Das erneuerte Bild der Aufklärung.

Buchempfehlung. dank mopperkopp, der mir den tipp gab, las ich das buch "Böse Philosophen" von Philipp Blom, untertitel: "Ein Salon in Paris und das vergessene Erbe der Aufklärung".

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wenn jemand hierzulande überhaupt eine klare vorstellung von der Aufklärung hat, so ist die entweder negativ und/oder beschränkt. zwei berühmte männer, deren sarkophage im panthéon in paris zu besichtigen sind, bestimmen die historische phantasie, voltaire und rousseau. philipp blom nennt die hauptrepräsentanten der vorrevolutionären epoche "gemäßigte Aufklärer". im fokus des buchs stehen aber nicht sie, sondern die "radikalen" lumieres. das sind für blom der baron holbach und denis diderot.

was der autor gemäßigt oder aber radikal nennt, hat vor allem mit dem grad der entfernung von der kirchlichen lehre zu tun. während voltaire und rousseau zwar keine frommen katholiken waren, aber jeder auf seine weise doch an einer gewissen form der religion festhielt, lehnten holbach und diderot die christliche religion rundweg ab, obschon letzterer bei jesuiten in die schule gegangen war und schon die niederen weihen zum priester empfangen hatte.

im ancien régime war es nicht ungefährlich, ketzerische gedanken zu hegen, wenn die an die öffentlichkeit oder an die geheimpolizei kamen. holbachs anonym in amsterdam gedrucktes werk "Le christianisme dévoilé" (Das entschleierte Christentum) wurde z. b. vom henker in paris öffentlich verbrannt. in holbachs salon aber, wo sich die radikalen aufklärer regelmäßig trafen, konnte über alles offen diskutiert werden, ketzerisches inclusive.

philipp blom rückt in seinem buch (münchen 2011, 400 S.) - keine trockene philosophiegeschichte, eher in der art eines historischen romans amüsant geschrieben - das konventionelle bild der Aufklärung in ein neues, ein richtiges licht, indem er etwa den urradikalen aufklärer, jean meslier, nicht nur überhaupt mit ins bild nimmt, sondern den vorläufer der radikalen aufklärer angemessen darstellt, was schon ein verdienstvolles novum ist.

zuletzt noch eine kritik an einem detail in bloms buch( das wird wohl auf das konto der historikerzunft gehen, soll aber nicht unter den tisch fallen): das ist das epitheton ornans "der/die Große" beim preußenkönig und bei der zarin katharina. mir ist das zu konventionell, und es dürfte wohl auch gar nicht im sinne der radikalen aufklärer sein. diderot war über seinen besuch bei katharina nicht eben voll des lobes.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

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