"Mitte links"

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die parole gab sigmar gabriel auf dem spd-parteitag aus. 'mitte' meint masse, macht, mehrheit, den dicken bauch der gaußschen kurve. 'links' kann die mitte, die masse, die macht, die mehrheit nicht meinen. das ist nicht nur eine frage der logik, sondern auch eine der flügel der partei. die schröder-schwinge würde einen linksruck verhindern. obendrein steht die gruppendynamik, die stets die hemdsärmeligen und rechtshänder nach oben wirbelt, linken bestrebungen entgegen.

kurz: 'links' bedeutet im schlachtruf des parteivorsitzenden schlicht "irgendwie links", mithin ein trostwort für den linken flügel der partei und ein appell an alle linken vögel im lande, doch wenigstens einen zwischenstopp auf dem ausladenden geäst der volkspartei zu erwägen.

die 'mitte' nimmt ja auch die andere volkspartei für sich in anspruch, ohne freilich ein ehrliches 'rechts' anzuhängen. wozu auch? das wäre ein pleonasmus.

nun melden gerade die statistiker, dass die mitte der gesellschaft noch in anderer hinsicht heiß umkämpft ist, ja, einer zerreißprobe ausgesetzt. seit jahrzehnten, heißt es, gehe die schere zwischen arm und reich immer weiter auf, sodass die mitte nach unten vor allem, aber auch nach oben an substanz verliere.

offensichtlich haben die wahlkampfstrategen der volksparteien diese entwicklung verschlafen. sonst würden sie nicht just auf die sollbruchstelle setzen, auf die auseinanderfallende mitte.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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