Operation Kettensäge

Der Zeitungsleser Die Geschichte mit dem Titel "Operation Kettensäge" ist in der Zeit vom 4. April zu lesen; eine Horrorstory. Sie hat sich in Südtirol bei Meran ...

Die Geschichte mit dem Titel "Operation Kettensäge" ist in der Zeit vom 4. April zu lesen; eine Horrorstory. Sie hat sich in Südtirol bei Meran abgespielt. Ausgedacht und mit Hilfe eines Freundes durchgeführt hat sie ein junger Mann namens Andreas Plack, der dadurch zu viel Geld hatte kommen wollen. Schwer zu glauben, was er dafür unternommen hatte, aber so war es.

Er ließ durch den Freund namens Christian Kleon, der bei der Müllabfuhr arbeitete und bis dahin nichts getan hatte, was ihn straffällig gemacht hätte, eine billige Kettensäge kaufen, um sich mit ihr unter Mithilfe dieses Freundes ein Bein abzusägen und dadurch in den Genuss einer hohen Versicherungssumme zu kommen. ("Es gibt jetzt so gute Prothesen!")

Placks Bein ist noch nicht ganz ab, als der Freund mit der Kettensäge davonfährt, die er dann in die Etsch werfen will. Sie bleibt im sandigen Ufer stecken. Der amputierte Plack versucht noch, mit seinem Handy die Polizei zu erreichen, kann aber bereits nicht mehr klar sprechen und verblutet noch am Tatort. Das spielt sich in den Dörfern zwischen Meran und Bozen zwischen 19 Uhr 50 und 20 Uhr 50 ab. Der hilfreiche Freund wird sich vor Gericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten müssen. Er hat ein Geständnis abgelegt, und nur deshalb weiß man, was wirklich geschehen ist. Niemand hätte es sich ausdenken können.

Wenn ich jemand fände, der dagegen hält, würde ich eine Kiste guten Weines verwetten, dass die deutsche Wehrpflicht das nächste Jahrfünft nicht mehr überstehen wird.

Es gibt gerichtsnotorische Klagen gegen die Wehrpflicht. Wer gegen sie klagt, kann auf verschiedene Weise argumentieren:

1. Einem Neunzehnjährigen wurde klar, es sei eine Ungerechtigkeit, dass er einen Gestellungsbefehl bekommen habe, nicht aber die Mädchen seines Jahrganges. Ob es auch Unrecht ist, muss jetzt der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entscheiden.

2. Dem Landgericht in Potsdam liegt die Klage eines Alexander Dory vor, für den die Wehrpflicht ebenfalls gegen die Gleichbehandlung der Geschlechter verstieß. Hätte seine Klage Erfolg, so müsste entweder Wehrpflicht auch für Frauen eingeführt oder ganz abgeschafft werden. Ich vermute, dass es dazu kommen wird.

Vor 1945 hat es in Deutschland vergleichbare Probleme nicht gegeben. Ich war im Oktober 1939 "eingezogen" worden und blieb großdeutscher Soldat im aktiven Dienst bis ich im Herbst 1944 in Frankreich in amerikanische Gefangenschaft geriet, aus der ich erst im Frühsommer des Jahres 1945 nach Hause zurückkehrte.

Einer wie ich, der 1910 geboren wurde, hat so manche gesellschaftlich-politischen Veränderungen erlebt, die meine persönliche Existenz berührt haben, wenn auch nicht mein Selbstbewusstsein.

In den siebziger Jahren sagte einmal ein Freund, ich hätte drei Leben gelebt. Davon kann keine Rede sein. Die entweder gewählten oder aufgezwungenen Existenzbedingungen haben meine geistig-moralische Beziehung zur Weltwirklichkeit nicht berührt. Erst recht nicht die intellektuelle.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden