Kein Wandel in Berlin

Berlinwahl 2023 Die „rot-rot-grüne“ Koalition verliert 5 Prozentpunkte, die CDU geht mit 28,1 Prozent als Siegerin hervor. Doch wer Berlin nun regiert ist nicht gesagt. Eines ist jedoch sicher: die größte Verliererin ist die Linkspartei.

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Berlin hat gewählt – schon wieder. Nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus vom 26. September 2021 vom Berliner Verfassungsgerichtshof für ungültig erklärt wurde, fand nun also am Sonntag, dem 12. Februar 2023 die Wiederholung der Wahl an. Grund dafür war eine hohe Unregelmäßigkeit während der Wahl von 2021. Wählen konnte man dieselben Kandidat*innen und Parteien wie zuletzt, wobei der Fokus darauf ausgelegt war, ob es in der Hauptstadt bei einer „rot-rot-grünen“ Koalition bleibt oder die Konservativen unter Kai Wegner geben wird. Wie das Wahlergebnis verrät, wurde rein rechnerisch die alte Koalition unter der rechten Sozialdemokratin Franziska Giffey abgewählt – die SPD verlor 3 Prozentpunkte, Bündnis 90/Die Grünen 0,5 Prozentpunkte und die Linkspartei 1,9 Prozentpunkte. Die Freien Demokrat*innen schafften es nicht einmal über die Fünf-Prozent-Hürde – sie fielen von 7,1 Prozent auf 4,6 Prozent herunter. Zugewinne gab es auf der rechten Seite – die CDU stieg von 18 Prozent auf 28,2 Prozent und die AfD von 8 Prozent auf 9,1 Prozent. Die Gewinner*innen sind also klar die Konservativen, allerdings bedeutet das nicht, dass Wegner neuer regierende Bürgermeister von Berlin wird.

Weshalb die „rot-rot-grüne“ Koalition abgestraft wurde, ist nicht schwer zu erraten. Einerseits ist es als Reaktion auf die bundesrepublikanische Politik zu verstehen, in der besonders sich insbesondere die SPD und die Linkspartei von ihrem (vermeintlich) traditionellen Wählerklientel entfremdete. Andererseits steht gerade Franziska Giffey für eine Politik, die sich gegen die Mehrheit der Berliner*innen stellt, sondern die Interessen der Immobilienlobby vertritt. Das zeigt sich unter anderem in ihrer vehementen Ablehnung des Volksentscheids zur Enteignung von „Deutsche Wohnen & Co“ sowie einer Zuwendung von 9.999 Euro durch die Primus Immobilien AG an die SPD Berlin. Der Interessenskonflikt ist groß, wobei man bei Giffey keineswegs von einem Konflikt sprechen kann, denn für sie war die Enteignungsfrage schon immer eine „rote Linie“. Daran änderte sich auch nichts, nachdem sie eine Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen und der Linkspartei eingegangen war, was letztlich besonders der Linkspartei schadete, da sie Politik gegen ihr eigenes zahmes Programm machten.

Dass gerade die Linkspartei um Klaus Lederer den Verlust von knapp 2 Prozentpunkte als Grund zum Feiern veranlasste, entbehrt dabei nicht einer gewissen Ironie, die adressiert an die SPD eine Fortsetzung der Koalition fordern. Man könne jetzt keine „inhaltliche Ziele über Bord werfen“, wird Lederer zitiert. Dass die Regierungssozialist*innen innerhalb der Partei um jeden Preis in der Regierung sein wollen, gleich, wie viel sie von ihrem eigenen Programm verraten müssen, ist keine Neuigkeit. Wie so oft wird eine kritische Analyse und argumentiert lediglich, dass es darum gehe, eine CDU-Regierung zu verhindern. Nicht das Programm spielt also eine Rolle, sondern die Frage, wer das bürgerliche Berlin verwalten soll. Es scheint, als sei es völlig irrelevant, wie weit rechts die SPD sozialpolitisch rückt – hiernach stellt man sich auch, trotz verbaler Bekundungen, gegen die Mehrheit der Berliner*innen, wenn es um die Wohnungsfrage geht. Klaus Lederer ist das Symbolbild einer Linkspartei, die sich permanent selbst negiert und letztlich in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wird.

Jeder Verlust wird als Sieg verkauft. Es wird zwar bedauert, aber man ist immerhin noch froh, gewählt worden zu sein. Es spielt letztlich keine sehr große Rolle, ob eine CDU-Regierung die Not der Berliner*innen verschärft oder eine von der Linkspartei getragene SPD-Regierung. Zu dieser Erkenntnis kommt man auch, wenn man sich die genauen Zahlen der Wahlergebnisse anschaut. Denn mitnichten stimmten 28,1 Prozent der Berliner*innen für die CDU. Gerade einmal 12 Prozent der Berliner Stadtbevölkerung gaben ihre Stimme für die CDU. Alle anderen im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien kämen unter 10 Prozent. Die überwältigende Mehrheit der Berliner*innen stimmten also für keine der Parteien, da diese nicht ihre Interessen vertreten, sondern Politik für das Kapital und die herrschende Klasse machen. Ob der*die neue*alte regierende Bürgermeister*in nun Kai Wegner oder Franziska Giffey heißt – es bleibt alles beim Alten. Und die Linkspartei hat – wie immer, wenn sie Regierungsverantwortung übernimmt – verloren und stürzt immer weiter ab.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Elisa Nowak

Freie:e Journalist:in aus Konstanz

Elisa Nowak

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