die alliierten siegermächte wussten, was sie taten, als sie das imperialistische nazideutschland in stücke schlugen und diese untereinander aufteilten. das war das beste mittel, die großdeutschen gefühle kleinzukriegen und flach zu halten.
das gegenbeispiel war zu besichtigen, als die sowjetunion zerfiel und dabei eine größere deutsche nation aus den teilstaaten ddr und brd abfiel. diese besonders im westen gefeierte wende war dem erstarken patriotischer stimmung günstig.
selbstverständlich hüteten sich die wortführer, in den verdacht zu geraten, sie wollten anknüpfen an den noch im bewusstsein schrecklich gegenwärtigen nationalwahn der vorväter. man gab sich betont gemäßigt patriotisch. das nüchterne wort vom verfassungspatriotismus machte die runde.
doch war, das sprach man schon offen aus, etwas mehr wertschätzung für das eigene, nun größere land erwünscht. nach dem blanken mangel in der kleineren brd zuvor schien das bekenntnis zur eigenen nation geboten im zuge der rückkehr zur europäischen normalität.
psychologisch doch ein wenig problematisch ist freilich die tatsache, dass die hinwendung zum national eigenen zugleich stets die tendenz zur abkehr vom großen ganzen impliziert. so wurde von politschwätzern zwar nicht schon wieder vom deutschen wesen geschwafelt, aber doch ungeniert ersatzweise die sogenannte deutsche leitkultur propagiert.
nach dem allenthalben unterschätzten gesetz der verteilung oder streuung rief das neugroßdeutsche selbstgefühl am negativen ende der skala der möglichkeiten unverblümte fremdenfeindlichkeit hervor. und in den folgejahren machten gewalttaten gegen vermeintlich nicht in die landschaft passende fremde bemerkenswerte schlagzeilen.
große emotionen im politischen raum schließen sich abreagierende niedere instinkte nicht aus, sondern ein.
Geschrieben von
h.yuren

Kommentare 4
Ja, ich würde sagen, an einem gutem Anfang stand die Auflösung Preußens und die Idee des Marshallplans. Und das Nürnberger Tribunal. - Aber bald schon kamen die Kompromisse durch den Systemkonflikt und so letztlich ein Globke oder Kiesinger oder Schleyer oder oder oder in den Kopf der BRD. Und ein Springerverlag, der Einheit als Kampfbegriff hochhielt gegen die Zone und die Russen.
40 Jahre später war ein Volk (das deutsche) durch geistig-moralische Wende sowie Zwangssozialismus so destabilisiert, daß kein Teil dem Gorbatschow Einhalt zu gebieten wußte. Weder Wessis noch Ossis wußten, was sie im Kleinen des Großen taten, nur, daß die anderen es noch schlechter haben sollten. Zum Glück der nationalen Vergemeinschaftung objektiver gegensätzlicher Interessen kam die WM 2006, die auch medial das an frühere Macht anknüpfende Deutschland vergrößern konnte. Wir sind wieder wer, wir sind ein Volk (ein dummes), Portugal ist Weltmeister.
Seit 89 sollte man mal die Politik der Goethe-Institute studieren, die Verfassungsdiskussion nachbereiten, den Weg von Habermas zu Sloterdyk als Suhrkampphilosophen nachzeichnen.
Überhaupt, Leithammel sind ja genug da, Herdentiere aber auch.
als eine eher bittere konsequenz der einheit scheint mir die abschottung deutschlands gegen außen: gleich anfang der 90er die sache mit den vertragsarbeiterInnen aus vietnam und mocambique, dann die verschärfung der asylgesetzgebung, statt sich als einwanderungsland zu begreifen. Und perfide auch die "heim-ins-reich"-rhetorik betreffs der rußlanddeutschen, die hier dann oftmals gar keine richtige perspektive fanden, weil z.b. ihre hochschul- und berufsabschlüsse nicht anerkannt wurden - ich kenne mehr als eine rußlanddeutsche diplomingenieurin, die hier nur noch ein auskommen als putzfrauen fristen ...
lieber rainer, danke für dein resümee in diesem schnee. wenn du leithammel siehst, sehe ich vor allem rind- und borstenvieh.
"das an frühere Macht anknüpfende Deutschland" ist das subjekt eines satzes und bei historikern der geschichte. aber du weißt, wer und was wirklich hinter dem alle und alles vereinnahmenden deckmantel steckt. das ist m.e. nicht reformierbar. darum wiederholt sich mutatis mutandis der ganze kram. dreht sich das alte karussell noch einmal. es ist kirmes, freun sich die leut und fahren mit und zahlen. bis der ganze kirmeskrempel abgerissen wird.
liebe jayne, danke für deine auffächerung der schönen regenbogenfarben des nationalgefühls, das so lange in D hat warten müssen, bis es endlich an die reihe kam.
die mechanismen sind gut bekannt, überhaupt nicht neu, aber sie funktionieren noch immer, wenn auch mit etwas störendem nebengeräusch wie ein alter karren, der noch mal flott gemacht wurde.
warum das möglich ist trotz allem, was geschehen ist, dafür gibt es handfeste gründe. einer ist die tatsache, dass die neuen generationen wie geschlüpfte küken erst mal sehen müssen, wo sie sind, aber dann hat der habicht sie schon in den krallen. eine erklärung für die fähnchenschwingenden fußballfans in 06.
dass aber ein alter mitschüler von mir mit so nem nationalwimpel am karren zum jubeltreff der 100-jährigen abiturentia erschien, fiel nur scheinbar aus dem rahmen. brecht: der schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.