Die Linkspartei wird von Vorwürfen sexualisierter Gewalt erschüttert, über 60 Betroffene meldeten sich bislang. Zunächst wurden zwei Fälle öffentlich: 2018 soll ein 41-jähriger Mitarbeiter der hessischen Linksfraktion ein 17-jähriges Parteimitglied missbraucht haben – der Mann war Partner der damaligen hessischen Landesvorsitzenden und heutigen Bundesvorsitzenden Janine Wissler. 2017 soll ein Stadtrat in Nürnberg gegen Mitglieder übergriffig geworden sein. Julia Schramm arbeitete in der Vertrauensgruppe zur Aufarbeitung dieser Fälle – und zieht sich nun daraus zurück.
der Freitag: Frau Schramm, im November 2021 wurde Janine Wissler über Vorwürfe sexueller Übergriffe in Wiesbaden informiert. Der Kreisverband beschloss daraufhin, einen Verhaltenskodex zu erarbeiten. Vier Jahre nach #metoo gab es in der Linken keinen Plan zum Umgang mit sexuellen Übergriffen?
Julia Schramm: Die Debatte um #linkemetoo hat in der Tat große Leerstellen unserer Partei offengelegt. Das haben wir in der Vertrauensgruppe, die sich im Herbst 2021 formierte, schnell gemerkt.
Viele Organisationen haben seit Jahren Strukturen für solche Fälle. Wieso gründete die Linke erst 2021 eine Vertrauensgruppe?
Wir haben hier tatsächlich großen Nachholbedarf – ich glaube, das liegt auch daran, dass sich die Partei seit einigen Jahren nur noch an die Gurgel geht. Das ist uns bei der Bundestagswahl 2021 politisch auf die Füße gefallen. Und das fällt uns jetzt, im Umgang mit diesen furchtbaren Vorkommnissen von sexualisierten Übergriffen, strukturell auf die Füße.
Sie sind von der Piratenpartei zur Linken gewechselt. Welche Erfahrungen mit Sexismus machten Sie dort?
2012 haben wir uns bei einem internationalen Treffen der Piraten in Prag zum ersten Mal unter Frauen getroffen. Ich hatte damals meinen ersten Shitstorm hinter mir und langsam begriffen, wie Sexismus in voller Montur aussieht. Es kam ein wütender Parteigenosse in unser Frauentreffen und schrie herum – wir warfen ihn hinaus. Der Mann wurde wichtiger Politiker in Tschechien. Bei den Piraten war alleine schon die Gründung von Frauengruppen ein Skandal.
Gab es sexuelle Übergriffe?
Ja. Ein zentraler Grund, warum ich aus der Piratenpartei ausgetreten bin, war ein Fall sexualisierter Gewalt, den ich mitbekommen hatte. In der Linken bin ich dann auf ein wesentlich ausgeprägteres Verständnis von Sexismus und patriarchaler Gewalt gestoßen.
Inwiefern?
Bei der Linken gibt es ganz selbstverständlich quotierte Redner*innenlisten, Quotenregelungen, in der Bundessatzung ist ein Frauenplenum mit Interventionsmöglichkeiten verankert, es tagt regelmäßig bei Parteitagen.
Zur Person
Julia Schramm, 36, ist Mitglied im Vorstand der Linkspartei und arbeitet als Referentin für den Fraktionsvorstand im Bundestag. Seit 2021 ist sie Mitglied der Vertrauensgruppe zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Linken. Bis 2014 war Schramm in der Piratenpartei aktiv
In Bayern wurde im Oktober 2021 ein solches Frauenplenum für Männer geöffnet. Dadurch saß der Stadtrat aus Nürnberg, der mehrerer Übergriffe bezichtigt wird, als Zuhörer in jener Runde, die sich über den Schutz vor eben diesem Stadtrat austauschen wollte. Wie kann das passieren?
Das müssen Sie die Bayern fragen.
Schon auf dem Thüringer Landesparteitag 2020 wurde im Frauenplenum über Fälle sexualisierter Übergriffe in Bayern gesprochen. Eine junge Betroffene stand weinend am Mikrofon. Wie kann es sein, dass die Parteiführung erst Ende 2021 eine Vertrauensgruppe bildet?
Das ist furchtbar und ich höre gerade zum ersten Mal davon. Ich habe von dem ganzen Fall erst gehört, als die Betroffenen aus Nürnberg sich an den Parteivorstand gewandt haben – ich bin sofort tätig geworden. Aber offensichtlich läuft gerade in diesen Fällen eine Menge an Kommunikation in der Partei falsch.
Wie tief kann das feministische Verständnis der Linken denn sein, wenn es sich in Luft auflöst, sobald es um konkrete Fälle patriarchaler Gewalt geht?
Es ist menschlich, sexuelle Übergriffigkeit nicht wahrhaben zu wollen, wenn man einer Täterperson nahesteht. Davon kann sich niemand frei machen. Dazu kommt, dass man in einer Partei dazu neigt, verdienstvollen Genossen, die für die Partei viel geleistet haben, viel durchgehen zu lassen.
„Das sind Alphatiere, die viel Arbeit wegschaffen“, sagte ein Mitglied aus Hessen.
Und das ist ein unhaltbares Problem. Als Parteivorstand und Partei müssen wir jetzt, neben lückenloser Aufklärung, für bessere Regeln im Umgang mit Vorfällen von sexualisierter Gewalt sorgen. Dafür brauchen wir einen Kulturwandel. Der Parteivorstand hat unter anderem entschieden, dass Männer beim kommenden Parteitag nicht einfach Freizeit haben, wenn die Frauen, Trans- und Interpersonen ihre Plena durchführen, sondern dass es einen Workshop zu kritischer Männlichkeit geben wird. In Niedersachsen etwa gibt es schon länger ein Männerplenum.
Wie kommt die Arbeit Ihrer Vertrauensgruppe voran?
Wir arbeiten seit Herbst 2021, und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir waren absolut überfordert. Wir hatten den naiven Glauben, Aufklärung betreiben zu können, und sprachen mit allen Betroffenen. Das war falsch und das tut mir rückblickend auch leid. Wir haben das selbst schon zu Beginn des Jahres erkannt und entsprechende Anträge bearbeitet, die jetzt auch beschlossen worden sind. Die Ereignisse haben uns dann aber überrollt.
Das war unprofessionell.
Wir hätten von Anfang an Expert*innen hinzuziehen müssen, eine neutrale Stelle. Am Wochenende haben wir im Parteivorstand auch beschlossen, dass die Vertrauensgruppe nur noch Brückenfunktion hat zur externen Aufarbeitungsstelle und den Aufbau professioneller Strukturen begleitet. Ich selbst bin ab jetzt daher nicht mehr Teil der Vertrauensgruppe – weil ich die öffentliche Debatte für zwingend halte.
Treten Sie aus der Vertrauensgruppe auch zurück, weil Sie im Parteivorstand sind und es hier Interessenskonflikte gibt? Der Vorstand hat schließlich die Aufgabe, die Partei zu schützen.
Der Vorstand muss in erster Linie die Partei leiten, aber das heißt auch: unsere Mitglieder schützen! Damit das auch funktioniert, braucht es externe Expert*innen. Die ziehen wir jetzt hinzu.
Sie stehen ja vor einem Problem, vor dem jede Organisation steht: Wird ein Vorwurf sexualisierter Übergriffe erhoben, dauert es lange, bis strafrechtliche Ermittlungen greifen. Wartet man ein Urteil ab und zieht sich der Täter zurück, wird die Betroffene faktisch von der Teilnahme in der Partei ausgeschlossen. Gleichzeitig gilt die Unschuldsvermutung. Wie gehen Sie damit um?
Es ist eine politische Entscheidung, zu sagen: Äußern Betroffene Vorwürfe sexualisierter Übergriffe, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass sie sich das nicht ausdenken – und es werden Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen: Freistellung des Beschuldigten, Rückzug aus Sitzungen, Entzug der Möglichkeit einer Kandidatur, also des passiven Wahlrechts, sind Möglichkeiten. Die Hürden für solche Maßnahmen müssen aber hoch sein, damit sie nicht instrumentalisiert werden. Auf dem Parteitag im Juni werden wir darüber verhandeln.
Sie sprachen von Kulturwandel.
Ich bin der Linksjugend sehr dankbar, dass sie dafür sorgt, im Umgang mit Sexismus und sexualisierten Übergriffen neue Standards zu setzen. Ich bin ja auch in der Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ in Berlin aktiv. Auch dort gab es einen sexualisierten Übergriff. Die Betroffene erstattete Strafanzeige, der Aktivist wurde als Sprecher abgesetzt. In der jüngeren politischen Generation gibt es eine Null-Toleranz-Haltung gegenüber sexistischem Verhalten, für die ich dankbar bin.
Wo bleibt die Null-Toleranz-Haltung in der Linken-Führung? Janine Wissler wusste, dass ihr Partner und Mitarbeiter mit einer Minderjährigen Sex hat und über ihren Balkon steigt. Sie trennte sich, aber er blieb Mitarbeiter. Ich erinnere daran, dass 2017 eine politische Größe wie der britische Verteidigungsminister Michael Fallon zurück trat, weil er seine Hand auf das Knie einer Journalistin legte. Wieso ist Wissler noch im Amt?
Der Fall in Hessen zeigt, wie problematisch die Verflechtung von privaten Beziehungen und Parteistrukturen ist. Es darf nicht erlaubt sein, dass eine Fraktionsvorsitzende mit einem Fraktionsmitarbeiter zusammen ist. Entsteht eine solche Beziehung, muss eine*r der Beteiligten seinen Job wechseln. Ich finde es aber richtig, dass wir als Parteivorstand gemeinsam den Parteitag vorbereiten. Was dort dann passiert, wird sich zeigen.
Wie soll ich als Feministin eine Partei wählen, deren Vorsitzende es nicht schafft, sexuellen Missbrauch zu erkennen, der vor ihren Augen stattfindet?
It’s always darkest before the dawn. Die Vorkommnisse sind so schwerwiegend, dass wir beschlossen haben, dass der gesamte Parteivorstand im Juni neu gewählt werden muss. Wir müssen uns alle fragen, wie wir in dieser Partei weitermachen können. Es muss jetzt echte Veränderungen geben. Wir haben viele sehr engagierte junge Mitglieder, denen ich viel zutraue. Und ich bin überzeugt, dass es eine linke Partei braucht.
Kommentare 30
Schon bemerkenswert, dass von den alten Linke-Promis Gysi, Bartsch, Wagenknecht, Ältestenrat usw. so gar nichts zum Thema zu hören ist.
"...It’s always darkest before the dawn..."Spätestens seit den Tagen der 68er bin ich links eingestellt und auch parteilich als Kommunist organisiert. Am Anfang stand allenthalben eine Naivität, die - jenseits von der Richtigkeit der grundsätzlichen Überzeugung - mich alle Kommunisten im Prinzip als bessere Menschen ansehen ließ. Hatten doch die alten Genossen unter Einsatz ihres Lebens gegen den Faschismus gekämpft und die jungen, neuen brachten die gleichen Schwung mit, der mich antrieb. Es dauerte lange Jahre, bis ich erkannte, dass Parteigenossen sich eigentlich in nichts (oder nur wenig) unterschieden, was die übrigen Mitmenschen ausmachte. Sie mochten vielleicht einer besseren "Idee" folgen, aber im normalen Leben konnten die Freunde genauso verlogen, durchtrieben und eigennützig sein, wie alle anderen auch. Ich persönlich zog daraus aber nicht den Schluss, nunmehr alle Linken in Bausch und Bogen in einen Topf zu werfen mit dem Rest der Welt, sondern ich begann mit einem gesunden Mißtrauen zu differenzieren. Und dieses Vorgehen hat sich bewährt. Wer für mich ein guter Genosse/in sein will, muss es mir mit Taten beweisen. Das gilt natürlich auch in der #metoo-Problematik. Schwächen haben wir alle. Sie zu erkennen und vor allem negative Folgen dieser Schwächen zu verhindern sollte Programm bei der "Linken" wie überall auch sein.
Wundert Sie das wirklich? Wer sich in dieses Minenfeld begibt, kommt darin unweigerlich um. Die #MeToos haben es bis heute nicht geschafft, begriffliche Klarheit und Rechtsstaatlichkeit hinzubekommen. Deshalb eignet sich dieses Thema so wunderbar zur Zerstörung von Persönlichkeiten, Bewegungen und Organisationen aus ganz anderen Motiven heraus. Den wirklichen Opfern ist damit wohl kaum gedient. Fragen Sie einfach mal Menschen, auf die auch nur der Schatten eines Verdachts gefallen ist, wie schwer eine Verteidigung ist. Es geht dann immer ganz schnell nach dem Motto "Wer sich verteidigt, klagt sich an." Die Atmosphäre ist sofort vergiftet.
Die Linken sind einfach auch, dass Spiegelbild der Gesellschaft! ( … mit Mobbing, Klugscheißern, schwarz - weiß - dummdenkern, Waffenfreunden usw. ) Aber gerade JETZT wo man sie dringend braucht, speziell Pazifismus – da zerbröseln sie, das ist schlimm und verantwortungslos!
Was keinen Staatsanwalt interessiert hat auch mich nicht zu interessieren. Unter Primaten: Eine Ohrfeige hat schon manche Situation entschärft oder geht es etwa um ganz andere Dinge? Auch dafür gibt es konventionelle Lösungen auf Augenhöhe.
Ich wundere mich eigentlich über nichts mehr. "Wer sich verteidigt,...", bringt es wohl auf den Punkt.
Habe gerade was zum Gerichtsprozess zwischen Depp und Heard gelesen. Der Konflikt ist ja nicht so fern vom Thema. Dort sich eigenartigerweise doch Erstaunliches. Sie scheint wohl unter borderline zu fallen. Letztlich, wie so Vieles, einfach nur tragisch.
"Wie soll ich als Feministin eine Partei wählen, deren Vorsitzende es nicht schafft, sexuellen Missbrauch zu erkennen, der vor ihren Augen stattfindet?"
Feministen können ja immer noch die anderen Parteien wählen. Die haben zwar keine strengen quotierten Redner*innenlisten, Quotenregelungen, ein Frauenplenum mit Interventionsmöglichkeiten, und Vertrauenspersonen...aber Sexismus, na so was gab es ja in der Union/FDP oder SPD/Grüne ganz bestimmt noch nicht.
Davor schützen ja die christlichen Werte, oder der sozialdemokratische Ehrenkodex. (lol)
"Was keinen Staatsanwalt interessiert hat auch mich nicht zu interessieren."
Das halte ich für ein gefährliches Argument. Für den Missbrauchs-Sumpf der katholischen Kirche hat sich bis heute noch kein deutscher Staatsanwalt interessiert.
Ich finde es gut, dass Wissler nicht zurücktritt, iher Stellungnahme wirkt auf mich erstmal glaubhaft. Ich finde es aber auch notwendig, dass die Linke sich mit diesen Vorwürfen auseinandersetzt.
Parteien sind, wie Kirchen oder Firmen, hierarchisch aufgebaut. Da gibt es nicht immer eine Lösung auf Augenhöhe.
Wann immer die "kulturelle Überformung" in Konflikt zum Kleinhirn gerät, verliert die Überformung. Man kann natürlich zu Mitteln greifen, wie sie von Huxley beschrieben wurden, aber die sind offenbar mit anderen Problemen verbunden. Will sagen, das Problem des "strukturellen" Sexismus ist unlösbar, da es unlösbar mit dem "individuellen" Sexismus verknüpft ist. Natürlich kann man ein bisschen Flickschustern. Aber seit wann haben Gesetze das Verbrechen ausgerottet, oder Moral persönliche Bösartigkeiten?
"Was keinen Staatsanwalt interessiert hat auch mich nicht zu interessieren."
Das ist keine Aufforderung zur Unterlassung der Strafverfolgung oder gar zur Rechtsbeugung. Es ist einfach nur die Aufforderung, sich nicht in fremde Privatsphären einzumischen. Da mache ich nicht mit. Aus Tratsch kann Mobbing werden, vor allem, wenn man unvollständig informiert ist. Für gravierende Verstöße gibt es ja Gesetze. Und die sind ernst zu nehmen.
So, so: "Es darf nicht erlaubt sein, dass eine Fraktionsvorsitzende mit einem Fraktionsmitarbeiter zusammen ist. Entsteht eine solche Beziehung, muss eine*r der Beteiligten seinen Job wechseln."
Und da ist er wieder. Der Genosse Stalinismus. In den 1950er und 1960er jahren war es in der ddr üblich, dass dann wenn solche fälle der "parteischädlichen verquickung von persönlichen und arbeitsmässigen beziehungsverhältnissen" bekannt wurden, beide ihrer funktion enthoben und zur bewährung in die "produktion" geschickt wurden.
Bravo Genn. Schramm: Vom Genossen Stalin lernen heisst siegen lernen!
Wer meint ... er,sie,es ... müsse in diesen Zeiten noch was mit Sex² aufarbeiten, hat den Schuss nicht gehört ...
Was sollten sie sagen?
ok, sie könnten sagen, dass das Thema hauptsächlich der Ablenkung dient. Aber der Ältestenrat hat sich ja so schon genug Ärger eingehandelt.
Ich vermute, die hätten schon was zu sagen. Aber vielleicht kapitulieren sie eben auch vor dem Zeitgeist.
Was kann Modrow, Jahrgang 28, letztlich auch noch sagen? Seinen Teil denken wird er sich allemal. Die Jungen müssen es halt ausfechten. Schaffen die das nicht, wars das dann eben.
Bei Jugendlichen zwischen 16 und 18 geht der Gesetzgeber dagegen grundsätzlich davon aus, dass sie eigenverantwortlich über sexuelle Kontakte entscheiden können. Deshalb sind sexuelle Handlungen nur strafbar, wenn der Täter sie "unter Ausnutzung einer Zwangslage" verübt. Dies kann dem Standardkommentar zum Strafgesetzbuch zufolge etwa die Notsituation eines Drogenabhängigen sein; nicht hingegen das "zwingende" Bedürfnis, eine Wahl zum Topmodel zu gewinnen.
So ist die Rechtslage. Da kann man einen Skandal herbeireden, wie man will.
Gibt es eigentlich Untersuchungen, die zeigen, dass solche Arten des Missbrauchs besonders in Parteien auftreten, weil sich dort auf Grund der Persönlichkeitsstukturen bestimmte Persönlichkeiten tummeln?
Was mir im Interview wieder deutlich ins Auge gesprungen ist, ist der Ruf nach Experten. Was ist das für eine Welt in der wir leben, die Ihre Probleme vermeintlich nur noch durch Experten lösen kann? Was ist dann eigentlich noch die Rolle der Politiker und ab wann braucht man Experten?
Ja, Die Linke geht sich seit Jahren ständig "selbst an die Gurgel". Jetzt muss sie aufpassen, dass aus dem "Sexismusskandal" keine Parteizerstörung wird. Man kann den überstrapazierten Kalenderspruch "Jede Krise ist auch eine Chance" bemühen und sehen, dass ein offensiver und fairer (!) Umgang zu einem Vorteil gereichen kann. Man darf, um nicht selbstzerstörerisch zu agieren, nicht mehr aus der Sache machen, als sie ist. Dass eine Vorsitzende ohne direkt involviert zu sein sofort zurückzieht, ist schwach. Man könnte den Eindruck haben, die bisher nicht so glücklich agierende Hennig-Wellsow habe eine passende Gelegenheit für einen Rückzug genutzt. Und nicht zuletzt hat Die Linke wenigstens auch junge Frauen. (Wer sollte hingegen bei SPD oder Union sexuell belästigt werden?) Jetzt muss die Partei nur sehen, diese zu halten und den entsprechenden Vorteil daraus zu gewinnen.
Dieser Rücktritt der Interviewten soll doch eine Distanzierung zeigen, obwohl da ja eher eine andere Art der Einflussnahme angezeigt wäre im Sinne ihrer Partei.
Nein, das "naiv" in der Überschrift ist falsch. Wenn eine junge Frau neu in einer Vertrauensgruppe der Linken im Herbst 2o21 anfängt das Problem sexueller Belästigungen und Übergriffe auch in der Linken zu thematisieren und vielleicht auch aufzuarbeiten, nachdem die #metoo Debatte seit Jahren scheinbar völlig an der Linken vorbei gegangen ist, dann ist das nicht Naivität an der sie gescheitert ist. Wer von den Altvorderen hat sie unterstützt oder besser wer hat dies warum nicht getan? Das Problem, das Bundestagsabgeordnete oder FunktionsträgerInnen in der Partei persönliche Beziehungen, auch sexuelle zu MitarbeiterInnen in Partei und Fraktion oder auch einfach nur zu jungen Frauen haben die neu in die Partei eingetreten sind, ist ja nicht neu. Ich bin seit 2015 im Kreisverband Hannover und LV Niedersachen, sowohl im Kreis als auch im Landesverband, war dieses Thema für alle sichtbar, immer vorhanden. Wenn ein Landesvorsitzender und Bundestagsabgeordneter eine junge Genossin mit zu einer Landesvorstandsitzung nimmt und gemeinsam in einem Hotelzimmer übernachtet, dann hat das jede/e der Altvorderen im Landesvorstand mitbekommen. Warum hat von diesen vermeintlich so starken Frauen niemand den Mund aufgemacht und laut und deutlich gesagt: "Es ist nicht Deine Aufgabe als Bundestagsabgeordeter junge GenossInen anzubaggern und flachzulegen". Ja der Sex war einvernehmlich, aber es war eindeutig Machtmißbrauch und hätte nie passieren dürfen, aber es ist jahrelang geschehen und es ist ja nicht bei dieser einen Frau geblieben und davor ist es ja auch schon passiert. Das im Kreisverband Hannover später ein Mitarbeiter seines Bundestagsbüros im Prinzip das Gleiche gemacht hat, macht die Sache nur noch schlimmer. Die Frauen mit denen ich gesprochen habe, sagten es wäre ihnen peinlich. Nein das muß es nicht, sie sind einfach schamlos ausgenutzt worden, von Männern die ihre Position mißbraucht haben und deren Handeln von anderen gedeckt worden ist. Ja und auch aus Angst davor sich eine anwaltliche Abmahnung einzuhandeln mit Androhung eines Zwangsgeldes, aber das könnte ihm jetzt doch noch unangenehm vor die Füße fallen. Ja der Fisch stinkt vom Kopf her und deshalb muß ein komplett neuer Bundesvorstand gewählt werden und das muß auch auf Landes- und Kreisebene fortgesetzt werden
In diesen Zeiten des Krieges und der Enteignung der weniger habenden durch Inflation brauchen wir unbedingt eine #metoo Debatte bei den Linken mit medialen Hinrichtungen, denn das ist das Gebot der Stunde.
Ich danke Elsa Koester daß sie sich so rührend um dieses Thema kümmert, denn es gibt wahrlich kein wichtigeres Thema für die politische Linke. Schade daß man bisher Sahra Wagenknecht noch keine sexuellen Übergriffe anhängen konnte.
(Sarkasmus Ende)
Die Koester muss ja auch von irgendwas leben.
!!!
>>Ja der Sex war einvernehmlich, aber es war eindeutig Machtmißbrauch und hätte nie passieren dürfen, aber es ist jahrelang geschehen<<
Ich nehme mal an die Mädels waren > 18?
Was ist dann der Unterschied zu jemandem, der Sänger*in werden möchte oder Model*in?
Die Partei sollte sich eher Gedanken machen, was solche Menschen in DIESER Partei wollen.
"Es darf nicht erlaubt sein, dass eine Fraktionsvorsitzende mit einem Fraktionsmitarbeiter zusammen ist. Entsteht eine solche Beziehung, muss eine*r der Beteiligten seinen Job wechseln."
Das ließe sich Stück für Stück bis in die kleinste organisatorische Gliederung herunterdeklinieren, so dass im Endeffekt aus Paaren nur eine Person Funktionen übernehmen darf. Bzw. wenn sich dann ein Paar findet, eine Person aus der Funktion ausscheiden muss.
Was für eine krude Vorstellung. Lernt mit den Problemen umzugehen anstelle Euch organisatorische Mittel auszudenken.
Zitat: "... denn es gibt wahrlich kein wichtigeres Thema für die politische Linke. Schade daß man bisher Sahra Wagenknecht noch keine sexuellen Übergriffe anhängen konnte.
Frau Wagenknecht ist Geburtsjahrgang 1969 und damit schon etwas "älter" obwohl es zweifelohne auch Männer gibt, die auf reifere und erfahrene Frauen stehen.
Wenn eine Frau allerdings "nein" bzw. "ich will nicht" sagt, dann sollten Männer das nicht als "ja" bzw. "ich will doch" uminterpretieren. Das gilt unabhängig vom Alter für alle Frauen und für alle Parteien und da gibt es auch nichts zu diskutieren. Richtig ist: Für die Partei "Die Linke" sollte es in diesem Lande in der Tat wichtigere politische Themen geben.
Nein, es war kein Übergriff während einer Parteikonferenz in Hannover auf dem Parkplatz beim Freizeitheim Ricklingen in Hannover. Ich weiß nicht was den RaucherInnen vor der Tür durch den Kopf gegangen ist, als sie es natürlich alle mitbekommen haben, notgeil würde ich sagen
ja es gibt wichtigere Dinge, aber in Ordnung war es trotzdem nicht und man darf schon fragen, was solche Männer in dieser Partei wollen, die jedem Rock hinterher laufen und ihre Position ausnutzen. Eine junge Frau die in der Partei die Linke aktiv werden will, ich sicherlich nicht in die Partei eingetreten um Sängerin oder Model zu werden.
Ich weiß nichts von einem Parkplatz in Hannover und davon habe ich nichts geschrieben.
Ich weiß nicht ob da einvernehmlicher Sex stattgefunden hat oder nicht und unterlasse eine Wertung, dies maßen sich ja andere an. Mich regt nur diese selbstgerechte Frau Köster auf, denn die be- und verurteilt mal wieder. Nach dem Motto: Hauptsache die Linke wird kleingehäckselt !
Wenn sie schon so moralinsauer ist, dann kann sie ja mal überlegen wieviele Menschen durch Waffenlieferungen der Grünlinge an die Ukraine sterben.
Was Selbstgerechtigkeit betrifft können sich viele Männer in der Linken an die eigene Nase fassen. Bei der Gründungskonferenz in Hannover gab es quotierte Wahllisten, die Zahl der Frauen die kandidiert haben war überschaubar, aber der Andrang der Männer war groß. Für 15 Delegiertenplätze zum Landesparteitag gab es 40 Kandidaten, die meisten über 50 Jahre, nicht wenige von denen man in der Aufbauphase wenig gesehen und gehört hat. Ja die Linke kommt in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gut weg, aber das hat sie sich selbst zuzuschreiben. Die Linke hat es jahrelang versäumt die #metoo Debatte in den eigenen Reihen zu führen und jetzt fällt sie ihr zur Unzeit vor die Füße, aber das ist ja immer so. Viele haben es gewußt, aber nichts gesagt und auch nichts gemacht. Wenn ein Bundestagsabgeordeter auf Kritik mit Androhung einer einstweiligen Verfügung mit Zwangsgeld in beträchtlicher Höhe gegen eine Kollegin aus der eigenen Fraktion arbeitet, sagt das viel über das Klima in der Fraktion aus, da war nichts von innerparteilicher Solidarität. Ich erinnere nur an die Gesänge auf dem Göttinger Parteitag als Bartsch nicht gewählt worden ist, "ihr habt den Krieg verloren" widerlich.
Es ist typisch für den Journalismus von Elsa Koester, dass sie nicht eine einzige Frage zum Kontext dieser ganzen Sexismus-Debatten stellt: Wem nützen sie? Sie nützen den Konkurrenzparteien der Linken, die ihre politisch korrekten Wähler haben wollen, ohne das politische Gepäck wie die Haltung der LINKEn in der Friedensfrage. Und es nützt irgendwelchen Journalisten wie Koester selbst, die damit in ihrer eigenen Echoblase bestätigen könnendass diese Themen wichtig sind. Wer dieses Thema, das der SPIEGEL von langer Hand lanciert hat, ernst nichmmt, dem ist echt nicht mehr zu helfen, oder er/sie hat eine politische Agenda.
Interessant ist in dem Zusammenhang welche Sexismusfälle Koester aufgrift, und welche nicht: Dass Sevim Dagdelen von Seibert und anderen Kipping-Dünglingen auf die widerwärtigste Weise angegangen wird, stört Koester nicht - das sind die falschen LINKEn. Das alleine zeigt die ganze widerwärtige Isntrumentalität dieser Debatte. Es geht nicht um Sexismus, es geht um den letzten Vorwand der ausgebreitet werden muss, warum die LINKe weg muss. Koester, lass endlich meine Partei in Ruhe und verp... dich zu den GRÜNEN.