Der Alptraum von 1988 im Iran

Verbrechen verjährt nicht Massaker von 1988 im Iran aufarbeiten und „Vogel Strauß Politik“ zum Wohle von Millionen Iranern beenden

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1988 gab Ajatollah Chomeni eine Fatwa heraus, welche die politischen Gefangenen – fast alles Mitglieder und Sympathisanten der Volksmojahedin Iran (PMOI/MEK) sowie einige linke Opppositionsgruppen – zu Feinden von Gott (Mohareb) erklärte. Chomeni ließ damals außergerichtliche Komitees gründen, die im Schnellverfahren rund 30.000 Gefangene innerhalb von Monaten abschlachten ließen. Unter den Opfern waren bereits freigelassene und wieder inhaftierte Gefangene, Frauen, Kinder, Greise und schwangere Frauen.

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Dieses unfassbaren Menschenrechtsverbrechen vom Sommer 1988 sind bis heute nicht aufgearbeitet worden, auch wenn die Beweislage mittlerweile erdrückend ist. Tonbandmittschnitte, Memoiren, Zeugenaussagen und Aussagen von damals hochrangigen Vertretern des Regimes, die mittlerweile im Exil leben, lassen das Grauen mehr als real erscheinen und die Verantwortlichen von einst sitzen bis heute in zentralen Positionen des iranischen Regimes. Der aktuelle Justizminister Pour-Mohammadi gehörte zu den Todeskomitees, der heutige geistliche Führer Ali Chamenei war damals Präsident der Islamischen Republik Iran. Auch Rohani saß zu diesem Zeitpunkt in leitender Position des Regimes und ist zumindest ein Mitwisser gewesen.

Die Fatwa von Chomeni ist bis heute im Iran aktiv. Auch heute noch werden politische Gefangene als „Mohareb“ hingerichtet. Und wie damals sind es auch heute noch häufig Sympathisanten der PMOI, die für eine kleine Geldspende an den Widerstandssender oder das Verteilen eines Flugblattes wegen diesem Urteil an den Galgen wandern.

Die Aufrufe von Amnesty International, Human Rights Watch, Menschenrechtsaktivisten, engagierten Abgeordneten und Gruppen wie das Deutsche Solidaritätskomitee für einen freien Iran (DSFI), dem zahlreiche bekannte Ex-Politiker wie Rita Süssmuth oder Horst Teltschik sowie Bundestagsabgeordnete aus fast allen Parteien angehören, werden ebenso wenig gehört, wie die Aufrufe des Nationalen Widerstandsrates Iran (NWRI), des iranischen Widerstandes im Exil und natürlich auch die Bitten Zehntausender Familienangehöriger der Opfer im Iran.

Der UN Menschenrechtsrat tagt zur Zeit in Genf. Eigentlich müsste das Thema dringend auf die Agenda, weil eine Grundsatzentscheidung im Umgang mit dem iranischen Regime nach dem Atomdeal mehr als dringend ist. Es geht dabei nicht nur um das Massaker von 1988, sondern auch um 2700 hingerichtete Menschen im Iran unter Rohani, die höchste Hinrichtungsrate seit 25 Jahren und um die Verwicklung der Mullahs im internationalen Terrorismus vom Libanon bis hin nach Syrien.

Doch der Bundestagsauschuss für Menschenrechte, welcher die Agenda in den Vereinten Nationen vorantreiben könnte, bleibt still. Und die Bundesregierung und seine Landesminister, wie Wirtschaftsministerin Aigner, haben sowieso mehr damit zu tun, das Kopftuch zu richten, bevor sie nach Teheran fahren oder wie man Rohani und Co. nach dortigen Gebräuchen die Hand schüttelt.

Es scheint bei der ganzen Frage mit dem Iran nur um ein Wort zu gehen: Renditen. Es geht schlicht und ergreifend um Aufträge für einige Konzerne und Großunternehmen, es geht um Flugzeuge, Gasspeicher und das Umgehen der US Sanktionen gegen iranische Banken. Dies treibt unsere Regierung um und nicht Ende der 80er Jahre in Massengräbern verscharrte Oppositionelle!

Es muss endlich Schluss mit diesem Irrsinn sein. Wir können nicht auf der einen Seite Volkswillen und Menschenwürde moralisch ganz oben auf dem Christbaum hängen und diesen dann emotionslos verbrennen, wenn uns jemand dafür 20 Euro gibt. Das Massaker an den 30.000 iranischen politischen Gefangenen muss endlich aufgearbeitet werden. Die Hinrichtungen im Iran müssen aufhören. Die Beziehungen müssen an eine Verbesserung der Menschenrechtslage im Iran geknüpft werden.

Es geht nicht um das Interesse von 1% des Volkes, sondern es geht um das Interesse des deutschen Volkes und es will, dass Massenmörder seine gerechte Strafe bekommen. Dafür gibt es unter anderem auch den Menschenrechtsausschuss im deutschen Bundestag und er hat gefälligst für die Gerechtigkeit von Zehntausenden Menschen aktiv zu werden! Jetzt!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

G. Tuellmann

Dr. Greta Tüllmann ist Publizistin in Berlin, Chefredakteurin der Frauenzeitschrift „go40 – Frauen gestalten Zukunftskultur“

G. Tuellmann

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