Ernst geht es in der Serie Silo zu – so ernst, dass das wiederholte Auftauchen eines niedlichen PEZ-Spenders nicht für comic relief sorgt, sondern von Sorge um die Hauptfiguren begleitet ist. Denn in der nicht näher datierten Zukunft von Silo gelten Dinge wie dieser Bonbonspender als illegale und brandgefährliche Relikte aus dem toxischen Draußen, das nicht mehr betreten werden sollte. Die etwa 10.000 verbliebenen Menschen leben in einem mächtigen, sich über 144 Ebenen unterhalb der Erdoberfläche erstreckenden Silo. Geführt wird die vertikal organisierte Stadt von Bürgermeisterin Ruth Jahns (Geraldine James), Sheriff Holston (David Oyelowo) wacht über Recht, Ordnung und die Einhaltung des „Paktes“. Dieser besteht aus einem
220;. Dieser besteht aus einem umfänglichen Regelwerk, das in jeden Bereich des Privatlebens der Bewohner*innen dringt und ihre Freiheiten einschränkt – zum Wohle der Gemeinschaft, versteht sich.Die Frustration darüber kennt Sheriff Holston nur zu gut: Die Beziehung zu seiner Frau Allison (Rashida Jones) hat zwar die Hürde der offiziellen Anerkennung bestanden, doch seit Jahren wartet das Paar auf eine Erlaubnis, sich fortpflanzen zu dürfen. Nachdem ihnen ihr dritter Antrag auf eine Schwangerschaft endlich gewährt wird, Allison aber trotz Entfernung des obligatorischen Verhütungsimplantats nicht schwanger wird, wird sie misstrauisch. Als Mitarbeiterin der IT-Abteilung hilft sie einem Relikthändler bei der Entschlüsselung einer über 140 Jahre alten Festplatte – deren Inhalte deutlich gegen die angebliche Unbewohnbarkeit der Erdoberfläche sprechen.Bereits in der ersten Folge von Silo deutet sich damit ein überaus interessantes postapokalyptisches Szenario an. Geschickt organisiert Showrunner Graham Yost (Justified) den Erzählfluss dieser Sci-Fi-Saga durch stetige Wechsel in der Figurenperspektive sowie auf räumlicher und zeitlicher Ebene. Immerhin gilt es, mit dieser ersten Staffel auch die Fans der Silo-Romanreihe von US-Autor Hugh Howey zufriedenzustellen. Die ersten Erzählungen hatte Howey ab 2011 über die Self-Publishing-Plattform von Amazon veröffentlicht, wo er bald auf eine wachsende Fan-Leserschaft setzen konnte.„Wenn dich die Lügen nicht umbringen, wird es die Wahrheit tun“, ist als Leitspruch dem ersten Band der Romanreihe vorangestellt – und dieser Wahrheit wollen Allison und später auch Holston auf den Grund gehen. Sie sprechen den Wunsch aus, das Silo zu verlassen. Den Regeln des Paktes zufolge dürfen sie das auch: Ihr Ausgang wird sogar – zur Abschreckung? – als Happening im Silo übertragen, über Bildschirme, die einen kleinen Ausschnitt vom Grau der unwirtlichen und unfruchtbaren Erdoberfläche zeigen. Aber schon kurz nach dem Austreten in die unwirtliche Landschaft brechen sowohl Allison als auch Holston vor den Augen der zwar bestürzten, aber nicht überraschten Silo-Gemeinschaft tot zusammen.Der Austritt von Sheriff Holston hat große Konsequenzen für die Ingenieurin Juliette (Rebecca Ferguson), die mit ihrem Team auf der untersten Ebene des Silos für die mühsame Instandhaltung des Generators zuständig ist. Obwohl das zeitweilig gefährlich schlingernde Dampfturbinenwerk das Silo mit überlebenswichtiger Energie versorgt, genießen die Arbeitenden wenig Status in der Bunkergemeinschaft. Darum ist es auch ein handfester Skandal, dass Holston vorm Verlassen des Silos Juliette zu seiner Nachfolgerin bestimmt hat. Juliettes eigener Glauben an die Regeln des Pakts wird unterdessen durch die mysteriösen Umstände erschüttert, unter denen ihr Freund und Liebhaber George umkam. Die Stelle als Sheriff tritt sie deshalb mit dem Ziel an, die Wahrheit über den Ursprung des Silos und den Zustand der Welt draußen herauszufinden.Eingebetteter MedieninhaltAtmosphärisch dicht und einfallsreich im Detail gestaltet sich die Wahrheitssuche in den ersten zehn Folgen von Silo ausgesprochen spannend. Der Lebensort Silo wird gleichermaßen als faszinierendes architektonisches und soziales Konstrukt ergründet, dessen Funktionieren an eine pervertierte Auffassung von Solidarität und an verschleierte Machtstrukturen gebunden ist.Die große „Enthüllung“ am Ende der ersten Staffel bietet noch keine finale Auflösung, sondern weist auf eine komplexer werdende Erzählung hin. Bei aller Düsternis ist Silo eine Dystopie, die durch Momente menschlicher Nähe auch ihre hellen Stellen kennt.