Stuttgart, Nana Hundgeburth

KEHRSEITE Eines Tages war ich in Stuttgart gelandet, wo ich aus Neu- und Wühlgier in einen second hand shop für jede Art von Kleidung geriet, dessen Ware trotz ...

Eines Tages war ich in Stuttgart gelandet, wo ich aus Neu- und Wühlgier in einen second hand shop für jede Art von Kleidung geriet, dessen Ware trotz intensiver Reinigung nach fellbehafteten Tieren roch, die sich irgendwohin zum Sterben zurückgezogen hatten, wie es nun mal die genannte Art von Tieren in dieser Situation ist. In der Tat war die Pelzabteilung sehr umfangreich, was darauf zurückzuführen ist, dass sich niemand mehr derart behaart in die Öffentlichkeit wagt, weil er von allerkleinsten Kindern bespuckt und als Tierquäler oder -mörder beschimpft wird, was diese im Kindergarten und aus dem Fernsehen gelernt haben, weshalb inzwischen die schon aus ästhetischen Gründen ekligen Robbenfellschuhe aus den Sechzigern selbst auf Flohmärkten nicht mehr zu finden sind, wofür nicht zuletzt Brigitte Bardot zu danken ist. Während des Wühlens in von Tollwut gezeichneten Mänteln und Jacken entdeckte ich ein Stück, das haargenau dem glich, das ich vor 15 Jahren in einen blauen Sack gestopft hatte, damit es frierenden Flüchtlingen zugute komme, ja, das wahrhaftig mein eigenes gewesen war, daran zu erkennen, dass in der linken Tasche eine Tintenpatrone ausgelaufen war, die einen lila Fleck von der charakteristischen Gestalt der Insel Sylt zurückgelassen hatte. Im selben Moment riss mir Nana Hundgeburth, deren Namen ich durch einen weiteren hier nicht wiederzugebenden Zufall erfuhr, den Mantel aus der Hand und fand nach hektischem Suchen einen Winkelhaken oberhalb des hinteren Saumes, den sie inwendig vor Jahren genau-genau-genau an dieser Stelle mit Leukoplast geklebt hatte, wie sie mir mit vor Erstaunen weit aufgerissenen Augen versicherte.

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