Ist die Stimmung während der Spiele in Peking bisher so, wie Sie das erwartet haben?
Verglichen mit früheren Großverstaltungen hat die chinesische Regierung diesmal wesentlich weniger staatsgelenkten Aktivismus betrieben. Nimmt man frühere Spiele in anderen Ländern, ist es sicherlich immer noch sehr viel. Andererseits sind viele meiner Landsleute ehrlich und nicht gezwungenermaßen begeistert.
Ihre Heimat Chengdu liegt im Erdbebengebiet von Sichuan. Wie wird dort die Hochstimmung von Peking empfunden?
Fast jeder schaut sich die Wettkämpfe im Fernsehen an, es gibt einen starken Lokalpatriotismus. Natürlich können die meisten Erdbebenopfer nicht ihr Leid vergessen, aber die Spiele geben ihnen trotzdem Kraft. Ich habe gerade eine SMS von einem Kind bekommen, das Tage nach der Katastrophe aus einer Schule gerettet wurde. Es schreibt: "Als bei der Eröffnungsfeier Li Ning mit der Fackel durch die Luft flog, haben wir alle geweint."
Wie wichtig ist die Anzahl der Goldmedaillen für den Erfolg Chinas?
Aus Sicht des Sports sind sie nicht das Wichtigste. Gestern gerade hat die Schützin Gao Jing eine Bronzemedaille gewonnen. Für sie ist das sehr wertvoll, hat sie doch bereits dreimal ohne Erfolg an Spielen teilgenommen. Dass sie nicht aufgab, zeigt sehr viel Mut.
Können Sie westliche Medienkritik an China verstehen?
Viele kritisieren China aus Unwissenheit, weil sie noch nie hier waren. Zudem gründet die Art der westlichen Kritik immer noch auf zu viel Vorurteilen. Die Leute sollten einfach herkommen und sich selbst ein Bild verschaffen. Sie beurteilen China oft nur nach ihren Maßstäben.
Was geschieht, wenn es gegen Ende der Spiele noch zu größeren Demonstrationen kommt?
Das wird nicht passieren. Nicht nur Sicherheitskräfte werden das zu verhindern suchen, auch die normale Bevölkerung - ich auch. Viele wollen nicht, dass die Spiele durch so etwas beeinträchtigt werden.
Und wenn jemand eine Tibet-Flagge herausholt...
...würde ich da sofort hinspringen, ich wäre mit die erste.
Das Gespräch führte Kristin Kupfer
Zhang Shan, Jahrgang 1968, gewann mit 200 von 200 Treffern 1992 in Barcelona die Goldmedaille im Tontaubenschießen. Damit schrieb Zhang in doppelter Hinsicht Olympiageschichte - neben der 100-prozentigen Trefferquote gewann sie als erste Frau in einer bis dahin gemischten Konkurrenz.
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