Wim Wenders porträtiert Anselm Kiefer: Der Künstler und sein Geisterreich

Kino Filmemacher Wim Wenders huldigt dem Lebenswerk von Anselm Kiefer in einem wirkmächtigen und verschachtelten Essayfilm – „Anselm. Das Rauschen der Zeit“ ist das Porträt eines Rastlosen
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 41/2023
Nicht im Bild: das Fahrrad, mit dem Anselm Kiefer (li.) in Wim Wenders' (re.) Film durch sein entgrenztes Atelier bei Paris fährt
Nicht im Bild: das Fahrrad, mit dem Anselm Kiefer (li.) in Wim Wenders' (re.) Film durch sein entgrenztes Atelier bei Paris fährt

Foto: Ruben Wallach

Aus der Geschichte wispert es unheilvoll. Gespenstische Entitäten ohne Kopf und Gliedmaßen bevölkern diesen Film. Frauen der Antike hat Anselm Kiefer seine Werkserie genannt: weiße, wallende Kleider ohne erkennbare Menschengestalt. Hüllen, in denen sich das Gedächtnis der Welt zu verbergen scheint. Mal stehen sie in Hallen, mal unter freiem Himmel. Aus ihren unsichtbaren Körpern wuchern beispielsweise Bücher, Drähte, Pflanzen. Wim Wenders, einer der berühmtesten Vertreter des Neuen Deutschen Films, bringt diese Kleider nun mit flüsternden Klängen zum Sprechen. In Anselm. Das Rauschen der Zeit dienen sie als wiederkehrendes Motiv. Bewegtbild und bildende Kunst finden zueinander, beleben das Unbelebte, überwinden Zeit und Raum.