“Das ist ein Polizeistaat hier”

Ai Weiwei China, das Reich der Mitte. “Volksrepublik” – so ist die Staatsform. Sozialistisches, autoritäres Einparteiensystem- so nennt sich das Regierungssystem.

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China, das Reich der Mitte. “Volksrepublik” – so ist die Staatsform. Sozialistisches, autoritäres Einparteiensystem- so nennt sich das Regierungssystem. China, ein Land zwischen ökonomischen Aufbruch und totalitärer Rechtslosigkeit. Die Kommunistische Partei Chinas regiert über mehr als 9,5 Millionen km² und 1,34 Milliarden Menschen. Immer öfter zeigt sich das Land geschlossen und ambitioniert, doch dabei werden kritische Stimmen einfach unterdrückt oder weggesperrt. Zensur wird in China großgeschrieben und den Begriff Rechtsstaat kennt man nur vom Hörensagen.

Müssen Künstler politisch sein? Wenn es nach Ai Weiwei geht, sollten sie zumindest politisch interessiert sein und eine Projektionsfläche für Kritik bilden. Ai Weiwei, der wohl größte Regimekritiker Chinas, jedenfalls ist durch seine unzähligen Aktionen immer populärer geworden. Mit seiner Popularität wuchs aber nicht nur die Anerkennung, sondern auch die Repressionen, die der Staat gegen ihn anwendet.

“Keiner sagte mir, warum ich wirklich verhaftet wurde”

Eine seiner größten Aktionen war die, als er nach den schweren Erdbeben im Jahr 2010, bei dem vorallendingen Schüler in maroden Schulen ihre Leben verloren, das Ziel setzte, alle Namen der umsleben gekommenen Schüler zu sammeln. Über Twitter trudelten fast sekündlich immer neue Namen ein. Ai Weiwei erstellte Namenlisten am Computer, druckte sie aus und hing sie an der Wand auf. Es sollten schließlich alle Namen zusammen kommen. “Eigentlich ist das die Aufgabe der Regierung, die Namen der umgekommenden Schüler und Schülerinnen ausfindig zu machen.” Mit dieser Aussage hat Ai Weiwei wohl recht – so argumentiert er doch aus der Sicht westlichen demokratischen Grundwerten. In China sieht es an offenbar anders aus: Die Regierung versucht die Zahl der Opfer möglichst gering zu halten, die Schwachstellen der baufälligen Schulen sollen vertuscht werden. Viele Menschen in China geben klein bei und bleiben lieber stumm, um nicht ins Fadenkreuz der chinesischen Regierung zu gelangen. Ai Weiwei kann das jedenfalls nicht mehr abschrecken. Schon lange lässt er sich nicht mehr kleinkriegen und verpackt dabei seine Kritik in Kunst.

Steuernachzahlungen und Untersuchunshaft

Dass Ai Weiweis Aktivismus nicht nur auf Gegenliebe stößt ist nicht verwunderlich. Immer wieder sieht er sich mit der chinesischen Polizei konfrontiert. Mittlerweile wird sein Haus von unzähligen Kameras observiert – wenn Ai Weiwei das Haus verlässt wird er mit einer Handkamera gefilmt. Doch anstatt sich über diese

Schikanen zu wehren, drehte Ai Weiwei den Spieß einfach um. Er installierte in jedem Raum seines Hauses Kameras. Die Bilder waren über das Internet aufrufbar und so macht Ai Weiwei mit seiner Aktion deutlich, dass er nichts zu verheimlichen hat. Er ist nur ein aufgeweckter Bürger, der seinem Land einen Stoß in die richtige Richtung geben will. “Seht her, schaut euch an was ich den ganzen Tag mache. Ich habe nichts zu verbergen” – das ist seine Antwort zu den repressiven Maßnahmen.

Anfang des Jahres musste Ai Weiwei für 81 Tage in Untersuchungshaft. Eine offizielle Anklage hat es nie gegeben, ein Grund für die Untersuchungshaft gab es auch nicht. Ai Weiwei hat gewusst, dass die Zeiten härter werden würden, doch sein Ansporn schöpft er aus dem Glauben an eine gerechtere Gesellschaft in China – und blieb den Weg der ewigen kritischen Kunst treu.

Die ewigen Repressionen

Auch wenn man den beispiellosen Ansporn in Ai Weiweis Augen nicht in Frage stellen kann, so sieht er sichtlich erschöpft und geschafft aus. Die letzten Jahre waren wohl sehr ansprengend und kraftrauben. Atemlosigkeit macht eben müde. Wer mehr über Ai Weiwei und seine Aktionen erfahren möchte, dem ist der Dokumentarfilm “Ai Weiwei – Never Sorry” ans Herz zu legen. Der Zuschauer erhält ein Einblick in Ai Weiweis Denkweisen und Aktionen: Gebündelt und spannend präsentiert. Momentan läuft er in zahlreichen alternativen Kinos in Deutschland.

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