Bundeswehr-Luftwaffenstützpunkt in Jordanien

Incirlik/Asrak. Was steckt wirklich hinter der Verlegung deutscher Militärmaschinen nach Jordanien? Soll ein neues „Sprungbrett in den Syrien-Krieg“ (n-tv) geschaffen werden?

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Es drängt sich immer mehr der Verdacht auf, dass hinter der Verlegung von Tornado-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug inklusive 280 Bundeswehrsoldaten vom türkischen Incirlik ins jordanische Asrak geostrategisches Kalkül steckt und dass das türkische Besuchsverbot von Bundestagsabgeordneten als Grund nur vorgeschoben ist.

Es regt sich im Land keinerlei Protest über die Errichtung eines neuen Luftwaffenstützpunktes der Bundeswehr außerhalb eines NATO-Landes. Stattdessen klatschen alle Beifall, weil man es dem bösen Erdogan endlich zeigt und die Bundeswehrmaschinen aus der Türkei abzieht. Auffallend bei den Gesprächen zwischen der türkischen Regierung und Außenminister Gabriel war es allemal, wie höflich und freundlich der Umgang miteinander war.

Niemand hat etwas dagegen, wenn sich die Bundeswehr aus Incirlik zurückzieht. Aber wieso gehen die Flugzeuge nicht einfach wieder zurück an ihre Heimatstandorte, sondern werden in das Nicht-NATO-Land Jordanien verbracht? Incirlik wird auch nicht geschlossen, andere NATO-Kräfte, allen voran die USA, bleiben dort stationiert.

Aus der Karte ist ersichtlich, dass mit dem neuen jordanischen Standort Syrien in die Zange genommen wird: Während Incirlik ganz nahe der nordsyrischen Grenze zur Türkei liegt, befindet sich Asrak ganz nahe der südsyrischen Grenze zu Jordanien, auch in strategisch wichtiger Nähe zum Irak, zu Saudi-Arabien, zu Israel und Palästina.[1]

Der Militärflughafen Muwaffak Salti, der nun die Bundeswehrmaschinen und das zugehörige Personal aufnehmen soll, muss erst aus- und umgebaut und mit den NATO-Erfordernissen kompatibel gemacht werden, bevor er voll einsatzfähig ist. Das wird ungefähr ein halbes Jahr dauern. Es kann davon ausgegangen werden, dass solch ein Aufwand nur dann betrieben wird, wenn der deutsche Luftwaffenstützpunkt in Jordanien für längere Zeit erhalten bleiben soll. Kann es wirklich sein, dass die „Besuchssicherheit“ von Parlamentariern so einen kostenintensiven und bis zu einem halben Jahr Zeit in Anspruch nehmenden Aufwand rechtfertigt?

Die Bundesregierung will darüber keinen großen Wirbel veranstalten. Nur das Kabinett hat die Truppenverlegung gebilligt, allerdings ohne einen formalen Beschluss. Inwieweit das Parlament eingebunden werden soll, ist völlig unklar.[2]

Nachdem erst vor Kurzem die NATO offiziell ihre Bereitschaft erklärte, sich dem US-amerikanischen „Krieg gegen den Terror“, sprich gegen den IS, anzuschließen, wird Deutschland nun nicht nur am Hindukusch, sondern auch am Jordan verteidigt. Ohne jegliche Proteste seitens der Bevölkerung.

Welche neuen Entwicklungen zeichnen sich gerade in der Nahostpolitik ab? Die USA im Schulterschluss mit arabischen Ländern wie Saudi Arabien, VAE und Ägypten gegen Katar, das wiederum von der Türkei unterstützt wird. Katar und die Türkei sind weltweit die Hauptsponsoren der Moslembrüder, nicht nur in Ägypten, sondern von Tunesien ist beispielsweise bekannt, dass dort ein hoher katarischer Militär in Tunesien und Libyen seit Jahren Geld an Terroristen verteilt.

Die Europäer, angeblich im Kampf gegen den IS und andere Dschihadisten, unterstützen nun aber gerade diese Dschihadisten in Syrien und Libyen. Man denke nur an den gestrigen Besuch des deutschen Außenministers Gabriel in Libyen bei der sogenannten „Einheitsregierung“, die ohne den Schutz von islamistischen Milizen schon längst aus dem Land vertrieben worden wäre. Angeblich war der Zweck von Gabriels Besuchs die Inspektion von Flüchtlingslagern. Gerade in der momentanen Situation dürften sich die Gespräche mit Sarradsch auch um sehr viel politischere Nahost-Fragen gedreht haben.

Sogar der Spiegel titelte:, „Schaut die EU zu, wie Libyens Regierung das UNO-Waffenembargo unterläuft?“ und berichtete, wie die Italiener den Schmuggel von Waffen an islamistische Milizen durch die von ihr ausgebildete Küstenwache zulassen.[3] Und hat nicht Großbritannien al-Kaida-Kämpfer jahrelang im eigenen Land eine sichere Zufluchtsstätte geboten?

Die NATO scheint in sich gespalten. Einige EU-Staaten wie Italien und Deutschland scheinen noch die alte Clinton-Strategie zu fahren und gemeinsam mit Katar und der Türkei auf Dschihadisten als Proxy-Kämpfer und willfährige Verbündete in umkämpften Ländern zu setzen.

Sollte es gelingen, und die Chancen stehen nicht schlecht, den Moslembrüdern den katarischen Geldhahn zuzudrehen, dürfte die Welt ein Problem weniger haben.


[1] http://www.heute.de/bundeswehr-stuetzpunkt-muwaffak-salti-in-jordanien-alternative-zu-incirlik-im-anti-is-kampf-47201734.html

[2] http://www.spiegel.de/politik/ausland/incirlik-kabinett-beschliesst-abzug-der-bundeswehr-aus-tuerkei-a-1150988.html

[3] Der Spiegel 20/2017 vom 13.05.2017

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Geschrieben von

Angelika Gutsche

Ihre Reisen führten sie neben Indien, den USA, Russland und dem Jemen unter anderem auf den afrikanischen Kontinent und quer durch den Balkan.

Angelika Gutsche

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