Wenn die Iren in einem wiederholten Referendum am 2. Oktober Ja zum Lissabon-Vertrag sagen, wird auch der polnische Präsident Lech Kaczynski seine Unterschrift nicht verweigern, das hat er zumindest angekündigt. Das Schicksal des Vertrags läge dann allein in den Händen des tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus. Er gehört zu den entschiedensten Gegner und zögert nach wie vor mit seiner Unterschrift unter das Dokument, dem beide Kammern des tschechischen Parlaments bereits zugestimmt haben.
Brief aus London
Bekannt wurde ein Brief von David Cameron, dem Chef der britischen Konservativen, mit dem er Klaus dazu aufruft, die Ratifizierung noch bis zur britischen Parlamentswahl im kommenden Jahr hinauszuzögern. Sollten die Konservativen, was als wahrscheinlich gilt, das Votum gewinnen, werde eine Volksabstimmung über den Lissabon-Vertrag angesetzt, versprach Cameron. Zwar hat das britische Parlament den Vertrag bereits gebilligt, doch lehnt eine Mehrheit der Briten die EU-Reform Umfragen zufolge ab.
Klaus erhielt den Brief aus London schon am 13. Juli, wie sein Sprecher inzwischen bestätigte. Bereits zuvor hatte er erklärt, „der Letzte in Europa“ sein zu wollen, der seine Entscheidung über den Abschluss der Ratifizierung fällt. Bislang gilt die Devise, die Exekutive in Prag müsse das Urteil des tschechischen Verfassungsgerichts in Brno abwarten. Eine Gruppe konservativer Senatoren hat dort gerade einen Prüfantrag gestellt.
Klaus setzt auf Irland
Wie lange sich das tschechische Verfassungsgericht nun damit befassen wird, ist unklar. Die Erörterung der Klage kann aber erfahrungsgemäß mehrere Monate dauern. Die Senatoren der konservativen Partei ODS hatten bereits im Februar 2008 einen Prüfantrag an gleicher Stelle hinterlegt. Und im November 2008 erklärten die Verfassungsrichter, die beanstandeten Punkte würden nicht im Widerspruch zur Landesverfassung stehen. Die damalige Beschwerde bezog sich freilich nur auf bestimmte Teile des Lissabon-Vertrags – diesmal jedoch soll der gesamte Vertrag geprüft werden, nachdem die Senatoren bereits Anfang September eine Klage gegen die Begleitgesetze zum Lissabon-Vertrag eingereicht hatten. Diese sehen, ähnlich wie in Deutschland, die Mitwirkung beider tschechischer Parlamentskammern bei der Übertragung von Kompetenzen auf die EU vor.
Tschechiens Premier Jan Fischer sieht die erneuten Verfassungsbeschwerden kritisch und meint, grundlose Verzögerungen im Ratifizierungsprozess könnten negativen Einfluss auf die Stellung Tschechiens in der EU haben. Auch Europaminister Stefan Füle hat seine Forderung erneuert, die Ratifizierung in Tschechien schnellstmöglich abzuschließen.Als Vaclav Klaus am Rande der UN-Vollversammlung in New York von Journalisten gefragt wurde, wie lange er noch mit seiner Unterschrift warten werde, antwortete der tschechische Präsident, er gehe davon aus, dass der Lissabon-Vertrag am 2. Oktober von den Iren abgelehnt werde und er sich deshalb nicht mit dieser Frage plagen müsse.
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