Warum macht der April, was er will?

Die Wetterfee Dass das April-Wetter besonders launisch ist, belegt auch die Statistik. Das Wechselhafte ist aber nicht sinnlos, sondern hat eine Funktion, sagt die Wetterfee
Warum macht der April, was er will?

Illustration: Otto

Ohnehin macht ja das Wetter, was es will. Wir, die wir uns sonst so gern allmächtig fühlen, haben keinen Einfluss auf Sonnenschein, Frühlingsluft oder fruchtbaren Regen. Auch Schneemaschinen in den Alpen oder Regentänze in den sandigen Ecken der Welt ändern daran wenig.

Der April führt uns dies jedes Jahr besonders drastisch vor Augen. Er ergänzt das positiv konnotierte Frühlingswetter mit Regen, Wind, schwankenden Temperaturen und manchmal auch Schnee. Was dem Lenz allerhand Nebenwirkungen einträgt, über die man in diesen Tagen gern und ausführlich jammert.

Nüchtern betrachtet beklagen wir eine Nord- oder Nordwestwetterlage, die im April oft vorkommt. Weil die Sonne zwar die Erde bereits stark aufzuheizt, aber noch immer genügend polare Kaltluftmassen aus dem Osten zu uns geraten. Damit zeigt sich das Wetter wechsel­hafter und unberechenbarer, als es sonst schon ist.

Eine statistische Gewissheit

Kaum ist sie also da, die süße Frühlingsluft, verzieht sie sich auch schon wieder, weil der Frost doch noch einmal grüßen will. Das Aprilwetter ist nicht nur eine Phrase, sondern eine statistische Gewissheit, die sich über Jahrhunderte verfolgen lässt. Damit wir für wechselhaftes Wetter einen Namen, die Schirmmacher Arbeit haben, und obendrein der Frühling nicht nur mit positiven Seiten auffällt. Doch warum bloß braucht der Frühling diese unerwünschten Nebenwirkungen? Jetzt, wo es gerade so schön war. Wo die Sonne eben noch die wintermüden Seelen wärmte. Die Wetterfee meint: Der April ist das Korrektiv der Übermütigen, die sich über den Frühling freuen, nicht aber die Natur schätzen. Das Leben ist eben kein Spaziergang.

Frühling, das bedeutet im April ja, dass wir nach der anfänglichen Euphorie über die ersten Sonnenstrahlen die Natur zu spüren bekommen. Sie wächst und gedeiht, das soll auch der gartenferne Städter zu spüren bekommen. Denn damit die prallen Knospen aufplatzen, braucht die Kastanie vor dem Haus ausreichend Wasser, daher der Regen. Nicht zu viel (für Überschwemmungen muss der Klimawandel herhalten!), aber doch genügend. Es gibt Pflanzen, die brauchen einfach viel Wasser. Gerade da in diesem Jahr Februar und März viel zu trocken waren.

Und die Haselsträucher und Birken haben keine auffälligen Blüten, die sie bewerben würden, damit sich Insekten auf sie stürzen. Sie brauchen für die Bestäubung die Hilfe des Windes. Also peitscht Aprilwind über das Land, das gerade mit zarten Blättern zu grünen begonnen hat. Er schüttelt kleine Wölkchen feinen Blütenstaubs heraus. Dass dabei Pollen in menschliche Atemwege gelangen können, ist eine Un­zulänglichkeit, die man in Kauf nehmen muss.

Zeit für die Umstellung

Auch der menschliche Körper ist nach wie vor keine Maschine. Er braucht Zeit, um sich den neuen Umständen anpassen zu können, die in den nächsten Monaten folgen werden. Dafür ist die Frühlingsmüdigkeit da. Sie bremst den Leichtsinn einer Leistungsgesellschaft, die ohne jede Unterbrechung produzieren will. Auch wenn die „grausame Frühlingssonne“, wie sie einst Mörike lyrisch umschrieb, zuweilen im April gar nicht scheint, werden die Tage doch merklich länger, sie beginnen früher und enden später. Unser Körper muss sich umstellen auf diese neue Situation, die neben mehr Tageslicht auch frischeres und vitamin­reicheres Essen mit sich bringt. Daher aktualisiert er seinen Hormonhaushalt, schüttet mehr Endorphin, Testosteron und Östrogen aus. Das macht müde (und zuweilen etwas deprimiert).

Also trotz all dieser Widrig­keiten, die das Aprilwetter oft zu bieten hat: Bitte nicht klagen, wenn der April macht, was er will. Er hat durchaus seine Gründe dafür.

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