Über die Fransen der Freiheit (2)

Freie Fahrt. 3 große automarken garantieren hierzulande die fortsetzung der freien fahrt, zumindest bis zum absehbaren versiegen der ölquellen.

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schon die bloße vorstellung eines tempolimits auf den autobahnen kratzt wandalisch am lack der flotten modellreihen premium. und null toleranz beim fahren mit alkohol will partout nicht zum geschwindigkeitsrausch passen. ja, man ist bereit, opfer zu bringen, freilich gestaffelt nach gewichts- und wuchtklassen.

der stärkste und verlässlichste garant der freien fahrt zusätzlich ist das konsequente und politisch gewollte wegsehen. es wird immer wieder mal laut lamentiert über die unverschämte abzocke durch polizeiliche blitzaktionen. doch ist das nur ein alibi für den ausfall von kontrollen auf der ganzen linie.

die regierenden gönnen den leutchen den fahrspaß und sparen an verkehrspolizisten. das nimmt den asphalthasen die angst aus dem nacken, beim regelmäßigen regelverstoß erwischt zu werden. zig millionen sollen unbeschwert ins rennen gehen, zumindest bis zum knall. dies sich-unbeobachtet-fühlen hat den begreiflichen nebeneffekt, dass viele kalkulieren und noch mit der wartung warten.

unter diesen freifahrtfreundlichen umständen ist falschfahren eher die regel, wobei falschfahren im weitesten sinn zu nehmen ist, also u. a, falschparken (etwa im halteverbot), linksfahren, überladen, übermüdet und rotfahren einschließt. auf dem zebrastreifen, das sieht man doch, ist reichlich raum für fußgänger und wagen.

wenn mal wieder über die rücksichtslosen raser hergezogen wird, fällt die mitschuld der drömmler und zögerlichen meist unter den tisch. wer aber vor der ampel vorsichtshalber wartet, bis die letzten rotfahrer durch sind, bestärkt die eiligen egotripper und ermutigt sie, bei der nächsten ampel genauso riskant oder noch ein tickchen kühner zu kutschen, so eben durchzurutschen. das sind die gleichen, die im kreisverkehr grundsätzlich die vorfahrt besitzen.

und, hand aufs herz, entsprechen die denn nicht exakt dem oft ausgesprochenen wunsch der gesellschaft, die risikofreudigen und vorwärtsstrebenden jungen flitzer, deren slogan ist: no risk no fun. ?und weiß nicht auch der volksmund: das glück ist mit den flüchtigen.? der spruch "lass fahren dahin! sie haben's kein gewinn" bezog sich auf andere fahrzeuge und -zeiten.

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Geschrieben von

h.yuren

buchveröffentlichung 2017, KRAH - das rabentagebuch, 350 S., 8 fotos ISDN 978-3-945265-45-1; Tb. 15,-

h.yuren

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