Waffenschatzmeister feiern Rekorde

Aufrüstung 2,3 Billionen Euro: Unvorstellbar viel Geld für den Irrglauben, Waffen würden irgendwas besser machen.

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So viel wie noch nie zuvor hat man im vergangenen Jahr in Tötungsgerät reingebuttert: Geld, Ressourcen, Energie.
Rekorde werden gebrochen.
Bereits zum neunten Mal in Folge übertrafen die Zahlen 2023 die Aufwendungen des Jahres davor. Militärausgaben auf Höchststand.
Das geht aus dem aktuellen Bericht des Forschungsinstituts SIPRI hervor.
„Und ein Ende scheint nicht in Sicht“ lautet dann noch die Einschätzung in Richtung Zukunft.
2,3 Billionen Euro für Aufrüstung hat diese Welt im letzten Jahr aufgebracht, das ist eine Zahl mit zwölf Nullen hintendran.
Eine Billion: Das sind 1000 Milliarden.
Und eine Milliarde: 1000 Millionen.
Unvorstellbar viel Geld.

Eine Grafik, die den Anteil an den globalen Militärausgaben nach Ländern aufschlüsselt, zeigt einen orangefarbenen Balken auf Platz 1, der hervorsticht wie Pinocchios Nase. Dreimal länger ist er als derjenige auf Platz 2.
Platz 1 belegt natürlich die USA (37 %), mit erheblichem Abstand gefolgt von China (12 %) und Russland abgeschlagen auf Platz 3 (mit 4,5 %).
So schaut es aus auf dieser Welt.

2,3 Billionen Euro - und auf der anderen Seite:
So viele hungrige, darbende Menschen, so wenig Spielraum für Soziales, Bildung, Infrastruktur, dazu die immense Umweltproblematik, zerstörte Natur, Flucht und Vertreibung…
Im Moment, da eine generelle Kooperation gefragt wäre, um den Raubbau an so ziemlich allem einzudämmen, fällt den Verantwortlichen nichts Besseres ein, als die Waffenschatzkammern bis unters Dach anzufüllen und martialische Signale auszusenden.
Es dürfen sich hier sämtliche Akteure des derzeitigen Weltgeschehens an die eigene Nase fassen.
Wie rechthaberisch kleinlich ist man, wo man angesichts eines großen Ganzen verständnisvoll versöhnlich sein sollte!
Als würde man um die Fassadenfarbe streiten, während das Haus brennt.
Wie unglaubwürdig auch das ganze Gerede vom Klima und dass von daher noch nicht mal ein vergnügliches Silvesterfeuerwerk drin sein sollte – und dann blasen die kriegerisch alles in die Luft, was geht. Nicht zum Vergnügen, sondern um zu töten und zu zerstören, wohlgemerkt.
Jede private Autofahrt fast schon ein Frevel, ein allzu tiefer ökologischer Fußabdruck – und dort rollen unaufhörlich die Panzer vom Band, in die Welt hinein, machen alles platt.
Von Panzern, Bomben Raketen reden die Klimaaktivisten kaum je, dabei ist das Militär ein erheblicher Faktor in Sachen Umweltschädigung.
Verrückt.

Ebenso verrückt:
Es gibt Leute, die immer nur den Kopf geschüttelt haben über die USA, wo die Einwohner mehr Schusswaffen besitzen als in jedem anderen Land der Welt, und wo dann auch mehr Menschen durch Waffengebrauch sterben als in jedem anderen Land.
Dieselben Leute sind es nun oft, die diese Unlogik freimütig auf die globale Ebene übertragen wollen und meinen, wenn nur jedes Land bis an die Zähne bewaffnet ist, wäre damit einer Sicherheit gedient.

Das Versprechen, dass mehr Waffen diese Welt sicherer machen würden, erfüllt sich indes natürlich nicht.
Jahr für Jahr erklimmen die Rüstungsausgaben immer neue Rekorde – aber so schlecht wie heute sah es in puncto Sicherheit und Frieden kaum jemals aus.
"Dass die Ausgaben so hoch sind wie nie und so drastisch angestiegen, spiegelt die sich verschlechternde Lage auf der Welt wider", sagt der SIPRI-Analyst.
Staaten rüsteten auf und setzten auf militärische Stärke statt auf Diplomatie.
"Sie wählen Wege, die zu Eskalation statt Deeskalation führen. Das ist sehr besorgniserregend für die ganze Welt."

Man gewinnt den Eindruck, die Verantwortlichen hätten sich gewaltig verirrt, finden den Weg zurück nicht mehr. Stolpern nur noch vorwärts auf den abtrünnigen Pfaden der ewigen Eskalation, ohne sonderlich weit zu sehen, wohin.
Aufrüstung, Härte, Angst… eine Spirale setzt sich in Gang, die sich verselbständigt.
Immer mehr Waffen fordern sie und schauen dann erstaunt auf die Welt, die dann vermehrt Waffen abfeuert und an allen Ecken brennt.
„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten“, lautet ein Zitat, das Albert Einstein zugeschrieben wird.

So ist sie vielleicht wahnsinnig, diese Welt, die aufrüstet, als gäbe es kein Morgen, auf dass es vielleicht wirklich keins gibt.
Seit ihrer Einführung im Jahr 1947 stand die Atomkriegsuhr oder Weltuntergangsuhr („Doomsday Clock“), die anzeigen soll, wie groß das aktuelle Risiko einer globalen atomaren Katastrophe ist, NOCH NIE näher an der finalen Zwölf.
Im Jänner 2023 stand diese Uhr schon auf 90 Sekunden vor Aus-die-Maus und seitdem ist ja schon wieder viel passiert.
Keine Ahnung, ob man die Uhr zwischenzeitlich noch weiter vorstellen musste nach Gaza und Israel und jetzt auch Iran. Es wird darüber nicht halb so eifrig berichtet wie etwa über die Eröffnung von noch einer Rüstungsfabrik, bei der der deutsche Kanzler feierlich den ersten Spatenstich tut.

Noch etwas habe ich erst gestern in den Nachrichten gelesen:
Eine großangelegte Studie hat gezeigt: Polizeipräsenz steigert das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung NICHT.
Im Gegenteil: Sähen Menschen beim Blick aus dem Wohnungsfenster häufiger die Polizei, könne sich das negativ auf das Sicherheitsgefühl auswirken. „Es scheint die Meinung vorzuherrschen: Wo Polizei ist, da passiert auch was.“
Ich glaube, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
Seitdem bei uns in der Innenstadt ständig große Polizeiautos herumstehen (seit Corona ist das so), bin ich fortwährend in Habachtstellung und erwarte nichts Gutes.
Ich glaube, die Berichte von der Aufrüstung und der Artikel von der Polizeipräsenz beschreiben etwas sehr Ähnliches.

Ziemlich sicher bin ich mir: Eine gute, friedlichen Welt gestaltet man nicht mit Waffen.
Die Grundprobleme unserer Zeit bleiben ungelöst.
Waffengewalt kann diese Probleme nicht lösen, nur in die Länge ziehen, verschlimmern.
Armut, Elend, soziale Ungerechtigkeit, ein Wettbewerb, der nur auf Geldnoten schaut und nicht auf Mensch und Natur…
Alles das führt mehr oder weniger direkt hinein in den Krieg, in die Kriege.
Da sind wir nun und es fällt uns nichts weiter ein als nur immer neues Tötungsgerät aufzutürmen.


Quellen:

https://www.n-tv.de/politik/Ukraine-Krieg-treibt-weltweite-Militaerausgaben-auf-Hoechststand-article24890574.html

https://www.orf.at/#/stories/3355130/

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ruestungsausgaben-nato-sipri-100.html

https://www.zeit.de/wissen/2023-01/krieg-ukraine-weltuntergang-uhr-atomwaffen

https://www.tagesschau.de/inland/verteidigungspolitik-ruestung-waffen-100.html

https://www.orf.at//stories/3355205/

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