Streit um ehemalige Klinik in Prag

Hausbesetzung In Prag haben AktivistInnen aus einer alten Klinik ein autonomes soziales Zentrum gemacht. Ihnen droht die Räumung.

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Im Prager Distrikt Žižkov haben AktivistInnen eine nicht mehr betriebene, leerstehende ehemalige Lungenklinik besetzt und zu einem autonomen sozialen Zentrum gemacht.

Nachdem jene die Klinik am 29. November 2014 in Besitz genommen haben, wurde die Klinik nach kurzer Zeit zum ersten Mal geräumt. Die AktivistInnen haben viel Solidarität erfahren und betreiben seitdem sie wieder eingezogen sind weiterhin ihr vielfältiges kulturelles und soziales Programm, das etwa Sprachkurse, Ausstellungen, Diskussionen, Filmvorführungen und Universitäts-Vorlesungen umfasst.

Die zahlreichen bisher mit der Stadt und der Regierung geführten Verhandlungen haben bisher nicht zu einer legalen Einigung geführt. Aus aktuellem Anlass hat das Kollektiv nun auf der UnterstützerInnen-Facebook-Seite "Let Klinika Breath" des Autonomous Social Centre Klinika in Prague folgende Erklärung geteilt (Original in Englisch, hier meine Übersetzung ins Deutsche):

"Erklärung des Klinika-Kollektivs:
Wir wollen keinen Konflikt,
wir wollen keine Straßenblokaden der Polizei auf der Jesenius-Straße, keine blendenden Lichter und keinen ohrenbetäubenden Lärm von Sägen und Presslufthämmern, die uns und unsere Nachbarn aufwecken. Wir wollen ein vom Staat unbenutzt gelassenes Haus nutzen, um legal ein autonomes soziales Zentrum zu betreiben. Wir wollen weitermachen mit Lesungen, Debatten, Sprach-Kursen, dem Eltern-Club, der Bar, damit Unterkunft für Bedürftige zu sein und anderen Aktivitäten, die wir seit mehr als einem Jahr kostenlos durchführen ohne Spenden von reichen Sponsoren, Zuschüssen oder Staats-Spenden. Das ist unmöglich gemacht worden durch die wiederholten Versuche des Amts für Regierungsvertretung in Regierungsangelegenheiten uns zu vertreiben und unsere Aktivitäten zu stoppen.
Nach dem Motto „wir haben Recht auch wenn es keinen Sinn macht“, hat das Amt wiederholt die Polizei beauftragt, das Haus zu räumen. Die Polizeieinsätze haben bereits erhebliche Kosten für das Staatsbudget verursacht, und hat für wesentliche Schäden am Gebäude gesorgt, das wir seit über einem Jahr versucht haben zu sanieren. Das Amt verschwendet somit indirekt Steuergelder und entwertet das Eigentum, das es managen soll. Die Absurdität der Situation wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass die Stadt Prag bereits Interesse signalisiert hat, Besitzerin des Staatseigentums zu werden. Anstatt diese Möglichkeit, diesen unnötigen Posten loszuwerden, drängt es die Polizei, in sinnloser Weise zu intervenieren. Ist es das, wie verantwortliches Eigentums-Management aussieht?

Warum werden wir das Gebäude nicht verlassen? Wir wollen die Aufmerksamkeit für das Thema nicht geringer werden lassen, wie in der Vergangenheit geschehen. Villa Milada, ein Gebäude, das zuvor von Hausbesetzern besetzt worden ist und von der Polizei geräumt wurde, verfällt in den Händen des Staates. Wir wollen den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit auf das Problem der Nutzung aufgegebener Gebäude lenken. Wir wollen nicht von den Behörden wegen unserer politischen Überzeugungen ignoriert werden. Wir wollen diesen Raum erhalten, der eine Basis für unsere Aktivitäten darstellt. Wir wollen einen legalen Vertrag mit dem Staat oder der Stadt. Wir wollen Menschen helfen, einen Ort zu schaffen, der ihre Träume erfüllt unabhängig von ihrer finanziellen Situation, Hautfarbe, Gender, Herkunft oder sexueller Orientierung. Wir wollen ein autonomes Znetrum mit einer echten Graswurzel-Demokratie.
Der Staat weiß mit dem Gebäude nichts anzufangen, aber weiß, dass er hier kein auonomes Zentrum haben will. Wir weigern uns, das zu akzeptieren."

(Quelle: https://www.facebook.com/Let-Klinika-breathe-1720167194871146/?fref=ts /)

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Geschrieben von

Ferdinand Liefert

Dipl.-Theologe (Studium in Greifswald / Marburg / Interreligiöses Studienprogramm in Kyoto ).

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