Friede den Friedhöfen!

Humanismus? Warum die gegenwärtige Aktion des Zentrum für politische Schönheit alles andere als illegal oder geschmacklose Kunst ist...

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Mit „Die Toten kommen“ forciert das Zentrum für politische Schönheit eine weitere Aktion, die auf dem besten Wege ist das Informationsmonopol in Frage zu stellen und zu brechen. Sie schafft damit auch eine neue Ebene des Bewusstseins zu schaffen. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese Form des Aktionismus zum Bestandteil kritischer Kultur wird. Spannend bleibt in jedem Falle, in welche Richtung die Debatte verläuft. Doch sollte das nicht dem Zufall überlassen werden.

Anstatt über Gesetzeslagen und Anstandsfragen zu zerbrechen – schafft das Zentrum für Politische Schönheit Fakten und ein Bewusstsein, das niemand mehr ignorieren kann - weiterhin schaffen sie eine neue Ebene der Legalität, eine die sich nunmehr auf wirkliche Humanität beruft und nicht auf abstraktes Staatskalkül. Ist es doch der „Ernst“ der Lage der den meisten Menschen gar nicht bewusst ist. In den Medien werden die Zahlen der Toten gleich neben den neuen „Rekordzahlen“ auf dem deutschen Arbeitsmarkt und den Querelen um den griechischen Staatshaushalt genannt. Da ist es doch kein Wunder dass sich die Menschen kaum fragen, was mit den sterblichen Überresten dieser Menschen geschieht. Es ist schon eine subtile Form der Indoktrinierung, das Geschehen um ein herum in Statistiken zu packen. Die Routine des TV-Nachrichtenformats leisten ihren guten Beitrag, Anteilnahme und Mitgefühl zu vulgarisieren.

Wir fühlen uns bestürzt über das Geschehen im Mittelmeer, bedauern den Tod etlicher, zahlreicher Menschen. Aber ehrlich gesagt bedauern wir gar nicht den Verlust von Menschenleben, sondern immer wieder nur das eigene Unvermögen an der Sache etwas zu ändern, die eigene Wohlstandsstarre unserer ethischen Integrität oder auch wieder nur ein Mehr an abstrakten Informationen, die in welcher Hinsicht auch immer – wieder eine zu viel. Kurzum unsere Gefühle sind durch diese Informationen und Berichterstattungen, die wir konsumieren nur in sehr primitiven Umfang angeregt.

Die Aktion des Zentrums für politische Schönheit schafft hier Fakten, statuiert Exempel, die nicht so einfach umgangen werden können. Sie verschiebt die Außengrenzen der europäischen Festung nicht nur im abstrakten gedanklichen, sondern im ganz konkreten faktischen Sinne. Sie holt die grausame Realität, das Verenden unzähliger Schutzsuchender an den Ort an dem diese Realität mitunter geschaffen wird, das deutsche Kanzleramt und den Bundestag. Die Aktion tut nichts anderes als den machthabenden Verantwortlichen die Auswirkungen ihres Handelns schonungslos vorzuführen – schonungslos, schon allein das ist eine Form der Agitation, die den rosarotgefärbten Gemütern der Parlamentarier so fremd ist - lieber lamentieren sie darüber wie man in Deutschland "gut leben" kann. Den Aktionen des ZpS fehlt halt etwas Milchschaum und Mandelsirup.

Für alle die am Wochenende Zeit haben und irgendwie nach Berlin reisen können, unterstützt die Aktion! Bildet Trauermärsche! Wann und Wo?

Sonntag, 21.6., 14h.

Startpunkt: Unter den Linden 4

Zeigt den Menschen in Medien, Politik und vorm Fernseher dass diese Aktion sich legitimen Formen des demokratischen Widerstands bedient – und kein „geschmackloses“ Happening von irgendwelchen Künstlern ist!

Legitim ist die Aktion daher, weil sie an einem Punkt an dem es kein zurück mehr für unser humanitäres Bewusstsein gibt, die konventionell legalen Mittel (die Anmeldung einer Versammlung oder die Beantragung eines städtischen Bauvorhabens) überschreitet, um einer Legalität Platz zu machen, die eigentlich am Grunde der Demokratie steht und in dessen Geiste auch unter anderem scheinbar das Grundgesetz entstanden ist. Wir dürfen an diesem Tag nicht zusehen, wie die Truppen dieser vulgären Legalität (Polizei, Ordnungsamt …) diesen humanitären Akt verhindern!


„Das Letzte, was wir einem Menschen unabhängig von seiner Herkunft und Religion geben können, ist eine würdige Beerdigung.“ (Imam Abdallah Hadjjir)

Geben wir diesen Menschen endlich ein Gehör, in dem wir ihnen einen weiteren zivilisatorischen Standard zuerkennen; die Ahndung ihres Todes und die Anklage derer die diesen zu verantworten haben. Respektieren wir endlich die Menschen die in aller Welt schamlos ausgegrenzt und ihrem eigenen Schicksal aufs übelste überlassen werden. Dieser Respekt kennt sicherlich keine Form. Eine Form wäre aber unserer Bewusstsein und unsere Entschlossenheit nicht klein kriegen zu lassen durch blinden Gehorsam gegenüber Gesetzen und Gesetzeshütern. In diesem Sinne:

Friede den Friedhöfen, ......... !

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Gérald Cordonnier

Identität? Schwindsüchtiger Gedanke! Was nicht ist das kann noch werden, und der Himmel auf Erden!

Gérald Cordonnier

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden