Frauen für den Frieden?

Sind Frauen Friedensengel? Noch immer glauben viele Menschen, dass Frauen qua Geschlecht Frieden und Diplomatie einem militärischen Krieg vorziehen. Doch stimmt das? Gab es und gibt es Beispiele und Erklärungen, die diese Hoffnung stützen - oder gar falsifizieren?

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Einleitende These

Dazu konnte ich heute in "Transition News" u.a. folgendes lesen:
"Wer noch der Ansicht ist, dass Frauen grundsätzlich friedvoller sind als Männer, muss spätestens jetzt umdenken. Denn auch der Mutterinstinkt scheint nicht vor Kriegstreiberei zu schützen – zumindest nicht, wenn die Kinder anderer abgeschlachtet werden. So sind nun zahlreiche Frauen an vorderster Front, wenn es um Waffenlieferungen an die Ukraine geht."

Beispiele

Erstens: Agnes-Marie Strack-Zimmermann.
Die Abgeordnete und Rüstungslobbyistin Dr. phil. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) forderte bei einer Debatte zum Ukraine-Konflikt im Deutschen Bundestag im September 2022 die Lieferung schwerer Waffen - und wiederholt dies immer wieder z.B in den vielen Talkshows, zu denen sie eingeladen wurde und wird.
Sie plädiert für militärische Eskalation und beschimpft alle, die sich für sofortige Diplomatie bzw. Friedensverhandlungen einsetzen. Als Waffenlobbyistin sind ihr die Gewinnmargen der Rüstungsindustrie offensichtlich näher als der Frieden und das Wohl der Bürger.
Sie propagiert dabei immer wieder Russland als das "neue" Feindbild für die deutsche Bundeswehr. (Link mit Bezahlschranke). Ihre Statements über Russen und ihren Präsidenten sind chauvinistisch: "Putin ist alles zuzutrauen", sagte sie beispielsweise in einem BR-Interview

Neben ihrer Position als Vorsitzende im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, der unter anderem für die Beschaffung von Ausrüstung für die Bundeswehr zuständig ist, ist Strack-Zimmermann Mitglied des Vorstandes desFörderkreises Deutsches Heer. Der Zweck des Vereins "schließt das gemeinsame Bemühen um eine leistungsfähige nationale Industriebasis für die Ausrüstung des Deutschen Heeres und der deutschen Landstreitkräfte insgesamt mit ein". Auch die Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik ist ein Lobbyverein: ein von der Rüstungsindustrie dominierter Verein, schreibt LobbyControl in seinem Lobbyregister Lobbypedia.

Zweitens: Annalena Baerbock
Sie hat als deutsche Außenministerin Russland persönlich den Krieg erklärt- bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg am 24. Januar 2023. Und etwa einen Monat später ruft Baerbock VOR DER UN-VOLLVERSAMMLUNG die Welt zur Ächtung Russlands auf.
Wie man z.B. im Spiegel am 2.6.2022 nachlesen konnte, fordert sie schon vorher den Sieg der Ukraine über Russland:

"Die Ukraine muss gewinnen"

Sie hofft also auf eine totale Schwächung bzw. Niederwerfung der "bösen" Russen, was die Voraussetzung eines totalen Sieges der "guten" Ukraine mit Unterstützung des "Wertewestens" bedeutete. Sieg über ein Land, das über Atomwaffen verfügt, durch die Nato, die auch über Atomwaffen verfügen, die zum Teil auch in Deutschland stationiert sind.

Dümmer und verantwortungsloser geht's nimmer!

Drittens: Ursula von der Leyen, die EU-Kommissionspräsidentin.
Sie lässt keine Gelegenheit aus, um gegen Russland zu hetzen und Waffen an die Ukraine zu liefern. Alles dafür damit die "Guten" die "Bösen" Russen, mit ihrem "Kriegsverbrecher" Putin an der Spitze, besiegen. Die Verbrechen der USA werden einfach ignoriert, denn das passt nicht in die Erzählung. Unmissverständlich brachte sie ihre Nibelungentreue zur USA zum Ausdruck, als sie zur vermuteten Täterschaft der USA bei der Sprengung der Nord Stream-Pipelines verkündete:
«Der tadellose Ruf des amerikanischen Staates erlaubt es uns, diese Version außer Acht zu lassen.»
Viertens: Angela Merkel
Sie regierte 16 Jahre die BRD und profilierte sich gegen Ende ihrer Amtszeit als Kriegstreiberin; denn sie betrieb eine verdeckte Vorbereitung des Ukrainekrieges, indem sie das Minsk-Abkommen, welches gute, friedensstiftende Regelungen vorsah, mitunterzeichnete, ohne etwas für die Realisierung dieses Abkommens zu tun! Sondern im Gegenteil, wie sie öffentlich eingestand: Das Abkommen von Minsk wurde unterzeichnet, um der Ukraine „Zeit“ zu geben, aufzurüsten, um sich für den Krieg gegen Rußland vorzubereiten; den sie damit erst möglich machte. - Kernpunkte des Minsker Abkommens (2014 und 2015) liegen in den Vereinbarungen zu einer politischen Lösung des innerukrainischen Konflikts, etwa einer Verfassungsreform in der Ukraine. Die Reform sollte die Ukraine dezentralisieren, unter anderem mit einem Sonderstatus für die umstrittenen Separatistengebiete Donezk und Luhansk. Diesen Gebieten sollte es unter anderem erlaubt sein, wirtschaftliche Beziehungen zu Russland zu unterhalten, während sich die Separatisten dazu verpflichteten, die Reintegration der Gebiete in den ukrainischen Staat zuzulassen.

Kriegsgeile Frauen in England und den USA

Fünftens: Margaret Thatcher
Sie regierte von 1979 bis 1990 als „Eiserne Lady“ Großbritanien – und dies bedeutete: Neoliberalismus, das brachiale Ende des Wohlfahrtsstaates, und Falklandkrieg! Gegen den Willen ihrer Berater, die auf diplomatische Handlungen setzten, entfesselte sie 1982 den Falklandkrieg.
Im Zwölf-Wochen-Waffengang fielen 649 argentinische und 255 britische Soldaten und 3 Zivilisten: Für imperialistische Zielsetzungen und persönliche Profilierungsanliegen!
Sechstens: Madeleine Albright
Sie war von 1993 und 1997 US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen und anschließend bis zum Ende der Clinton-Regierung Außenministerin - und dies bedeutete: Unterstützung des vökerrechtswidrigen Jugoslawien-Krieges. Und: Sie ist auch dafür bekannt, im Jahr 1996 die Sanktionen gegen den Irak in einem Fernsehinterview verteidigt zu haben, obwohl diese Politik zum Tod Hunderttausender irakischer Kinder führte.
Die Frage des Journalisten, ob dieser Preis es wert sei, bejahte sie. Zu diesem Zeitpunkt hatten viele irakischen Kinder aufgrund der Sanktionen keinen Zugang zu genügend Nahrungsmitteln und Medikamenten.
Zwei Jahre später verteidigte sie die US-Politik gegen den Irak erneut auf eine kuriose Weise:
„Aber sollten wir Gewalt einsetzen müssen, rührt das daher, dass wir Amerika sind; wir sind die unverzichtbare Nation. Wir stehen aufrecht und sehen weiter als andere Staaten in die Zukunft.“

Resümee

Die sechs genannten Beispiele erscheinen durchaus geeignet, die Vermutung - wonach Frauen qua Geschlecht, auf der politischen Ebene, friedfertiger sind als "die" Männer - zu widerlegen: Auch wenn ich dabei nicht in die Antike, ins Mittelalter oder in die Jahrhunderte danach zurückblickte.

Meine Beispiele resultieren aus den 20. und 21. Jahrhundert.

Alle erwähnten Frauen rechtfertigten ihre Kriegsgeilheit mit moralischen Überlegenheits-Vorstellungen, die hart an der Grenze ( oder gar darüber) zum Rassismus zu verorten sind. Man mag es Chauvinismus nennen; aber das ist kaum weniger zu verurteilen als Rassismus, denn Chauvinismus ist der Glaube an die Überlegenheit der eigenen Gruppe, ob dies nun ein Staat ist, z.B. Großbritanien oder die USA, oder eine Staatengemeinschaft, z.B. der "Wertewesten" bzw. die Nato.

Damit nicht genug; es gibt ein weiteres historisches, sehr unappetitliches Beispiel, welches auch ein Erklärungsansatz sein kann.

Auch die Nazis brauchten die Kriegerinnen: "In den größten Krisen und Erschütterungen des nationalen Lebens erst bewähren sich die wahren Männer, aber auch die wahren Frauen. Da hat man nicht mehr das Recht, vom schwachen Geschlecht zu sprechen, da beweisen beide Geschlechter die gleiche Kampfentschlossenheit und Seelenstärke." Und:
"Es ist jetzt nicht der Augenblick, danach zu fragen, wie alles gekommen ist. Das wird einer späteren Rechenschaftslegung überlassen bleiben (...) Wenn ich nunmehr über die jüngste Vergangenheit hinaus den Blick wieder nach vorne lenke, so tue ich das mit voller Absicht.
Die Stunde drängt!
Sie läßt keine Zeit mehr offen für fruchtlose Debatten. Wir müssen handeln, und zwar unverzüglich, schnell und gründlich (...) Erst dann entwickelten wir (...) einen wilden und entschlossenen Willen, die Gefahr zu brechen und zu bannen, eine Stärke des Charakters, die alle Hindernisse überwindet, zähe Verbissenheit in der Verfolgung des einmal erkannten Zieles und ein ehernes Herz, das gegen alle inneren und äußeren Anfechtungen gewappnet ist. (...) Ich frage euch: Wollt ihr den totalen Krieg? Wollt ihr ihn, wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt noch vorstellen können?
(Rede Goebbels am 18.2.1943 im Berliner Sportpalast)
In dem bereits oben zitierten Text in Transition News von Konstantin Demeter heißt es bilanzierend zum Thema: "Emanzipation bedeutet nicht, jeden männlichen Blödsinn nachzuahmen, ganz im Gegenteil: Echte Frauen-Power heißt, den eigenen Weg zu gehen und es besser zu machen. Leider haben das viele Frauen (noch) nicht begriffen oder sie wollen es nicht begreifen. Schliesslich hat es durchaus Vorteile, im «patriarchalischen» System zu tollen und mit der Masse zu schwimmen. Echte Opposition erfordet Mut. Und Macht korrumpiert eben auch Frauen.
Nun ist eine weitere weibliche Emanzipation gefordert, und zwar gegenüber den systemtreuen Frauen, welche die Welt kein bisschen besser machen. Denn mehr Einfühlsamkeit und Mutterliebe könnte die Gesellschaft durchaus brauchen. Nicht zuletzt, um der testosterongeladenen männlichen Kriegstreiberei Paroli zu bieten."
Darüber lohnt es sich zu streiten bzw. zu diskutieren!
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Erich Becker

Buch- und Theater-Autor

Erich Becker

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