autobahn liegen geblieben? Kanister raus. Geld? Laß stecken!
Und immer der Groove. Ob auf schäbiger Matratze, auf der Wiese oder eben bei vorbeihuschender Landschaft unter Brüdern und Schwestern.
Man hatte fast Nichts, aber sich.
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Im ersten Teil von Richard Zietz Blog zu Musik finden Sie in Artikel und Kommentaren einige Namen von Interpreten und Bands als Fundgrube für beseelende Klangwelt (als solche, die Ihnen evtl. noch nicht vertraut sein sollten).
Unter dem Staub des Plastiks gibt es ein großes Feld Trüffel zu entdecken. Sie werden nicht glauben, was so alles an Gigantischem untergegangen ist.
Genug, um Sie bis ans Ende Ihres Lebens zu befeuern. Zumal Manches überhaupt keine Halbwertzeit hat, also immer wieder aufs Neue ergreift.
Also Mechaniker wäre ich schonmal :) in den 2000ern hatte man halt auf dem Land in Bayern nur die Landjugend. Da gings halt hauptsächlich um Moped schrauben und Traktor fahren und natürlich sich besaufen um des Saufens willen. Marihuana ging in Niederbayern gar nicht obwohl ich das dem Saufen vorziehe. Jetzt, da ich in eine Großstadt (Regensburg) gezogen bin ist mir die Nachtkultur völlig fremd. Bei den jungen Frauen brauchst es gar nicht erst zu versuchen wennst wie ich Haare im Stil der 60er trägst. Umgeben von aufgegelten Typen im Armani-Shirt und von stark geschminkten Mädchen die unerreichbar scheinen das ist leider meine Generation. Die Musik ist mir völlig fremd, viel zu laut und dieses überteuerte Cocktail-Zeugs was die da haben da wird einem doch schlecht nach ein, zwei Gläsern. Man kann ja mal ein, zwei Bier trinken aber Gras ist besser aber versuchen Sie das mal einem Bayer klar zu machen da gibts dann "a Fotzn" :)
Muss aber dazu sagen dass ich an Autismus leide und mir zuviel Krach und Leute so nah beieinander unangenehm sind. Liegt wohl auch an mir aber die heutige Feierkultur ist mir völlig fremd. Was das angeht kann man wirklich sagen "früher wars besser". Liegt natürlich auch an meinen Musikgeschmack mit Rock, Hard Rock und Metal wäre man in Skandinavien wohl besser aufgehoben auch wenn es in den Großstädten wo ich wohnte und wohne (bin in Erfurt geboren und Ende der 90er nach Bayern. Fahre so oft es geht mit dem Zug nach Thüringen) natürlich kleine aber feine Szenen gibt.
Ein Kumpel frisierte seine Mopeds durch Austausch von Ritzeln und wurde dauernd erwischt. Ein anderer hatte eine 80er Kreidler und ließ mich auch fahren. Kreidler waren mein Traum, aber Mutters nicht. Der große Bruder hätte mir im Vorbeigehen im Kaufhaus fast eine spendiert, zückte schon das Portemonnaie, meinte aber dann doch, er müsse erst Mama fragen.
Also gab´nix, bis ich Mitte Zwanzig den 1er-Lappen nachholte, und direkt auf große Maschinen ging.
Unnahbarkeit war dann in den Achtzigern unter Schüssen auch schon weit verbreitet, aber das Glück blieb mir treu.
Über Gras gab es gestern Interessantes auf BBC. Vorher war ja schon bekannt, daß Superzüchtungen zu meiden sind. Offenbar hat sich nun herausgestellt, daß es wichtig ist, daß CBD in gleichem Verhältnis wie THC (oder darüber) enthalten ist. Beim Gros gehandelter Varianten ist das wohl nicht der Fall (THC überwiegend). Wenn möglich, dann achten Sie darauf.
In manchen –wohl fast immer ländlichen- Regionen ist die Abgeklärtheit und Oberflächlichkeit weniger vorangeschritten. So hat mich eine Gruppe Iren mit ihrer Art & Weise auf Irland neugierig gemacht, wo es anscheinend Gegenden geben muß, in denen Atmosphäre jener der siebziger Jahre ähnelt.
Von Skandinavien habe ich auch eine Menge Gutes gehört. Ein Freund schwärmte immer von Roskilde. Muß ein tolles Festival sein.
Als dort vor Jahrzehnten unterwegs (Dänemark, Schweden, dann Finnland, Rußland) nahmen wir in stockdunkler Nacht inmitten der Taiga zwei bildhübsche Mädel mit bis zum nächsten Dorf. Ein Indikator auch dazu, wie gering die Kriminalität gewesen sein muß. Herrlich.
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Ich erwäge zum Zeitpunkt meiner Rückkunft evtl. in die Priegnitz zu gehen, wegen der weiten Landschaft, aber auch, weil sich bezahlbarer Grund finden ließ/e (obwohl die Immobilienblase inzwischen anscheinend auch dort bläht). Da gilt es wohl allerdings, nicht in rechtslastigem Ambiente zu siedeln.
Jedenfalls zieht es mich in abgeschiedene Ländlichkeit, und wenn nähere Umgebung bodenständig ausfällt: Wäre das perfekt.
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Sind dichte Ansammlungen für Sie auch überfordernd, wenn freundlich und zugewandt / in vertrauenswürdiger Stimmung?
Wir hatten einen Schrottplatz am Dorf der dem Vater eines Kollegen gehörte. Bei uns waren es Herkules-Mofas und mit 17, 18 sofort den Führerschein gemacht, Opel Kadett und Astra F von 1990 und dann ab in die Kiesgrube :) das war zwar kein Feiern im eigentlichen Sinn aber doch sehr unterhaltsam.
Ich selbst war zweimal auf Wacken in Schleswig-Holstein, über 1.000 km im Kadett von Bayern da hoch. Dieses Festival lohnt sich wirklich die Musik mag nicht jedem zusagen aber die Hilfsbereitschaft untereinander und das ungezwungene (zwischen Leuten aus allen Herren Ländern, Wacken ist das größte Metal-Festival-Europas) war das erste und bisher auch letzte Mal wo ich sagen kann das war wirklich schönes, ausgelassenes Feiern. Ich bin durch Rückenprobleme aus meinem Job raus und mach jetzt was zum Mindestlohn deswegen kann ich mir sowas auch ohne Corona momentan nicht erlauben.
In Skandinavien war ich noch nie (leider) aber durch reiche Adoptiveltern konnte ich Killarny in Irland, Antalya in der Türkei, Paris, Wien und Valetta auf Malta in langen Urlauben genießen. Tatsächlich muss ich sagen in Valetta war die Atmosphäre am heimeligsten, wir hatten all inclusive und es war ganz normal das die Anwohner auch am Pool und der Bar des Hotels waren. Und die Abschlussfahrt mit der Klasse nach Budapest war auch sehr schön auch wenn ich da typisch Außenseiter gemobbt wurde und mich dezent im Hintergrund hielt.
Nein überfordert bin ich nur wenn viele oder alle unbekannt sind. Ich bin dann halt im Hintergrund, trinke etwas aber verschwinde dann auch schnell. Durch zwei Pflegefamilien in verschieden Orten in Bayern und einer speziellen Ausbildung für Autisten in einem Berufsbildungswerk sind meine engsten Freunde sehr gestreut in Deutschland anzutreffen (Plauen in Sachsen, Donauwörth im schwäbischen Bayern, Minden in NRW). Hier in Regensburg konnte ich kaum Anschluss finden bis jetzt die Anwohner sind Rentner, Migranten und ein Student die wollen aber lieber unter sich bleiben. Ich hab meine Hilfe angeboten falls sie mal was brauchen aber bis jetzt kam da keiner. Kennt man ja viele treffen sich nur im Treppenhaus...
Eine Möglichkeit, Umfeld in neuer Umgebung zu erschließen, sind wohl Sportclubs. Insbesondere des Fußballs, was aber nie mein Ding war. Meine Domäne war Kampfsport, dann Kampfkunst.
Außerdem suchte ich mir Cafés aus, in denen ich mich herumtrieb und mit Menschen bekannt wurde. Allerdings schlägt das natürlich ganz schön ins Kontor.
Hier, wo ich jetzt bin, machen Cafés keinen Spaß und gewöhnliche Kontakte sind menschlich wenig bis gar nicht ergiebig.
Die beste Erfahrung machte ich bei Aktionen unter Tierfreunden, wie dem Hinausfahren aufs Land oder Hinaufklettern in die Berge, um streunende Hunde zu impfen. Versteht sich, daß Chancen dabei besonders stehen, Menschen kennenzulernen, die für einen bereichernd sind.
Gleich nach Ankunft kaufte ich einen Geländewagen, in der Absicht, Artenschützer dabei zu unterstützen, etwas für Wildtiere zu tun. Doch stellte sich heraus, daß das Regime ihnen die Internetpräsenz abgedreht hat. Es war mir nicht möglich, die Leute zu kontaktieren. Und auch befreundete Tierärzte vermochten in der Sache nicht weiterzuhelfen.
Arten- und Umweltschützer werden hier verfolgt, als angebliche Spione eingekerkert und auch umgebracht.
Tierschutz ist auf jeden Fall einer der besten Wege, sich einzubringen und dabei gute Seelen kennenzulernen.
Tiere sind auch für mich sehr wichtig ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen mit Hunden, Katzen, Hühnern und Kühen. Schön dass Sie sich so für das Wohl der Tiere einsetzen. In meiner Wohnung sind Tiere leider verboten und das Tierheim auf der anderen Seite der Stadt was mit ÖPNV nur am Wochenende machbar ist (wegen Arbeit) werde ich aber mal versuchen.
Fußball ist für mich tatsächlich ein wichtiger Bestandteil, habe in der F-Jugend begonnen bis zur A-Jugend des FC Passau. Nach der Schulzeit und zwei Umzügen und wegen des Jobs war das dann nicht mehr möglich. Mit dem Jahn Regensburg hier kann ich allerdings wenig anfangen da wir öfters in Hamburg Kurzurlaube gemacht haben ist es bei mir der FC St. Pauli. Das ist halt sowas wie Opel oder Volkswagen eine Einstellung und die bayerischen Vereine finde ich nicht gut. Zudem rauche ich seit langem und zu Sport kann ich mich vor allem nach der Arbeit nicht mehr bewegen.
Bei mir ist der einzige Anlaufpunkt in Regensburg das Büro der LINKEN in Bayern. Mit 20 begann ich mich sehr für Politik zu interessieren und meine Eltern, Ex-DDRler, traten schnell der PDS und dann der LINKEN bei. Progressive Politik interessiert mich sehr auch weil ich viel Armut von Tafeln, Arbeitslosen und Freunden kenne. Nur deshalb gönne ich mir mit schmalem Budget den Account hier. Auch wenn DIE LINKE in Bayern nie gehört wird (generell nicht) ist mir das wiederholte Hinweisen auf soziale Missstände, die völkerrechtswidrigen Handlungen der NATO und auf Lobbyismus sehr wichtig. Tatsächlich ist mein Traumberuf mittlerweile Politiker aber als Autist mit KFZ-Ausbildung und einer abgeschwächten Büro-Ausbildung der keine Vermögenswerte hat ist das ein hoffnungsloses Unterfangen.
Einbringen tue ich mich auch bei der katholischen Jugendfürsorge und obwohl ich evangelisch bin sehen die das ganz locker. Ich glaube nicht an Religionen aber hier wird noch soziale Arbeit geleistet meine zweite Reha- Ausbildung im Büro wurde mir von der KJF ermöglicht. Ich gab Essen bei den Tafeln aus (leider immer noch geschlossen) und versuche mich bei der Jugendarbeit. Mir ist wichtig Leuten beizubringen mit Mitmenschen, Tieren und der Umwelt respektvoll umzugehen und nicht ständig dieser Leistungsgesellschaft und "jeder-ist-sich-selbst-der-nächste"-Mentalität nachzulaufen. Auch hier gibt es sehr viele gute Seelen das Versagen der Kirchen geht von den höchsten Ämtern aus und nicht von den Dorf- und Stadtgemeinden.
Gut, daß Sie sich den Account gönnen. Gleich mit erstem Kommentar, den ich von Ihnen las, gefiel mir die aufrichtige und suchende Art.
Daß Sie sich für den Rand anthropogenen Kosmos verwenden, macht Sie dabei nicht weniger sympathisch. :O)
Mit Ihrem Charakter sind Sie wichtig für das Leben auf der Erde.
Lassen Sie sich nicht verbiegen / bleiben Sie, wie Sie sind!
Ich versuchs weiterhin aber mit Mindestlohn (1.160 Euro netto sind das) und Miete bleibt nicht viel übrig um sich einzubringen und akzeptiert zu werden. Seit mein Autismus diagnostiziert wurde und ich einen behindertenausweis habe wird mir nur noch wenig zugetraut. Gleichwohl wünsche ich mir niemals so ein Anzugträger zu werden der nur gut daherreden und sich über benachteiligte Menschen lustig machen kann.
Dennoch wäre mir selbst ein Leben in Armut lieber als ein neoliberaler US-Vasall zu werden wie es die meisten Politiker sind. Ich stehe für Europa, für Russland (mein Großvater kämpfte in der Roten Armee), für die Musik der 60er-80er, für Tier- und Umweltschutz aber viel mehr noch für Frieden. Und Sie ändern sich bitte auch nicht die Tiere und arme Menschen können nur auf wenige Verbündete zählen und haben keine Lobby!
Im Berufsleben verkannt zu werden, wäre ja nichts Neues. Aber in sozialen Projekten und einmal mehr im Tierschutz, überrascht es doch. Ich würde annehmen, daß sich das längerfristig änderte / man noch erkannte, daß Sie kognitiv mitnichten eingeschränkt sind.
Wenn sich das nicht von allein einstellte, wäre es evtl. gut, die Menschen nach einiger Zeit sachlich zu stellen. („Sie denken vielleicht, ich bringe das nicht auf die Reihe, aber sie brauchen sich da keine Sorgen zu machen.“) Die Leute könnten dankbar für den Hinweis sein, und nicht zuletzt auch froh, zu verstehen, daß Sie mehr Hilfe sein können, als zunächst gedacht.
Danke für die Ermunterung! :O) Ich kann sie gebrauchen.
Vor knapp einem Jahr verkaufte ich mein Haus, weil nicht mehr wissend, wie die aufgenommenen Tiere zu ernähren und verarzten.
Oha sein Haus für eine gute Sache zu geben ist echt ein nobler Zug von Ihnen. Ich mein ich kann zwar gut reden und hier schreiben aber in der heutigen Welt braucht man für die gute Sache halt auch Geld und den Verzicht darauf. Wohneigentum liegt für mich in sehr sehr weiter Ferne deswegen ist das echt eine tolle Aktion von Ihnen!
Von den über 7 Milliarden Menschen auf der Erde wollen bestimmt 95% einfach nur in Frieden mit sich und der Umwelt leben. Nur ein paar habgierige und böswillige Menschen die sich ihren Einfluss ergaunert haben meinen immer noch Krieg, nur an sich selbst denken und die Ausbeutung des Planeten mit seiner Artenvielfalt wären alternativlos und kriegen das dann immer so von der Politik und den Leitmedien dargestellt
Politik und Mainstream-Medien gehören ihnen ja auch.
Also brauchen sie sich um Darstellung und wunschgemäße Ausführung nicht zu sorgen.