Mehr Kriege, weniger Friedensdemo

Engagement für den Frieden? Das Engagement für den Frieden ist offenkundig weniger, nicht mehr geworden.

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Gestern wieder große Friedensdemo in Berlin.
Bei der letzten großen Berliner Friedensdemo im Februar des Jahres, zu der ich auch selbst extra angereist war, hatten die Veranstalter noch 50.000 Teilnehmer gezählt; die Medien und die Polizei wollten damals nur 13.000 gezählt haben.
Und gestern, neun Monate später:
20.000 Demonstranten laut Veranstalter, laut Polizei 10.000. *
Das Engagement für den Frieden ist offenkundig erheblich weniger, nicht mehr geworden.

Dagegen haben sich seit der letzten großen Friedensdemo die Kriege nochmal vermehrt.
Jetzt geht es nicht nur vorrangig um die Ukraine, auch im Nahen Osten ist wieder offener Krieg ausgebrochen und es fragt sich einmal mehr: Immer weiter Waffen liefern ins Krisengebiet – oder was?
Was anderes scheint niemandem mehr einzufallen.

Nochmal ist die Welt angespannter, explosiver geworden.
Von allen Seiten tönt es: „Aufrüstung!“
Darin geht das meiste Geld auf, das an anderer Stelle natürlich fehlt, schmerzlichst.
Es wird hin und her gebombt, nur noch, oder es wird sich eifrig vorbereitet auf mögliches Hin- und Herbomben.
Gemeinhin gedacht wird hauptsächlich in Feind-Kategorien, die Strategie lautet Abschreckung.
Einschüchtern, verängstigen, drohen, die Muskeln spielen und die Waffen sprechen lassen: Es tönt die Sprache der Gewalt.
Wo man noch Verbündete hat, hat man sie vor allem gegen einen gemeinsamen Feind. Der soll, muss besiegt werden. Dauerkrieg an vielen Fronten.

Mehr Krieg, mehr Kriege und das Kriegerische sickert ein in die Gesellschaften, in ihre Worte und Gedanken – und wuchert dort immer weiter, schlägt Wurzeln und treibt Blüten.
Man merkt: Das Bemühen um Frieden, der störende Zwischenruf im bellizistischen Vorwärtsdrang, muss gar nicht mehr so arg diskreditiert werden wie noch zu Beginn des Jahres, wie es etwa bei der Februar-Demo von den Medien vorexerziert wurde.
Ganz von selbst bricht sich der Widerstand gegen das Kriegerische mit der Zeit, die nur immer martialischer voranschreitet.
Die Stimmen für den Frieden, für einen anderen, friedlichen, gemeinsamen Weg, Stimmen gegen Krieg und Aufrüstung, sie scheinen zu verstummen und verlieren sich mehr und mehr.
Gegen das andere hat man ja doch kaum eine Chance.
Man sieht es allenthalben.
Nur noch halb so viele Friedensdemonstranten im Vergleich zu Februar, aber doppelt so viele Kriege.

* https://www.sueddeutsche.de/politik/demonstrationen-tausende-bei-friedensdemo-mit-wagenknecht-in-berlin-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-231126-99-80777

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