Träume aus Blech sind (Industrie)Geschichte

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Sie SZ hat gestern auf ihrer SeiteDrei („Beziehungskiste“) Volvo zum Gegenstand einer etwas profunderen Betrachtung gemacht. Man merkt: Der Autor Thomas Steinfeld ist schon kraft Jahrgangs mit der Marke zu Erfolgszeiten verbandelt, der 240 als Zeichnung prangt über allen sechs Spalten. Ein Quantum mitgefühlte Nostalgie, ein Quäntchen Optimismus:

„Wenn der chinesische Konzern Geely nun Volvo erwirbt, wird er ein Unternehmen besitzen, das mit Schweden und der schwedischen Gesellschaft so verbunden war wie Volkswagen mit der deutschen – wobei der Erfolg im Ausland immer mit der Idee verbunden war, man könne nationale Eigenheiten exportieren.“

Es gab, fällt mir ein, in Deutschland ebenfalls einmal einen Pleitekandidaten mit industriellem Renommee. Der hieß Dornier und stellte Flugzeuge her. Pleite war man wegen der Allmachtsphantasien von Daimler, Schrempp et al. während der Entwicklung der Regionaljetreihe Dornier 728 gegangen. Bekanntlich hielten sich chinesische Investoren etwa ein Jahr intensiv in den Herstellungshallen und Konstruktionsbüros auf, bevor sie ihrerseits Insolvenz anmeldeten. Das war 2004. Vier Jahre später wartete China mit dem ersten selbstgebauten Regionaljet ARJ21 auf. Selbes Segment, erstaunlicher Zufall? Man könnte meinen, das letzte notwendige Maß an Kompetenz kam aus den Blaupausen in Oberpfaffenhofen. Die Historie der Werke (und damit die prall gefüllten Archive) braucht dazu nicht erst bemüht zu werden; die ist nämlich vor allem eine von der Erfindung des Fliegens und von Arbeitsabläufen, in Jahrzehnten perfektioniert.

Was hat das mit Autokonstruktion, mit Volvo zu tun? Chinesische PKW haben spätestens seit dem Jiangling Landwind ein wahrnehmbares Sicherheits- und damit ein Imageproblem, nicht etwa nur in Europa. Denn bekanntlich schätzen die neuaufkommende urbane Society wie Parteikader Qualität „Made in Germany“. Was diesen Ansprüchen nach europäischen Maßstäben nicht genügt, findet auch im chinesischen Inland nicht den erhofften Absatz in dem spezifischen Segment. Sicherheit kann aber nicht ex und hopp entwickelt werden, es sei denn, man kauft sich das Know-How. Sicherheit, Volvo, alles klar.

Wird das die Arbeitsplätze in einem der zentralen Symbole der schwedischen Industrie retten? Solange die Blaupausen noch in Torslanda liegen ja. Aber dann? Europa hat zu viele Marken, wie schon Marchionne vor einiger Zeit bemerkte. In Europa für China zu produzieren, kann also auch nur ein schöner Traum sein, haarscharf an der Wirklichkeit vorbei. Weswegen Marchionne FIAT nun teilweise auslagert, nach Serbien. Offizielle Begründung: Die italienischen Gewerkschaften sind zu unseriös. Subtext: In Serbien gibt es keine. In China übrigens auch nicht.

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Geschrieben von

ed2murrow

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ed2murrow

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