Zeitungslektüre mit Frühstücksgedanken

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Das hiesige Abendblatt war für mich immer so etwas wie eine ältere Frau, eine Dame von Welt, etwa wie eine Tante in der Verwandtschaft, die sich recht erbost zeigt über aufbegehrende junge Leute und gar vermummte Hafensträßler; dann spritzt sie ihr Gift und gibt auch gern die häßliche alte Vettel. Man konnte wütend werden.

Sie ist selbstverständlich gutbürgerlich gekleidet, vornehmes Tuch, wird "diese prächtige Stadt" immer verteidigen und hat immer auch Projekte wie die Hafencity und die Elbphilharmonie unterstützt. Andererseits, sie kann auch besorgt sein und man nimmt ihr das als aufrichtig ab, dabei mag man vielleicht schmunzeln. Diese Dame ist manchmal etwas vergrätzt, kann auch gut die beleidigte Leberwurst, aber der besonders wohlwollende Blick - heute begünstigt durch den sonnigen Tagesanbruch - kann ihr auch Positives abgewinnen, sie ist ehrlich.

Deshalb titelt sie heute Die Furcht vor dem GAU [S.6], das nackte Entsetzen bricht aus ihr hervor, sie nennt die Dinge beim Wort und kümmert sich nicht um Sprachregelungen und political correctness.

Die Süddeutsche ist wieder mal zum Haareraufen: Gegen alle Regeln. Japans Atomkraftwerke müssen seit der Katastrophe von Kobe viel aushalten können, aber für ein Beben der Stärke 8,9 waren auch sie nicht gerüstet [Titel/Untertitel S.2] Na dussliger kann man die Worte nicht setzen. Ein AKW ist nicht rüstbar gegen die Natur. Was muss sich noch ereignen, dass es in die Holzköpfe reingeht? Gut, Holz verwittert. Aber dauert, oder?

Der Haupt-act dieses Zentralorgans gesättigten Bürgertums ist die Seite drei: Wie man Haltung bewahrt. Nein, diese Katastrophe ist nicht von Menschen gemacht. Kann man also etwas aus ihr lernen. Allerdings: Besonnen reagieren die Japaner auf das Beben. Das lässt nachdenken - auch über Deutschland [Titel mit Untertitel]. Tja. So durch und durch falsch kann man gar nicht liegen. Da gibt sich jemand viel Mühe, den Blick des Betrachters vom Geschehen abzulenken. Vorauseilende Beschwichtigungsstrategie, bestenfalls, und nur peinlich. Na denn. Nurweiterso, Süddeutsche!

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Geschrieben von

Dreizehn

Lebe in einem Winkel der Stadt, lese, schreibe gelegentlich.

Dreizehn

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