Vom fehlenden Enthusiasmus deutscher Strafverfolgung und Stammtischen

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Seit 2009 laufen hierzulande Ermittlungen gegen die Verursacher der Finanzkrise. Wer mit Steuergeldern gezockt hat, gegen den wird ermittelt.

Die Deutschen Landesbanken zockten in dieser Liga kräftig mit, aber wie Prof. Karl-Joachim Schmelz, Wirtschaftsjurist sagt:

„Es geht nicht nur um einige gierige Investmentbanker. Es geht darum, dass eine ganze Berufsgruppe, eine ganze Wirtschaftssparte sich verantwortungslos verhalten hat und dadurch unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem fast in den Abgrund geführt hätte. Nur dadurch, dass Staat und Bürger Garantien und Bürgschaften in Höhe von Hunderten von Milliarden übernommen haben, konnte da bisher der Zusammenbruch verhindert werden. Deswegen ist nicht zu verstehen, warum gegen diese Personen nicht ermittelt, jedenfalls keine Anklage erhoben wird. Während gegen jeden kleinen Taschendieb mit der ganzen Macht des Staates vorgegangen wird.“

Leider treten die Ermittlungen auf der Stelle:

Richtern und Staatsanwälten mangelt es an unterstützendem Personal, an Mitteln. Und den Verteilern dieser Mittel in den Landesregierungen mangelt es am Willen die Strafverfolgung mit dem notwendigen Etat zu versorgen. Monitor berichtete am 29.3.2012 darüber:

www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2012/0329/banken.php5

Welch seltsamer Zufall ist es doch, das gerade die Aufsichtsräte der Landesbanken lange Zeit auch die Nebeneinkünfte verdienter Landespolitiker einfuhren. Lange Zeit zeigte sich, nicht nur die Landespolitik gern Arm in Arm mit den Riegen der Ach so Erfolgreichen Spitzen der Banken. Nun werden derartige Fototermine gern vermieden.

Bei unseren amerikanischen Freunden wurden, im Selben Zusammenhang, 1000 FBI-Agenten zusätzlich eingestellt, Staatsanwälte durchkämmten die Großbanken, der Kongress veranstaltete Anhörungen. Bisher kam es zu 57 Verurteilungen von Bankmanagern.

Hierzulande erst einer, obwohl die Deutsche Bank zu den Spitzenreitern im Derivat-Handel zählte und ein Herr Ackermann immer gern seine Scherze mit den Kreis-Ligisten der Bänker trieb. Schon merkwürdig, oder?

Der einzige Staatsanwalt der mit Monitor sprechen wollte ist 63 Jahre alt und in Baden-Württemberg mit Ermittlungen beschäftigt. Gelegentliche Hilfe kann er sporadisch aus fünf verschiedenen Abteilungen rekrutieren.

Seine Gegenseite besteht aus Anwälten deren Stundensätze bei 10.000 Euro liegen. Die können ihm auch schon mal, über Nacht, dass 1800 Seiten Gutachten eines renommierten Universitätsprofessors präsentieren. Seit drei Jahren ermittelt er, seine Vorstellung von Gerechtigkeit treibt ihn an, sagt er. An eine Anklageerhebung ist noch lange nicht zu denken.

Auf welcher Position der Korruptions-Skala soll Deutschland bei Transparency stehen?

Die Vermutung liegt nahe, das entweder die Verjährung eintritt, oder die Lebenserwartung der mutmaßlich nicht Unschuldigen vor Prozessbeginn überschritten ist. Das mit der Gerechtigkeit lassen wir uns dann, bei Gelegenheit einmal, von Gauklern erklären.

Sollte es wider Erwartung, in ferner Zukunft, doch einmal zu Verurteilungen kommen, wird es sicherlich an standesgemäßen Haftanstalten mangeln. Auch die Mittel dafür werden in der Systemrelevanz versickert sein.

Dann können sich die Stammtisch-Besatzungen endlich wieder an den Sozialschmarotzern warm trinken.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

fahrwax

Lieber auf dem Wagen, als unter den Rädern.... Bekennender, autonomer Pferdeknecht

fahrwax

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