Berührt die Brüste!

Video Können Pornos Leben retten? Der Clip „Latin boobs – touch your beloved ones“ versucht es. Männer lernen, Brustkrebs bei Frauen zu erkennen
Ausgabe 23/2015

Auf den ersten Blick sieht alles aus wie ein ganz normales Pornovideo für Hetero-Männer. Eine schlanke Frau zieht ihr Hemd aus, öffnet ihren BH. Ihr Gesicht sieht man nicht, dafür ihre großen Brüste in Nahaufnahme. Von hinten kommt ein Mann, massiert ihre Brüste mit eingeölten Händen. Dazu läuft Dudelmusik.

Plötzlich gibt es eine Filmstörung und ein Schriftzug erscheint: „Dies ist kein Erotik-Video.“ Und dann: „Dies ist eine Anleitung zu einer Brustkrebsuntersuchung.“ Anschließend sieht man die gleichen Szenen noch einmal, allerdings ohne Musik, dafür mit Erläuterungen. Eine männliche Stimme aus dem Off erklärt: Achten Sie auf Unregelmäßigkeiten an der Haut. Befeuchten Sie Ihre Hände und tasten Sie die Brust ab, von der Mitte nach außen und anschließend im Kreis. Untersuchen Sie die Region unter den Achseln, dort können sich Knoten befinden.

Das Video wurde auf die Internetplattform Pornhub hochgeladen, der Titel: Latin boobs – touch your beloved ones. Mehr als drei Millionen Menschen haben es angesehen. Jetzt ist es auch auf Vimeo zu sehen, allerdings mit der Ankündigung, dass es sich um einen Fake handelt. Der neue Titel: Porn can save lives – Porno kann Leben retten. Produziert hat den Clip ein gynäkologisches Zentrum aus Bolivien.

Was zählt: Erfahrung und Statistik

Bleibt die Frage: Braucht es für die Aufklärung über Brustkrebs wirklich ein Pornovideo? Die Macher begründen ihre Wahl mit Erfahrung und Statistik: Viele Kampagnen hätten an Frauen appelliert, sich regelmäßig selbst zu untersuchen – doch die Aufforderungen blieben weitgehend erfolglos. Daher sollen es nun die Männer richten. Und wie erreicht man die? 95 Prozent schauen Pornos!

Nun sind vielleicht einige von ihnen verärgert, wenn der Clip so plötzlich abbricht. Doch der Überraschungseffekt ist ein nützliches Mittel, um Menschen zum Umdenken zu bewegen, das wissen Werbepsychologen schon lange. Spätestens am nächsten Tag ist der Ärger verflogen und der eine oder andere denkt dann ernsthaft über Vorsorge nach. Eines ist zumindest sicher: Der Clip wird ihnen in Erinnerung bleiben.

Werden Frauen im Video zum Objekt degradiert? Völlig abwegig ist dieser Vorwurf nicht. Trotzdem: Andere Clips sind ähnlich, und wer auf Pornhub ist, guckt die sowieso. Zudem kann der Bruch in der Mitte des Videos auch zum Nachdenken über Sehgewohnheiten anregen. Denn letztlich zeigt der Clip: Frauen sind Menschen, die auch krank werden können, die nicht immer nur „funktionieren“.

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