Warum ist November-Nebel zäh?

Die Wetterfee Mit dieser Woche kommt auch der Nebelmond an sein Ende - was nicht bedeuten muss, dass mit der Nebelsuppe endgültig Schluss ist. Die Wetterfee hat aber eine gute Prognose
Warum ist November-Nebel zäh?

Illustration: Otto

Heute neblig-trüb. Eine Beschreibung, die dieser Tage oft für das Wetter herhalten muss. Neblig-trüb, so ist der November, auch wenn die letztjährigen eher nebelarm waren. Die alten Zeiten gaben dem Klischee einen Namen, nannten ihn auch Nebelmond oder Nebelung. Werden die Tage kürzer, so beginnt die Zeit des Nebels. Immerhin: Dass der November besonders viele Nebeltage hat, stimmt nicht ganz. Der sogenannte goldene Oktober hat im Mittel derer mehr, doch der Novembernebel ist besonders zäh.

Teils Nebel, später Auflösung. Nun gibt es ein breites Spektrum von Nebel, wobei es durchaus romantische Formen gibt. Denkt man etwa an wattigen Moornebel, märchenhaften Bodennebel im Böhmerwald oder rauchende Flüsse. Entsprechend bietet der Nebel ideale Bedingungen für allerlei Genres, die auf diese Wetterbedingung zählen. Macht der Nebel doch den Handlungsraum zu einem unübersichtlichen Terrain, sodass filmische oder literarische Figuren und Objekte in einer Art von Nichts versinken. Ja, im Harz begegnete Johann Silberschlag 1780 gar dem Brockengespenst, einem scheinbar eigenen Wesen, das zu schweben schien, „ohne sichtbaren Kontakt zum Boden zu haben“. Zwar wusste der Naturforscher, dass er es mit einem optischen Effekt zu tun hatte, doch der Begriff des Brockengespensts blieb. Mit über 300 Nebeltagen im Jahr ist der Brocken dem Gespenst gar bis heute beste Heimat geblieben. Aber nicht nur die Atmosphäre von Nebel ist romantisch, ebenso seine Definition: Neblig-trüb, das ist vereinfacht gesagt eine Wolke, die auf dem Boden liegt. Und: Was wir als Nebel wahrnehmen, ist in Wirklichkeit eine Ansammlung von Milliarden kleinster Wassertröpfchen, die so leicht sind, dass sie in der Luft schweben.

Gebietsweise ist mit Nebel zu rechnen. Nicht überall ist der Nebel gleich zäh. Nebelarm ist es etwa am Niederrhein und im Münsterland bis zum Übergang in den Teutoburger Wald. Viel mit dem Nebel zu tun haben dagegen im zentralen Mittel­gebirgsraum die Täler von Werra und Fulda. Das absolute Nebelmaximum Deutschlands befindet sich im Bereich des Bodensees und im Hochrheintal an der Grenze zur Schweiz.

Teils Nebel, teils Sonne und trocken. Der Nebel im Spätherbst markiert quasi den Übergang vom Herbst in den Winter. Denn er entsteht, weil einerseits die Luft vom Sommer her noch warm genug ist, um entsprechend viel Wasserdampf mit sich zu führen. Andererseits sind die Nächte bereits lang genug, um die nötige Abkühlung zu ermöglichen. Das heißt auch, dass die Morgen im Nebel nicht zwangsläufig mit einem trüben Nachmittag enden müssen.

Noch längere Zeit neblig oder trüb. Solange sich der Nebel mit Sonne abwechselt, fällt es leichter, den Nebel als „kuschelig“ wahrzunehmen. Vormittags Nebel, nachmittags Sonne, ja, das ginge ja noch. Im November heißt die Formel stattdessen aber immer häufiger unten Nebel, oben Sonne. Denn der Novembernebel ist eine Wetterlage. Hier also hört die Romantik auf. Denn solche Inversionen sind am Boden aufliegende Kaltluftschichten, die von milder Luft überlagert werden. Dadurch löst sich diese Art von Nebel zuweilen nur schwer auf. Außerdem führt es zu dem Paradox, dass die Temperaturen oben auf dem Berg wärmer sind als unten im nebligen Tal (übrigens auch wenn da kein Berg ist, auf den man in dieser misslichen Wetterlage fliehen könnte). Damit haben wir die Nebelsuppe, in ihrer Art ein sehr zähes Gebilde, das für den schlechten Ruf des Novembers verantwortlich ist. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht: Werden die Tage im Frühling wieder länger, hat es auch der Nebel schwerer, sich zu bilden.

Haben Sie eine Frage an die Wetterfee? Gina Bucher beantwortet einmal im Monat in ihrer Kolumne alle Fragen rund ums Wetter. Zuletzt musste sie feststellen, dass das Wetter kein natürliches Prozac ist.

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