Je mehr Gewissen desto weniger Fleisch

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laut artikel 1 der erklärung der menschenrechte ist jeder mensch mit vernunft und gewissen begabt. bei genauerem hinsehen kann es sich nur um ein primitives urgewissen handeln, das die verfasser im sinn hatten. es folgt in etwa der formel: was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu.

die gesellschaftlichen bedingungen überfrachten das urgewissen mit traditionen und pflichten derart, dass unter dem wust von forderungen und gewohnheiten oft das tätige gewissen nicht zu erkennen ist. der erwartungsdruck, der auf jedem menschen lastet, ist eindrucksvoll im milgram-experiment demonstriert und analysiert worden.

nun zum eigentlichen punkt: der immens hohe fleischkonsum hierzulande ist einerseits die folge der tradition, die bis in die letzte eiszeit zurückweist, und andrerseits der marktmechanismen, die uns wurst und braten besonders schmackhaft zu machen versuchen. das schlachttier gilt traditionell als ware. die mit der mästung und schlachtung einhergehende tierquälerei wurde verdrängt oder ausgeblendet. jäger und metzger sind, um artikel 1 abzuwandeln, mit einem sehr speziellen gewissen begabt.

heute, im zeitalter der massentierhaltung, blenden mäster, landwirtschaftsminister und fleisch-verbraucher zusätzlich die gravierenden gesundheiltlichen (stichwort: antibiotikaresistenz) und umweltschäden (stichworte: wasserverbrauch, gülleüberschüsse, futtermittel aus übersee) vollkommen aus. es ist erstaunlich, wie das geht. denn nichts gewusst, nichts gehört, nichts gelesen können die fleischvertilger ja nicht sagen in der informationsgesellschaft.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

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