Das Homeoffice ist für einen Philosophen vermutlich vertrautes Arbeitsterrain. Ich sprach am Telefon mit Markus Gabriel. Auch ohne virtuelle Anschauung per Videochat ließen die Verweise ahnen, dass sich der Philosoph in seinem Arbeitszimmer zu Hause aufhielt. Beglaubigt wurde das auch dadurch, dass Gabriels Nachwuchs sich kurz vor Ende des Gesprächs bemerkbar machte und anstelle von „Fiktionen“ den konkreten Familien-Alltag einforderte. Warum es „die Welt“ dennoch nicht gibt, erklärt Gabriel in einem Buch, das kürzlich bei Suhrkamp erschien.
der Freitag: Herr Gabriel, in Ihrem neuen Buch wollen Sie nichts Geringeres, als eine neue Erkenntnistheorie zu formulieren. Dabei spielen Begriffe wie „Fiktion“ und „Imaginäres“ eine wichtige Rolle. Ist das angesichts von Fake News und Verschwörungstheorien, die momentan überall wie Pilze aus dem Boden schießen, nicht ein riskantes Unterfangen?
Markus Gabriel: Der Hauptgedanke des Buchs besagt, dass unser mentales Leben als freie geistige Lebewesen immer Elemente von Schein aufweist, also Elemente wie Ideologie, Propaganda, ästhetische Erfahrung und so weiter. Es gibt zwar in der philosophischen Tradition vor allem Wahrheitstheorien, aber es gibt bisher kaum Täuschungstheorien. Und deswegen greift das Buch jetzt dieses Thema auf. Die hochaktuellen, brandgefährlichen Fake News und Verschwörungstheorien sind zwar das Ergebnis der modernen sozialen Medien. Doch letztlich stehen wir nicht vor der Wahl zwischen begründeten Expertenmeinungen einerseits und Fake News andererseits. Denn all diese Modellierungen unserer Situation haben immer auch fiktive Anteile. Es gibt keinen Wissensanspruch von freien geistigen Lebewesen bezüglich ihrer eigenen Situation, der vollständig frei von Schein wäre.
Was wir wissen, beruht zum Teil auf Fiktionen. Ein atemberaubender Gedanke. Was sind überhaupt Fiktionen?
Fiktionen sind Bilder unserer Lage, die über das hinausgehen, was uns unmittelbar sinnlich präsent ist. Ich kann eine Liste machen, wie mein Laptop aussieht oder wie sich Ihre Stimme anhört und so weiter. Das ist das unmittelbar Gegebene. Sobald ich mir vorzustellen versuche, wie das Zimmer aussieht, in dem Sie sitzen, oder meine Erwartung dessen, was Sie von mir hören wollen – alles das gehört in den Bereich der Fiktionen.
Und wozu brauchen wir solche Fiktionen?
Ohne Fiktionen können wir keine Elemente in den Szenen identifizieren, in denen wir uns befinden. Die Situationen, in denen wir uns befinden, sind immer tief geprägt von Fiktivem. Hätten wir keine Fiktionen, gäbe es überhaupt gar kein sinnvolles Leben, sondern nur zusammenhanglose Erlebnis-Fragmente.
Neben dem negativen Bereich der Fake News denken die meisten bei Fiktionen vor allem an Romane oder Kunst.
Als die Menschen erstmals einen Löwen an die Wand malten, anstatt ihn nur zu jagen, begann mit dieser Repräsentation ihrer selbst eigentlich die Menschheitsgeschichte. Das ist der Ursprung des freien Willens. Der Hauptort der Selbstverständigung des Menschen als Mensch und eben nicht bloß als tierische Lebensform geschieht im Kunstwerk. Wir sind in dem Sinne fundamental kulturelle Lebewesen, weil wir überhaupt erst im Spiegel von Kunstwerken zum Menschen werden.
Wenn wir nun an Beispiele wie die Hochrechungen zur Ausbreitung von COVID-19, zum Klimawandel oder sogar an die Börse denken, dann denken wir erst einmal nicht daran, dass es sich dabei um Fiktionen handeln könnte. Lassen wir uns an der Nase herumführen?
Modelle wie Computersimulationen oder statistische Modelle sind in der Tat fiktional. Aber die Gegenstände dieser Modelle, also die Ausbreitung des Coronavirus oder der Klimawandel, sind nicht fiktiv, sondern gehören der Ebene der natürlichen Wirklichkeit an. Unsere Wirtschaftswissenschaften stehen dagegen meines Erachtens auf tönernen Beinen, weil einige ihrer Gegenstände weitgehend fiktiv sind, wie zum Beispiel der berühmte Homo oeconomicus. Deshalb liest man in den nichtmathematischen Teilen der Volkswirtschaftslehre häufig nur Erzählungen von Autoren, die glauben, sie redeten über die Wirklichkeit. Aufgrund dieser inkompetenten Vermischung von Fiktion und Wirklichkeit ist die Börse ein ganz schrecklicher Hybrid. Wir müssten unseren Wirtschaftsbossen eigentlich das Erzählen beibringen, dann sähe die Lage besser aus.
Zur Person

Foto: Imago Images
Markus Gabriel, geb. 1980, lehrt als Professor für Erkenntnistheorie und Philosophie der Neuzeit an der Universität Bonn. 2013 erschien sein Buch Warum es die Welt nicht gibt bei Ullstein. Fiktionen erschien soeben bei Suhrkamp (636 S., 32 €)
Sie gelten als Vertreter eines neuen Realismus. Könnten Sie kurz skizzieren, was Sie unter diesem neuen Realismus verstehen?
Grundsätzlich beruht der neue Realismus auf zwei Hauptthesen. Erstens: Die Welt als singulären Gegenstand, als die eine große Wirklichkeit gibt es nicht. Die zweite These besagt, dass wir dennoch die Dinge, so wie sie wirklich sind, erkennen können. Die dritte These, die jetzt in Fiktionen ausbuchstabiert wird, lautet, dass unser geistiges Innenleben genauso zur Wirklichkeit gehört wie die uns umgebende Natur. Es gibt also keinen Wirklichkeitsabstand zwischen einem Juckreiz, der Erinnerung an einen schönen Sommerabend in Neapel und dem Vesuv. Das heißt, der Geist ist kein zweitrangiger Bewohner der Wirklichkeit, und umgekehrt hängt die Wirklichkeit auch nicht vom Geist ab. Weiteres Beispiel: Man hat Durst und erinnert sich an das kühlende Kölsch vom letzten Jahr. Dann geht man in den Kiosk und kauft genau deswegen ein Bier, weil man sich selbst in einer Erzählsituation betrachtet: „Ach, weißt du noch, das kühlende Kölsch …“ Das ist die Wirklichkeit des Geistes. Da steckt nicht anderes dahinter, weder Neuronenfeuer noch Klassenkampf. Das nenne ich die Unhintergehbarkeit des Geistes. Aus dem Geist kommt keiner raus.
Wenn es so etwas wie die Welt nicht gibt, was bedeutet das für meine Identität? Kann ich mich selbst überhaupt erfassen?
Darauf lautet die Antwort: Nein. Die uralte Einsicht von Solon bis Heidegger trifft weiterhin zu. Der Mensch ist erst dann ein Ganzes, wenn er nicht mehr ist. Deswegen bin ich ja auch Neo-Existenzialist, wie ich das nenne: Wir Menschen sind als geistige Lebewesen das, was wir nicht sind, und wir sind nicht das, was wir sind. Kurzum: Wir können uns in keine Identität mit uns begeben. Auf der Basis kritisiere ich ja dann auch die sogenannte Identitätspolitik. Identitäten wie die Gesellschaft, die Rasse, das Geschlecht, die Religion, die gibt es alle gar nicht. Das sind schlechte Fiktionen, die von Leuten produziert werden, die inkompetent im Erzählen sind.
Wie verständigen wir uns unter diesen Umständen dann überhaupt mit unseren Mitmenschen? Wie entsteht soziales Leben?
Wir sind schon als Lebewesen fundamental sozial. Das heißt, auf der Ebene unserer Animalität sind wir sozial produziert und eben nicht konstruiert. Sozialität beruht auf Unterschiedlichkeit von Perspektiven. Der eine sitzt hier, der andere da, und man zeigt auf einen Gegenstand in der Mitte. Der Umstand, dass wir Dinge aus verschiedenen Perspektiven sehen, bedeutet nicht, dass da kein Ding ist. Im Gegenteil. Gegenstände, Tatsachen und die Wahrheit sind wesentlich für gelingende Sozialität, aber eben auch Dissens.
Heißt das, dass letztlich die Gegenstände um uns herum, das Greifbare, die Gesellschaft zusammenhalten?
Ganz genau, der Zusammenhalt der Gesellschaft gründet in den sozial produzierten Gegenständen und Geräten, die wir verwenden, wie der Infrastruktur, den Spielzeugen unserer Kinder, den Fernsehserien, dem Design unserer Züge und so weiter. Auf dieser objektorientierten Auffassung der Gesellschaft beruht der realistische Impetus meiner Theorie. All diese Gegenstände bilden die Grundlage dafür, dass wir uns im Dissens befinden.
Aber wie entsteht dann überhaupt Konsens? Besteht nicht die Gefahr, dass Dissens in Ausgrenzung umschlägt?
Die Gefahr besteht immer. In jeder politischen Organisation droht die Gefahr, dass Dissens Dissidenten produziert. Deswegen definiere ich Demokratie als eine dynamische Gemeinschaft potenzieller Dissidenten. Fortdauernder Dissens birgt allerdings die Gefahr, dass das soziale System auseinanderbricht. Deswegen gibt es Institutionen. Unter einer Institution verstehe ich eine Strategie des Konsensmanagements. Die Funktion von Institutionen, wie dem Recht, besteht darin, dass es die konfligierenden Perspektiven auf einen Gegenstand, wie beispielsweise beim Streit um eine Grundstücksgrenze, im Hinblick auf einen Konsens versöhnt.
Gerade die sozialen Netzwerke spielen derzeit eine maßgebende Rolle für den Dissens innerhalb der Gesellschaft.
Soziale Netzwerke wie Facebook oder Instagram sind geschickt gebaute Maschinen, die unsere Weltbilder abgreifen, um dann neue Selbstbilder an ihre Stelle zu setzen. Die sozialen Netzwerke greifen so aktiv in unsere Selbstbildmechanismen ein. Entgegensetzen ließe sich dem nur eine Art europäisches Internet mit sozialen Netzwerken, die in der Hand der Qualitätspresse wären. Dann würde automatisch das ganze Thema der Fake News verschwinden. Das wäre eine Möglichkeit, sowohl den aufklärerischen Wert der Presse zu retten als auch die Digitalisierung auf wünschenswerte Weise voranzubringen. Wir brauchen radikale Maßnahmen dieser Art. Wir sind in Europa zu kolonialen Digitalsubjekten amerikanischer Tech-Monopole geworden.
Am Ende Ihres Buches formulieren Sie die utopische Hoffnung auf eine „Öffentlichkeit des Geistes“. Wie soll die denn aussehen?
Eine Öffentlichkeit des Geistes wäre eine Öffentlichkeit, in der wir uns in Wissenschaft, Kunst, Politik und so weiter verständigen, wer wir sind und wer wir sein wollen. Dass wir also gemeinsam an gesellschaftlichen Entwürfen für die Zukunft arbeiten. Wir haben etwas davon erfreulicherweise bereits in der Corona-Krise erlebt, als sich die Regierenden aufgrund der eigenen Unsicherheit freiwillig in Situationen der Rechtfertigung ihres Handelns hineinbegeben haben. Das war ein Beispiel für eine gelungene Öffentlichkeit des Geistes. Darum geht es in meinem nächsten Buch Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten.
Kommentare 54
JA: Wir täuschen uns. Sischer, sischer.
Doch benötigen wir für diese Erkenntnisse das neue Buch von Markus Gabriel? Ich weiß nicht, ich weiß nicht.
Meine Hobby sind Denken, Lesen und Schreiben. Ich liebe Disziplinen wie Philosophie, Literatur, Psychologie. Erstere ganz besonders. Auch wenn ich vieles nicht verstehe. Als ich mir in früheren Zeiten eigener Arbeitslosigkeit etwas beim Regalservice in Supermärkten hinzuverdiente, hatte ich den Nicknamen "Der Philosoph" weg. Obwohl mir zunächst der Satz "Dem Philosoph ist nichts zu doof" einfiel (Robert Gernhardt?), fühlte ich mich erkannt. Und geschätzt.
Mit Markus Gabriel tue ich mich seit jeher schwer. Da mögen zum Einen seine 'Bewerbungen' als Deutschlands jüngster Philsosoph von Rang wirken. Verstärkt wird dies durch seine Art und Weise des Schreibens. Für mich war es noch nie Ausdruck besonderer Klugheit, von möglichst wenigen Menschen verstanden zu werden. Auch bei Herrn Gabriel mag ich nicht davon lassen.
Ich halte es da eher mit einem Wilhelm Schmid, der philosophische Themen auf Alltagsbezüge herunterbricht. Seine quantitativ kleinen, qualitativ beachtlichen Büchlein kommen meinen Lesegewohnheiten im digitalen Zeitalter entgegen.
Um den Begriff des Gebrauchswerts hier einzuführen: Schmids Werke haben den. Passend zum Leben in Zeiten des Corona-Virus lese ich gerade "Von der Kraft der Berührung". Die Berührungslosigkeit der letzten Monate ist für mich nicht nur ein großes Ärgernis, sondern auch krankheitsfördernd. Mir fehlen Berührungen ganz besonders. Und ich halte viele Corona-Massnahmen für unsinnig bis schädlich.
Um wieder die Kurve zu Markus Gabriel zu bekommen: bereits in 'Warum es die Welt nicht gibt', schrieb er zum Thema Schein und Sein. In 'Fiktionen' hat er dies offenbar vertieft - oder scheint das nur so?
Vermutlich geht es auch hier letztlich um die Frage persönlicher Präferenzen. Auch wenn mir beide Aspekte, Sein wie Schein, wichtig sind, habe ich es ganz profan doch eher mit dem Sein.
»Die Welt, in der der Mensch sich bewegt, ist immer auch eine Fiktion«
Na dann ist ja gut.
Na, dann laß ich mich doch nicht lange bitten.
Eine sehr kluge philosophische Reflexion, und gerade darum merkwürdige Kurz- und Fehlschlüsse.
„Es gibt keinen Wissensanspruch von freien geistigen Lebewesen bezüglich ihrer eigenen Situation, der vollständig frei von Schein wäre.“ Richtig, aber es wird falsch, wenn man bei der Dualität von Sein und Schein stehenbleibt, von objektiver Welt und subjektiver Reflexion der Welt. Denn die Welt, die das Subjekt einschließt, ist auch, selbst wenn wir diesen Anteil nicht allzu hoch einschätzen, eine vom Subjekt gemachte; selbst wenn das Subjekt nur reflektierte, ist die Welt durch diese Reflexion mehr als sie vorher war. Fiktionen werden zu Fakten, sind nicht weniger real als das Reale, nur etwas anders real. Daher ist die Reflexion nicht grundsätzlich Täuschung, sondern eine zweite Wirklichkeit.
„Fiktionen sind Bilder unserer Lage, die über das hinausgehen, was uns unmittelbar sinnlich präsent ist.“ Auch hier wäre zu präzisieren, oder auch nur an die klassische Philosophie zu erinnern. Was uns unmittelbar sinnlich präsent ist, sind nicht die Dinge, sondern ein gefilterter input von Wirkungen der Dinge. Das Ding an sich ist undenkbar, unerfahrbar, unerfaßbar. Schon das sinnlich Präsente ist ein Gemachtes und Sinnvolles, auch wenn man das Sinnliche als vor allem Sinn Vorliegendes denken will. In einem prinzipiellen Sinn gibt es nicht nur Täuschung, sondern alles im Bewußtsein auftauchende ist Fiktion. Dabei kann das Denken nicht stehenbleiben, sonst bliebe es leer.
„Ohne Fiktionen können wir keine Elemente in den Szenen identifizieren, in denen wir uns befinden.“ Das ist richtig. Es gibt den Realraum nur, weil es Unterscheidbares gibt, das den Raum aufspannt. Und es gibt den Denkraum nur, weil es unterschiedene Denkobjekte gibt. Auch hier beginnt die Fiktion nicht erst mit der Inbezugsetzung der Dinge, sondern mit ihrer puren Existenz.
Richtig zeigt sich der Mensch als denkendes Tier in der zeichnerischen Abbildung der Welt. Hier zeigt sich, wie naiv auch immer, daß der Mensch die Welt zu denken versucht, reflektiert. Nur, als marginale Nebenbemerkung: der Begriff Kunst ist hier fehl am Platze. Wir sind fundamental kulturelle Lebewesen, weil wir überhaupt erst im Spiegel von Abbildungen zum Menschen werden.
Es gibt die Realität, und es gibt die gedachte Realität. Wenn wir das Gedachte als Modellierung der Welt begriffen haben, haben wir beides begriffen, erstens daß wir nicht die Realität sind, sondern sie denken, abbilden, und zweitens, daß dann die Aufgabe besteht, diese Abbildung so genau wie möglich zu machen.
Den homo oeconomicus gibt es, wenn und soweit Menschen ihr Verhalten an dieser Vorstellung ausrichten, aber selbstverständlich geht der Mensch nie auf im h oe. Selbst im Kapitalismus, der die wirkungsmächtigste Aus/Abrichtung auf den h oe inszeniert, scheitert dieses Programm der Eindimensionalisierung.
Der Neue Realismus wird von Gabriel sehr schön formuliert, dennoch ist der Neoexistentialismus eine falsche Konsequenz. Ich vermute, daß dieser Fehlschluß aus einer grundsätzlich negativen Konnotation von Identität im Sinne der eingangs diskutierten Fiktionalität herrührt. Aber Identität muß psychologisch und soziologisch neutral gefaßt werden. So gibt es hypostasierte, schädliche, falsche Identitäten wie nützliche, angemessene, wahre. Es wäre furchtbar, wenn es keine Identität gesellschaftlicher Solidarität und keine personale Identität gäbe, so daß ich mich auf mir bekannte Individuen verlassen könnte. Ein bißchen bemerkt Gabriel selbst das Falsche, wenn er sagt, „Das sind schlechte Fiktionen, die von Leuten produziert werden, die inkompetent im Erzählen sind.“ Es gibt eben auch die guten Fiktionen der kompetenten Erzähler.
„Sozialität beruht auf Unterschiedlichkeit von Perspektiven.“ Nicht nur, das ist eine merkwürdige Verkürzung. Wir sind die Einheit von Sozialwesen und individuellem Organismus. Im Zustand der Naivität verstehen wir weder, daß wir kaum aus uns selbst sprechen, sondern die Sprach- und Erfahrungsgemeinschaft durch uns, noch, daß wir letztendlich allein sind, also eine Ebene besitzen, auf der wir alle Unberührbar sind. In der Kommunikation stellen wir dann sowohl unsere Getrenntheit, Eigenartigkeit, als auch das Allgemeine, Austauschbare, Ubiquitäre in uns fest.
Aufgrund obiger Verkürzung kommt Gabriel zu der einseitigen Aussage, daß uns der Dissens charakterisiere, das Soziale nur in den Objektivierungen, den produzierten Gegenständen beruhe. Aber wir sind tatsächlich beides, in Dissensen und in Konsensen. Sogar eher in Letzterem. Die Überindividualisierung in der heutigen Gesellschaft ist Schein, Ideologie. Das emanzipatorische Ziel kann nur darin liegen, daß sich beides in einem organischen Zusammenhang entfalten kann. Institutionen sind hilfreich, sie geben dem Sozialen eine materielle Gestalt. Aber man sollte sie nicht fehldeuten, sie ersetzen nicht die unmittelbare Gesellschaftlichkeit der Menschen, im Idealfall materialisieren sie sie.
Fazit: Kleine Retouchen sind mE notwendig, ansonsten habe ich das Interview gerne gelesen.
"Die sozialen Netzwerke greifen so aktiv in unsere Selbstbildmechanismen ein. Entgegensetzen ließe sich dem nur eine Art europäisches Internet mit sozialen Netzwerken, die in der Hand der Qualitätspresse wären. Dann würde automatisch das ganze Thema der Fake News verschwinden. Das wäre eine Möglichkeit, sowohl den aufklärerischen Wert der Presse zu retten als auch die Digitalisierung auf wünschenswerte Weise voranzubringen. Wir brauchen radikale Maßnahmen dieser Art."
ja - ganz klar. dabei ist doch gerade aktuell zu beobachten, wie sehr fake news gerade durch die "qualitätspresse" transportiert werden, die ungefiltert und ungeprüft behauptungen weitertragen und als faktizitäten kommentieren, gezielt emotionen aufbauen und zur möglichst großen verwirrung erst beitragen (einseitige brandmarkung von kritisch fragenden als corona-leugner und verschwörungstheoretiker, querfrontkonstruktionen, wo keine sind, blinde gefolgschaft für wenige, gesamtgesellschaftlich nicht ausreichend als relevant legitimierte wissenschaftsbereiche und deren äußerst selektiv zu wort kommende exponenten etc. etc.). wer verschwände denn zusammen mit facebook & co.? gerade auch die nachdenkseiten, der rubikon, telepolis, die sich, entgegen der mainstreampresse, ehrlich um aufklärung bemühen (auch den freitag würde es irgendwann erwischen). solange sich die "qualitätspresse" selbst für unabhängig hält (was im sinne des autors m.e. eine "fiktion" ersten ranges darstellt), ist durch die geforderte neukonstellation von sozialen netzwerken und presse nicht das mindeste an erkenntnis zu gewinnen.
Sie wiederholen hier Ihren Vorwurf der Inkonsistenz. Es ist eine leere Behauptung und ich werde sie ignorieren, solange Sie nicht versuchen, sie nachzuweisen. Wenn Sie mehr sagen wollen als daß Ihnen nicht gefällt, was ich schreibe, müssen Sie sich schon ein bißchen mehr Mühe geben.
"Vereinnahmungsstrategien" wären keine, wenn man sie bemerken würde. "Zeitdiebstahl" zählt für mich dazu.
Daß die Wirklichkeit nicht vom Geist abhänge, ist Ihr Wahn. Sie verstehen offensichtlich nicht, daß die Abhängigkeit nicht einseitig und nicht total ist. Die Kräfteverhältnisse zwischen Wirklichkeit und Geist versuche ich keineswegs zu verwischen - die Bibel sagt in schöner Verkennung „der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach“, wo es heißen müßte „der Geist ist un-/eigenwillig, das Fleisch in der Regel viel stärker“, aber der Mensch ist doch ein bißchen mehr als nur der überhebliche Zauberlehrling. Sie sind allerdings im Dualismus gefangen und ziehen Ihre erzkonservativen bis nihilistisch-affirmativen Schlüsse. Eine Haltung, der durchaus das gleiche Recht zukommt wie allen anderen. Aber inkonsistent sind nur unsere Positionen auf einem gemeinsamen Tisch. Da kann höchstens eine korrekt sein. Verräterisch ist schon Ihre Sprache: Wirklichkeit muß ja den Geist enthalten, wenn der Begriff richtig gebildet ist. Wenn Wirklichkeit nicht vom Geist abhinge, wäre Geist unwirklich oder ein metaphysisch Anderes. Denken Sie doch mal nach.
"Für mich war es noch nie Ausdruck besonderer Klugheit, von möglichst wenigen Menschen verstanden zu werden."
Das haben Sie sehr freundlich formuliert:-)
Mir stellt sich die Frage, ob das von Herrn Gabriel Gesagte überhaupt verstehbar ist.
Das ist das Freundlichste, das mir zu diesem Interview: Schüler fragt, "Philosoph" antwortet, nächste Frage, nächste Antwort..., Erkenntnis = NULL, Wirrnis statt (Er-)Klärung, ...[Selbstzensur]....
"Passend zum Leben in Zeiten des Corona-Virus lese ich gerade "Von der Kraft der Berührung". Die Berührungslosigkeit der letzten Monate ist für mich nicht nur ein großes Ärgernis, sondern auch krankheitsfördernd. Mir fehlen Berührungen ganz besonders. Und ich halte viele Corona-Massnahmen für unsinnig bis schädlich."
Das berührt mich. Ich wünsche Ihnen Kraft und Gesundheit.
Meine derzeitige Arbeitsdefinition von "Wirklichkeit" ist: Die (untrennbar miteinander verwobene) Gesamtheit des Wirkenden und des Bewirkten. Und Ihre?
Der Behauptung von Herrn Gabriel:
"Das heißt, der Geist ist kein zweitrangiger Bewohner der Wirklichkeit, und umgekehrt hängt die Wirklichkeit auch nicht vom Geist ab."
erlaube ich mir zu entgegnen: Die umgekehrte Bedeutung von: "Die Wirklichkeit hängt NICHT vom Geist ab" ist "Die Wirklichkeit hängt vom Geist ab".
Des Weiteren ist die Aussage: "der Geist ist kein zweitrangiger Bewohner der Wirklichkeit" mangels Definition der Begrifflichkeiten "Geist, zweitrangiger Bewohner und Wirklichkeit" nicht zu verstehen, jedenfalls nicht für meine Wenigkeit.
Ich bin mir momentan noch nicht sicher, ob ich es überhaupt verstehen will oder ob ich nicht doch lieber "einen Löwen an die Wand male, statt ihn nur zu jagen", hüstel. :-) Oder alternativ dazu meine Kohlrabis und Mören pikiere, Hecke schneide, den Gartenstuhl repariere ... ;-)
In „wenn die Wirklichkeit nicht vom Geist abhängt, dann ist dessen Gewolle nur eitler Zeitvertreib“ hatte ich Ihnen die Prämisse unterstellt, wenn gemeint war, daß es Gabriels Prämisse ist, trifft die Kritik der Widersprüchlichkeit ihn, nicht Sie. Nur geht dieser Bezug nicht hervor aus dem, was Sie gesagt haben. Sie hätten also sagen können, „Gabriel ist in diesem Punkt inkonsistent, warum kritisieren Sie das nicht“, daß ich die Prämisse teilen würde, ist jedoch eine haltlose Unterstellung. Was Sie mir vorwerfen, sollten Sie erst einmal selbst berücksichtigen.
Aber es ist schlimmer, Sie sind ein Fälscher. Gabriel sagte „der Geist ist kein zweitrangiger Bewohner der Wirklichkeit, und umgekehrt ...“, und „dann ist dessen Gewolle nur eitler Zeitvertreib“ ist von Ihnen. Damit verzerren Sie Gabriels Aussage, bei der die zweiteilige Prämisse den einseitigen Sinn, den Sie unterstellen, bei nicht böswilligem Lesen relativiert. Darum ist mir gar nicht aufgefallen, daß der Vorsatz Ihrer Aussage Gabriel zitiert. Das ist sinnentstellendes Zitieren. Natürlich muß es korrekt heißen „wenn die Wirklichkeit nicht nur, nicht einmal überwiegend vom Geist abhängt“ (wie der Vorderteil der Prämisse sagt, der Geist ist nicht völlig abhängig, reduzibel auf die – ich ergänze: vorgeistige – Wirklichkeit). Ich unterstelle nach wie vor, daß Gabriel nichts anderes gemeint hat. Das meine ich ebenfalls, und das ist nicht inkonsistent, sondern unbestreitbar, soll Denken konsistent sein.
Das erste hat nicht die Bedeutung des Gegenteils des zweiten, das zweite können Sie in meinem ersten Kommentar nachlesen.
Es stimmt, daß die Bemerkungen von Gabriel etwas undeutlich sind. Ein paar Punkte habe ich kritisiert, zu der inkriminierten Passage habe ich goalive kommentierend vorstehende Erläuterungen geliefert, vielleicht ist sie mit meinen naheliegenden Präzisierungen verständlicher.
Mein Kommentar an Wolfgang betraf Sie natürlich, was Ihnen auch sofort klar war."Durchlauferhitzer" wie Sie, sind ab und an immer mal wieder aufgetaucht. Wenn das Spielchen langweilig wird, sind jene auch wieder selbst abgetaucht oder wurden "versenkt".
Der also mit offensichtlich destruktiver Intelligenz unterwegs ist und meint, seine Fouls anschließend auch mit Smileys wieder aufheben zu können, also die Foristen auch noch zu verarschen, den würde ich mal zur Selbstanalyse vorübergehend in die "namenlose Zone" schicken.
Ich bin sicher, Sie können auch anders!
Nun, in Ihrem ersten direkten Kommentar an mich haben Sie mir Inkonsistenz vorgehalten anhand eines aus dem Zusammenhang gerissenen Zitatfragments bei Gabriel, das Sie mit meiner hier öfters vertretenen Auffassung identifiziert haben. Ich hatte Sie daraufhin aufgefordert, mir meine Inkonsistenz nachzuweisen. Über die Undeutlichkeit einer Gabrielpassage hätte man ja wie moinmoin es anmahnt (vielleicht will er es auch gar nicht genauer wissen, weil es ihm zu abgehoben ist) sprechen können. Aber Sie haben nur noch Ihr festes Vorurteil verteidigt. Unter solchen Bedingungen ist eine Diskussion sinnlos.
Übrigens: sachliche Auseinandersetzungen sind nicht übergriffig, moralische sind es. Ich habe keinerlei Probleme damit, daß Sie mir erläutern, warum und wie ich Sie falsch verstanden habe, und auch umgekehrt darf man mich alles fragen und mich mit Vermutungen konfrontieren. Nur wenn man nicht vorhat, die Antworten ernst zu nehmen, ist es „Zeitverschwendung“.
Sie verstehen nur die Dialektik in der Aussage Gabriels nicht.
“Oder alternativ dazu meine Kohlrabis und Mören pikiere, Hecke schneide, den Gartenstuhl repariere ...“
Genau, machen Sie mal das.
***** Ihre Kommentare gefallen mir mal wieder sehr.^^
Wie wahr!^^
Ist erledigt. Bis auf den Gartenstuhl. Den habe ich weggeschmissen. Lohnt sich nicht mehr. Man muss auch (sinnvoller Weise) seine Grenzen kennen und akzeptieren, wenn nicht der Weg, sondern das Ziel das Ziel ist.
Und jetzt, um das Geistige nicht (gegenüber dem Körperlichen) zu vernachlässigen, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir die "Dialektik Gabriels" so erklären könnten, dass ich (aus Deutsch - statt Latein und Griechisch sprechenden Arbeiterhaushalt stammender schlichter, aber durchaus wissbegieriger und lernwilliger Mensch), ohne im Fremdwörterbuch nachschlagen und Gerhirnakrobatik machen zu müssen.
Aber vorerst (auch) Ihnen eine gute Nacht.
Muss heißen: ... dass ich ... ohne im Fremdwörterbuch nachschlagen und Gerhirnakrobatik machen zu müssen, zumindest nachvollziehen kann, was gemeint sein könnte. :-)
Naja, philosophische Gedanken ändern sich nicht wie die Mode. Da sind 40 Jahre ein Klacks. Wenn, dann finden differentielle Anpassungen in der Tektonik statt. Da sollte man mit seinen Ansprüchen an Philosophen bescheidener sein, wie Sie sagen: das Feuer konnte nur einmal erfunden werden.
Im Vergleich schneidet Gabriel gar nicht so schlecht ab, er ist ein Realist, aber weniger verkürzt einseitig als ein Großteil des älteren Realismus. Dazu gehört, daß wir in der Regel unser Bewußtsein von der Welt zu einem vollständigen Ganzen aufzufüllen versuchen, dazu gehört die Diskrepanz, daß die Welt nicht als einheitliches Sinngebilde gesehen werden kann und wir trotzdem die Welt annähernd erkennen können. Daß er in die Realität, und das sieht er als etwas Neues, die innermenschliche Ebene mit den Trugbildern und Sackgassen voll einbeziehen will, ohne sie als ephemer herabzustufen, ist gegenüber manchem Realismus ein Fortschritt. Unter dessen vielen Spielarten ist das vergleichsweise differenziert. Das ist nicht die einzig mögliche philosophische Denkweise, aber eine gut durchdachte.
Und ein paar Schwachpunkte habe ich zu korrigieren versucht.
Wenn ich schon mal vorab an Stelle von Miauxx eine Antwort anbieten darf: Dialektik wird notwendig, wenn wir nicht mehr ausreichend komplexe Zusammenhänge in einfache Ursache-Wirkungs-Ketten zerlegen können, wenn dieses für den Alltag in der Regel ausreichende mechanische Denken versagt.
In dem, was hier diskutiert wurde, ging es darum, das Verhältnis von objektiver Wirklichkeit und subjektivem Geist zu erfassen, und das ist ein komplexes Ineinander, ist nicht hinreichend erfaßt als Ganzes und Teil, und nicht als Ursache und Wirkung.
Leider kann man der Menge täglich produzierten Unsinns nicht hinterherschreiben, - hier mach ich's mal wieder:
@Zietz:
Dann wären Babies u. Andere keine Menschen, da sie aller Wahrnehmung und näherer Untersuchung nach noch keine Abbilder von ihren Abbildern der inneren (Körper, nahezu ohne Gehirn, das von seinem eigenen physischen Zustand kaum eigene Abbilder erzeugt, im Ggs. zu den Fingern u. anderen Organen, die es im Nichtbewussten und tlw. auch Bewussten eben abbildet) oder äußeren Welt besitzen.
Einfache Abbilder von sich (Körper) und der Welt haben auch Tiere, vermutlich tlw. auch Abbilder von Abbildern, ein Wissen vom Wissen, sodass das "erst zum Menschen machen" das gnadenlose Bild des späten 18. sowie des 19. und des 20. Jh. - inkl. Marx u. a. Linker wie vor allem Rechter - vom Menschen perpetuiert, der 1. erst durch Ausschöpfung seiner Möglichkeiten - ein jeder nach seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen usw. - zum Menschen wird, was 2. daran orientiert wird, ein m. o. w. westl.-bildungsbürgerliches Bewußtsein, Verhalten u. Kultur zu erreichen.
Ein erster Ansatz von Ab-Abbildungen, eines ersten Wissens vom Wissen, entsteht schon durch die Spiegel-Neuronen der Raubtiere bis Primaten. Letztere lernen dadurch den Anderen, Artgenossen oder Beute, zu lesen, sein akt. Empfinden im Weltverhältnis nachzufühlen, sein Verhalten zu antizipieren usw. = 2. Abbild, das auch im Spiegelnden ein 2. neben den Eigenbildern darstellt, die aber von den eingespiegelten Bildern tunlichst getrennt behandelt werden müssen - was nicht immer gelingt - und damit eine erste, reflexhaft-reflektorische Funktionsform des Bewußtseins, eines Wissens von Bildhaftigkeiten initiiert
Leider kann man der Menge täglich produzierten Unsinns nicht hinterherschreiben, - hier mach ich's mal wieder:
@Zietz:
Dann wären Babies u. Andere keine Menschen, da sie aller Wahrnehmung und näherer Untersuchung nach noch keine Abbilder von ihren Abbildern der inneren (Körper, nahezu ohne Gehirn, das von seinem eigenen physischen Zustand kaum eigene Abbilder erzeugt, im Ggs. zu den Fingern u. anderen Organen, die es im Nichtbewussten und tlw. auch Bewussten eben abbildet) oder äußeren Welt besitzen.
Einfache Abbilder von sich (Körper) und der Welt haben auch Tiere, vermutlich tlw. auch Abbilder von Abbildern, ein Wissen vom Wissen, sodass das "erst zum Menschen machen" das gnadenlose Bild des späten 18. sowie des 19. und des 20. Jh. - inkl. Marx u. a. Linker wie vor allem Rechter - vom Menschen perpetuiert, der 1. erst durch Ausschöpfung seiner Möglichkeiten - ein jeder nach seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen usw. - zum Menschen wird, was 2. daran orientiert wird, ein m. o. w. westl.-bildungsbürgerliches Bewußtsein, Verhalten u. Kultur zu erreichen.
Ein erster Ansatz von Ab-Abbildungen, eines ersten Wissens vom Wissen, entsteht schon durch die Spiegel-Neuronen der Raubtiere bis Primaten. Letztere lernen dadurch den Anderen, Artgenossen oder Beute, zu lesen, sein akt. Empfinden im Weltverhältnis nachzufühlen, sein Verhalten zu antizipieren usw. = 2. Abbild, das auch im Spiegelnden ein 2. neben den Eigenbildern darstellt, die aber von den eingespiegelten Bildern tunlichst getrennt behandelt werden müssen - was nicht immer gelingt - und damit eine erste, reflexhaft-reflektorische Funktionsform des Bewußtseins, eines Wissens von Bildhaftigkeiten initiiert.
wendemann - goalive
natürlich sind welttatsachen innerer o. äußerer art stets geistes-konstitutiva insoweit wir dazu denken o. sprechen. da müssen wir uns auf die umläufigen abbilder beziehen, da das ding an sich nicht vollständig erfassbar ist, ergänzt werden muss um hypothesen usw.
d. h. aber nicht, dass diese geistabhängigkeit eine a priorische unterwerfung der tatsachen unter den geist bedeutet. man hat ja vielfach versucht, probleme durch löschung ihrer abbilder zu lösen, doch die wichtigeren tatsachen rekonstruiren sich stets immer neu im geist. so kommen tiere mit weit geringerer ausdifferenzierung der sprache aus, genügt da ein winziger kommunikativer anstoß, komplexe weltrekonstruktionen auszulösen.
ächz, farutscht ..., sry.
I Das war Valentins prophetischer Vorgriff auf Feyerabend: anything goes. So wahr wie falsch.
II Das ist der Grantler und Pessimist Valentin.
III Das ist die überholte Sicht unserer naiven Anschauung: das, was wir sehen, das was wir sehen könnten, wenn wir unseren Standpunkt änderten, und das Innere, das wir nicht sehen können. Aus heutiger Sicht ist die Welt 4-, 10- oder noch höherdimensional.
IV Das ist unsere Alltagsvernunft. Wer möchte mit einem Leben vor -zig Jahren tauschen. Noch vor ein paar hundert Jahren wären die meisten heute Lebenden bereits tot. Und wer steht schon konsequent zu der Ansicht, die Verlängerung der Lebenszeit ist nur eine Verlängerung des Jammertals.
„nicht, dass diese geistabhängigkeit eine a priorische unterwerfung der tatsachen unter den geist bedeutet“, ich hoffe doch, das hat niemand in dieser Allgemeinheit behauptet. Allerdings ist noch keineswegs abgetan, daß der Mensch nicht anders als mit der apriorischen Logik widerspruchsfrei denken muß.
Der Vergleich mit Tieren ist schräg, Tiere besitzen keine komplexe Weltrekonstruktion, sondern hochleistungsfähige, adaptive Reaktionsmechanismen, sind darin bereichsweise der Menschenart überlegen. Nicht aber, was die kognitive Problemlösung betrifft, ganz zu schweigen von dem funktionsbefreiten Operieren.
„Die Furcht zu irren ist der Irrtum selbst“ (Hegel)
Wie wollen Sie (insbesondere geisteswissenschaftliches) Wissen formalisieren, daß algebraische Sachverhalte überprüft werden können?
Es besteht heutzutage nach wie vor offensichtlich ein großer Bedarf an Dekonstruktion. Es wäre aber mal ein Fortschritt, wenn die Skeptiker auch ihrem Skeptizismus skeptisch gegenüberstehen, nicht ihn allein ausnehmen würden.
Kurz und knackig, wie auch zackig: THANX.
Ich weiß zwar nicht, mit welchen mehrdeutigen Aussagen ich mir das verdient habe, aber da mißverstehen Sie mich gründlich. Ich hatte ähnlich wie Sie in meinem Kommentar argumentiert, wobei ich bei Ihnen den klassischen Vorwurf der Natur- an die Geisteswissenschaften herausgelesen habe, daß sie mit der Konjugationsinvarianz das naturwissenschaftliche Ideal benennen und von da aus die Geisteswissenschaften grundsätzlich entwerten (da ist es logisch, daß Sie mir einen konträren geisteswissenschaftlichen Standpunkt unterstellen). Man muß hier allerdings einen Schritt weiter gehen, denn die Mathematik sagt nicht, daß die Welt konjugationsinvariant ist, sondern daß es beide Modelle gibt und auch in der Naturwissenschaft nicht das eine fraglos unterstellt werden kann. Ich bin insofern ein bißchen über Sie hinausgegangen, indem ich festgestellt habe, daß geisteswissenschaftlich schon die mathematische Modellierung scheitert, aufgrund derer die Frage gestellt werden könnte, variant oder invariant.
Wenn Sie gestatten:
pleifel | Community Aktionen vor etwa 3 Stunden @ Biene
<< [...]
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
off topic zum Philosophen Gabriel:
Aufschlussreich zu lesen, mit welcher Überheblichkeit manche vermeinen, die Welt in ihrem Grund und Wesen besser zu verstehen als diejenigen, die sich Zeit ihres Lebens darüber Gedanken machen. So nach dem Motto: "den Kant brauchte ich erst gar nicht zu lesen, der ist "überholt", wo eher zu schließen wäre, "den Kant brauche ich erst gar nicht zu lesen, denn dass kapiere ich eh nicht". Das Beispiel ließe sich verlängern, wer vermeint aus der Abschöpfung des Rahms (oder auch der Sekundärlektüre), die Gedankenarbeit sich ersparen zu können.
Manche meinen auch, aus ihrer sicher erkannten, evolutionären Beschränktheit heraus, trotzdem sichere Urteile über diese (hinaus) abgeben zu können und ziehen ihre Urteile doch gleich selbst aufgrund ihres eigenen Ansatzes mit der "Klospülung" wieder ab. Aber die "Realität beruht zudem auf Konjugationsinvarianz", womit gleich klar ist, was man erst mal nachschlagen muss, als ungebildeter Leser zumindest.
Man sollte aufpassen, nicht über den eigenen Schatten zu fallen, den man wirft.>>
moinmoin | Community Aktionen vor 39 Minuten @ pleifel
Werter P..LEifel, haben Sie auch den Mut, statt Personen von hinten in die Knie zu treten (warum und wozu eigentlich?) auf Augenhöhe, von Angesicht zu Angesicht zu begegnen und Ihre diesbezüglichen Vorwürfe und Vermutungen sachlich, argumentativ zu begründen. Oder würde das Ihrem Verständnis von Philosophie und Dialektik nicht entsprechen?
Zu der von Ihnen angesprochen Überheblichkeit:
<<Gabriel: Sicher nicht wie Herr Precht, der nicht die Philosophie massentauglich macht, sondern irgendetwas anderes. Er hat nur eine unzureichende philosophische Ausbildung und versteht nicht viel vom Fach als Wissenschaft. Richtig ist, dass meine Bücher philosophische Probleme in einer Art darstellen, die es jedem möglich macht, mir zu folgen. Es sind also massentaugliche Bücher, deren Inhalte uns alle angehen. Kant nennt das im Unterschied zum "Schulbegriff" den "Weltbegriff" der Philosophie, die Seite der Philosophie, die für alle gedacht ist.>>
Zu der von Ihnen angesprochenen philosophischen Kompetenz bzw. unterstellten Inkompetenz und Beschränktheit:
<<... So nach dem Motto: "den Kant brauchte ich erst gar nicht zu lesen, der ist "überholt", wo eher zu schließen wäre, "den Kant brauche ich erst gar nicht zu lesen, denn dass kapiere ich eh nicht".>>
Haben Sie Kant gelesen? Und kapiert? Und sich damit auseinandergesetzt - dialektisch :-)? Oder ist das nicht nötig, weil alles, was Kant schrieb richtig war/ist? Und hat Ihrer Meinung nach Rousseau Kant kapiert? Und Voltaire Rousseau?
Wie war das doch gleich mit: "Wer sich selbst erhöht?" Kam der Spruch von Ihnen?
[Text nachträglich korrigiert]
Das Rad hat Herr Zimmermann nicht neu erfunden, es findet sich da ein bisschen von vielen philosophischen Gedanken. Ich finde es komisch, dass er sich selbst so widerspricht, mit Dialektik hat das aber nichts zu tun. Wenn die Fiktion das Salz in der Suppe wäre, dann würde ja auch Identität Sinn machen, wie fiktional sie auch sei, denn ohne wäre das Leben ja öde. Es käme dann nur darauf an, wie ernst jede*r die fiktionale Wahrheit nähme, ob ein Identitätsgerüst also sowohl wichtige Stütze, als auch amüsantes Spiel sein kann.
Diese Vorstellung, die nationalen oder europäischen Qualitätsmedien als Ersatz der us-amerikanischen Netzgiganten würden eine bessere fiktionale Wirklichkeit abgeben, eine weniger koloniale, halte ich für eurozentristischen Unsinn. Da die USA ein Konstrukt Europas sind, läge die Forderung nahe, indigene und schwarze Leute sollten das übernehmen, so würde der Kolonialismus eher aufgehoben. Aber auch diese Fiktion kommt mir schräg vor. Die sogenannten Qualitätsmedien spielen auch nur mit Fiktionen. So spielt man jedenfalls nicht auf der Klaviatur von Fiktion und Wirklichkeit. Fast alles unterliegt ja einer fiktionalen Weltkonstruktion, die sich dann eben auch verwirklicht, das wäre dann die Dialektik von Wirklichkeit. Außer den Trieben, die erscheinen laut Autor ja als natürlich produziert statt menschlich konstruiert. Da latscht er dann aber auch auf mega ausgetrampelten Pfaden. Wenn er also wertet, wird es problematisch.
Im Übrigen hat sich die Erkenntnistheorie schon lange mit dem Thema beschäftigt und wissenschaftlicher Konsenz ist es, die Empirie, also Erfahrung, als Grundlage von Wirklichkeit zu nehmen. Wenn eine Erfahrung verallgemeinert, objektiviert werden kann, also von jedem Menschen grundsätzlich erfahrbar ist, dann ist es Wirklichkeit. Dieser Poppersche Empirismus hat nichts mit dem Wittgensteinschen Gedanken zu tun, dass das Wort 'Tisch' völlig unterschiedliche subjektive Bilder (Fiktionen) auszulösen vermag, die Fähigkeit der menschlichen Abstraktion (ein anthropologisches Grundphänomen) erschafft aus dem Wort dennoch eine gewisse Wirklichkeit. Eine Wirklichkeit, die individuell mit völlig verschiedenen Bildern/Fiktionen daherkommt, was jedoch der Kommunikation meistens nicht schadet.
Insofern sind die Binsen ein netter Impuls zum Nachdenken, aber gewiss kein Stein des Weisen.
" ..., Tiere besitzen keine komplexe Weltrekonstruktion, sondern hochleistungsfähige, adaptive Reaktionsmechanismen, ..."
Wachen Sie auf Wendemann! Auch dieser Versuch, das Reiz-Reaktionsschema als DEN Hauptbegriff gegenüber Tieren im Spiel zu halten, indem man noch "hochkomplex" und die Adaptationsfähigkeit des je konkreten Schemas hinzufügt, ist doch längst gescheitert.
Das passt auf zuviele Beobachtungen als auch alle derzeit denkbaren Versuche des neuronal-logisch-semantischen Nachvollzuges/der "Erklärung" WIE/ doch überhaupt NICHT, um noch valide zu sein. Einen Erklärungsstrang hätten Erkenntnisse u. Erfahrungen mit AI/KI vlt. bilden können, aber da zeigen sich doch Grenzen, - die immerhin dann eben klarmachen, dass viele Tiere (T) "größer als >" die "hochleistungsfähige[n], adaptive[n] Reaktionsmechanismen" (haRm) sind. Und für den Teil oberhalb der haRm, - da sind unter anderem eben auch bei Tieren Normativität/Gerechtigkeitsgefühle u. Gewissen angesiedelt -, kommen eben Abbilder, und Abbilder von Abbildern in Frage, letzteres besonders dann, wenn zwischen widersprüchlichen Abbildern vermittelt werden muß. Dazu bedarf es stets einer 3. Instanz, der Vermittlung, die im einfachsten Reflexbogen bestehen kann, dann aber je spezifisch zu einzelnen Bild-Aufgaben-Relationen ausfallen muss, während eine generalisiertere Funktionalität der Widerspruchsverarbeitung wegen der Trennung der A- bis X- Bilder, was die (Re-)Konstruktion einer Art Oberbild/-Begriff "Bild"/ich sehe was/es wird etwas gesehen/ erleichtert bis evoziert, und a la longue die Errichtung einer 3. Instanz nach Art des Bewußtseins des "es wird gedacht/empfunden/beabsichtigt/gesehen/ .../ , dass ... A ... B ..." zumindest aufscheint (Primaten, evtl. deutlich mehr Gruppen), die sich selbst auch abstrakt als Bild nochmal vergegenwärtigt, um konkrete Ergebnis-Abbilder der Widerspruchsbearbeitungen in diesem Raum ablegen zu können und durch diese Verortung wieder darauf zugreifen zu können.
"... ganz zu schweigen von dem funktionsbefreiten Operieren ... "
Gerade das "funktionsbefreite Operieren", das Spiel, das Tun, weil man es kann, weil das Hirn u. seine Ideen eben auch Lustorgane sind etc., das im Tierverhalten sowohl empirisch wie auch hermeneutisch, im Wie-Verständnis, oft zu erkennen ist, führte ja als erster von weiteren Hinweisen zum Verlassen des Reiz-Reaktionsmodells.
Oha, Paul, Du rufst mehr und mehr den Eindruck hervor, als sei dieses Forum, die dFC deine ganz persönliche Spielwiese.
Vielleicht täte dir auch vielleicht mal eine Zeit der Abstinenz gut, die offenkundige Hybris wenigstens vorm Überschäumen zu bewahren.
Ich werde da bei Dir nicht nachlegen, aber vielleicht sollte ich auch mehr Sternchen verteilen.
Na, dann fürchten Sie sich mal vor dem nächsten Religionskrieg zwischen Tier und Mensch.
Im Ernst: Eine Art Vorbewußtsein läßt sich bei Tieren nicht bestreiten, und im Fühlen sind sich Mensch und Tier sehr nahe. Und auch hinsichtlich der Lernen und Training auslösenden Organlust dürfte man hinreichend Parallelen ziehen können. Ob man deshalb sagen kann, daß Tiere auch spielen, ist aber damit noch nicht bewiesen, ist auch abhängig davon, wie man „Spiel“ definiert. Sie haben ja schon von mir Texte gelesen, da wissen Sie, daß ich durchaus die Kontinuität von Tier und Mensch betone. Es gibt bekanntlich schon sehr viele Untersuchungen über tierische Intelligenz, die nachweisen, daß man das Bewußtsein von Tieren mit dem von Kleinkindern vergleichen kann, daran können Sie ablesen, wie autonom das tierische ist, wenn Sie keine Vorurteile gegen Entwicklungstheorien haben. Sie sind zu unrecht über den einen Satz bei mir gestolpert, weil ich ihn nicht in dem mechanischen Sinn verstehe wie der Positivismus das tut. Das sollten Sie aber wissen, ich schreibe immer gegen die Sinnhaftigkeit der KI, der Maschinen an (Maschinen haben nicht die Intelligenz der Tiere, sie haben überhaupt keine Intelligenz, sie entsprechen dem engen Verständnis von R-R, input-output), schon die Tiere sind Lebewesen, keine Maschinen, sind schon Subjekte, die sich ihrem Interesse gemäß mithilfe der Bilder im Kopf steuern. Nur die Behauptung, die Bilder wären ein Weltverständnis, das der Reflexion zugänglich ist, betrachte ich als Projektion unseres verselbständigten Bewußtseins auf die Tiere.
Darauf habe ich schon bei Gelegenheit geantwortet: Selbstüberschätzung ist Teil dessen, was ich den natürlichen Positivismus nenne; eine leicht unrealistische, überhöhte Selbsteinschätzung ist im Konkurrenzkampf förderlich, bis hin zur Großmäuligkeit von Sportlern, insbesondere Kampfsportlern (Imponierverhalten). Gleichzeitig ist sie Indiz der Unfreiheit, größte Freiheit ist die Fähigkeit, gegen oder autonom gegenüber eigene(n) Interessen zu handeln/handeln zu können, weshalb Ästheten eher das Understatement lieben. Die Selbstüberschätzung kann aber auch in eine große, gute Sache gesteckt werden, die man bei realistischer Einschätzung, gar Kleinmütigkeit, unterlassen würde. Dann verbindet sie sich mit dem Dienen an etwas Größerem als man selbst ist. Das bremst aber auch die Selbstüberschätzung aus, man freut sich, wenn jemand etwas besseres beitragen kann.
Vielleicht ist es ja Zeichen meiner Selbstüberschätzung, daß ich hier vielen widerspreche und allen antworte, darum wird das mein letzter Kommentar in diesem Thread sein. Nun könnt ihr alles unwidersprochen sagen, was ihr immer schon mal sagen wolltet.
Es geht ja um den Satz: "Das heißt, der Geist ist kein zweitrangiger Bewohner der Wirklichkeit, und umgekehrt hängt die Wirklichkeit auch nicht vom Geist ab."
Die Wirklichkeit ist, hier bei Gabriel, nicht (mehr) allein die eines objektivierbaren Dings, auf das ich mich mit Anderen einigen kann bzw. geeinigt habe (ein Tisch, der vor uns steht oder den Ruf eines Kuckucks, den wir hören), sondern auch die des subjektiven Geistes bzw. der Fiktion. Der Erinnerung führt Gabriel ja als ein Beispiel für Fiktion an. Da sie aber einen Moment, den ich erlebe, konstituieren kann, ist sie ebenso eine Wirklichkeit. Das ist eine Zweiseitigkeit der Wirklichkeit, die sich eigentlich zu widersprechen scheint, von Gabriel aber versöhnt wird.
"ohne im Fremdwörterbuch nachschlagen und Gerhirnakrobatik machen zu müssen"
Philosophie ist aber Gehirnakrobatik. Es geht um das Denken als solches. Nicht um Ziele, sondern das Unterwegs-Sein. Philosophie ist keine angewandte Wissenschaft, bei der am Ende immer die Lösung eines Problems stehen muss. Man sollte sich nicht täuschen lassen davon, was heute so alles Philosophie genannt wird - es hat zumeist reichlich wenig damit zu tun.
“Gesamtheit des Wirkenden und des Bewirkten. Und Ihre?“ Was stellen denn die meisten so hochentwickelten Zweibeiner an, sie streben dich die “Birne“ einzuschlagen und das, als sie den ersten Faustkeil schnitzten! Und die wenigen die das nicht wollen, sind die “Spinner“ … Wir suchen nach außerirdischen – wir sollten das lieber lassen, denn umgedreht sollten wir lieber nicht entdeckt werden … !
Unser beider Grün nebeneinander beißt sich schon ganz schön, was?^^
ja,
wollust ward dem wurm gegeben.
der spiel-raum von unseren tierischen nachbarn wird unterschätzt.
wohl auch ihre neugier, ihre empfänglichkeit für schönheit,
die über die reiz-aufnahme geht-
oder?
" ... und im Fühlen sind sich Mensch und Tier sehr nahe."
Naja, Humor/Lachen und das Weinen drücken die Gemeinsamkeiten mit den Tieren wohl auf unter 70%.
"Maschinen haben ... überhaupt keine Intelligenz, sie entsprechen dem engen Verständnis von R-R, input-output)"
Nee, eben nicht mehr alle M., manche bestehen sehr gute IQ-Tests, auch von daher sind die Tiere eben auch keine R-R-Automaten.
" ... schon die Tiere ... sind schon Subjekte, ... "
Nee, denn an einer Unterworfenheit, wörtl. für "Subjektivität", entzündet sich da nicht das je Eigene, der Wille als Gg.-Satz zur Unterwerfung und daher auch nicht der Transfer, dass, wenn es schon "Herrschaft" gibt, diese ja auch in die Eigenregie inkl. Selbstbeherrschung überführt werden könnte, was den modern-phil. Begriff von der Subjektivität kennzeichnet, - geschlechter-übergreifend.
"Nur die Behauptung, die Bilder wären ein Weltverständnis, das der Reflexion zugänglich ist, ... "
Im Ansatz bei manchen Primaten-Exemplaren, doch ja,
" ... betrachte ich als Projektion unseres verselbständigten Bewußtseins auf die Tiere."
Nun, das gilt für alle systematischeren Erkenntnisse, die zunächst in das Prüffeld als Hypothese "projiziert" werden, und dann geschaut wird, ob diese dort überleben/persistieren oder nicht, vorhergesagte Auswirkungen zeigen oder nicht etc.:
Piagets Kinder haben z. B. auf die an sie herangetragenen Kategorien von Stufen des moral. Bewußsteins kompatibel reagiert. Kinder sind da extrem flexibel, - schon aus Selbstschutz- u. Vorteilsgründen. Das heisst aber noch nicht, dass das ein Generalisierbares für alle Kinder oder gar m.o.w. "natürliche" o. ä. zwangsläufig gedachte, allg. Entw.-Prozesse bedeutet. Die einschlägigen Erfahrungen u. Untersuchungen von den alltägl. Erziehungen bis in die wissenschaftliche UND praktische Kinder-Heilkunde widerlegen das jedenfalls, sondern sie zeigen, dass solches als Untersuchungsartefakt bei Kindern oft erzeugbar ist. Das mag z. B. bei untersuchten Primaten bzgl. der Anzeichen von Reflexion, Weltverständnis auch ähnlich sein, aber auch Fernbeobachtungen zeigen, dass ein komplexes Weltverständnis vorliegen muss, das aber nicht sprachlich vermittelt wurde, sondern nur auf - auch soziale - Anstöße hin, (re-) konstruiert wird, aus m. o. w. fertigen, spezifischen kognitiven Anlagen + Inputs. Stichwort Reh-Apotheke: Wie kommt ein Reh, das sich den Magen verdorben hat, denn dazu genau den weit entfernten, nur über einige versch. Pfade erreichbaren Medizin-Busch aufzusuchen, obwohl es noch nie dorthin mitgenommen wurde usw., ebenso die (Um-) Zugsentscheidungen mit Befolgung eines offenkundig fein abgestimmten Plans (Umwege zur Wasser u. Futter-Versorgung, Vermeidung von Gefahren usw.), obwohl die Elefantenherde den Weg noch nie gemacht hat.
Und da wollte ich den Bogen zur Ausgangsbehauptung von Zietz zurückschlagen/die Klammer schließen, aber es gibt scheinbar diesen Kommentar nicht mehr, nur noch eine Kurzintervention von Z. Für das "erst zum Menschen werden"/machen eignet sich das alles nicht. Mensch ist, wer aus dem Schoß eines Menschen kommt.
Ich breche kurz mein Versprechen, nichts mehr zu sagen, denn der Gedanke ist zu schön: Die Menschen sind doch im Tierreich einmalig, weil sie mechanisch denken und sich verhalten können wie Maschinen (also entmenschlicht).
Was spricht dagegen, statt "Zweiseitigkeit der Wirklichkeit, die sich zu widersprechen scheint", von der Existent objektiver und subjektiver Wirklichkeit auszugehen?
"Philosophie ist aber Gehirnakrobatik. Es geht um das Denken als solches. ..."
Das sehe ich anders. ;-)
Ich lese bzw höre gerade ewas über Immanuel Kant. Diese kopernikanische Wende im Denken.
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/immanuel-kant
Hier ist ein interessanter Beitrag dazu.
"Wir glauben, dass die Welt so ist, wie wir sie sehen. Doch der Philosoph Immanuel Kant kommt zu dem Schluss: Wir kennen die Wirklichkeit nicht, sondern nur unsere subjektive Interpretation davon. "
Passt das nicht auch ganz gut in diese Debatte. Ich bin auf dem Gebiet nicht so belesen, wie es die Diskutanten alle offensichtlich sind, aber schon beim Nachhören fand ich das so spannend und durchaus auch bedenkenswert.
Hallo Magda, hab mal reingeschaut in deinen Link. Der Autor bezieht sich auf die 1787 erschienene zweite Ausgabe von Immanuel Kants "Kritik der reinen Vernunft".
Ich habe dort nirgendwo eine Aussage Kants gefunden, von der sich dieses Zitat:
"Wir glauben, dass die Welt so ist, wie wir sie sehen. Doch der Philosoph Immanuel Kant kommt zu dem Schluss: Wir kennen die Wirklichkeit nicht, sondern nur unsere subjektive Interpretation davon. "
ableiten ließe.
Wenn Kant in seiner Vorrede zur zweiten Auflage des o.g. Werkes erlärt:
„Es ist hiemit eben so, als mit den ersten Gedanken des Copernicus bewandt, der, nachdem es mit der Erklärung der Himmelsbewegungen nicht gut fort wollte, wenn er annahm, das ganze Sternheer drehe sich um den Zuschauer, versuchte, ob es nicht besser gelingen möchte, wenn er den Zuschauer sich drehen und dagegen die Sterne in Ruhe ließ.“[
kann man schlussfolgern, dass er unterscheidet zwischen der Welt, die uns Menschen durch Sinneswahrnehmung erscheint und der Welt, die darüber hinausgeht und durch Denken (was über das bloße Wahrnehmen hinausgeht) "erfasst" bzw. erkannt wird.
Mit Bezug auf das Zitat von Kant lässt sich sagen:
Auf der Sinneswahrnehmung, dass die Sonne im Osten aufgeht, ihre Bahn über den Himmel zieht und im Westen untergeht (eine Wahrnehmung, die allen Menschen mit Sehhkraft gemein ist, egal, womit dieser Eindruck von unserem Hirn verarbeitet, interpretiert bzw. assoziiert wird), beruht die Annahme, dass sich die Sonne um die Erde drehe.
Die Erkenntnis, dass diese Wahrnehmung nicht der Realität entspricht, sondern uns so erscheint, weil sich tatsächlich die Erde um ihre eigene Achse dreht, setzt aber voraus, dass es eine objektive Wirklichkeit geben muss.
Die Möglichkeit der Täuschung bzw. des Irrtums bedingt die Existenz von obketiver (d.h. von der Wahrnehmung des Menschen unabhängig) Wirklichkeit.
Ebenso wie die Möglichkeit der Lüge/zu lügen und des Irrtums/sich zu irren die Existenz von Wahrheit (als Eigenschaft der Aussage über Wirklichkeit bedingt.
Fazit: Die Behauptung "Wir glauben, dass die Welt so ist, wie wir sie sehen." ist, wer immer es gesagt haben mag, Quatsch. Oder netter formuliert: beruht auf Täuschung.
Ich hoffe, dass ich mich verständlich ausdrücken konnte und Sie sich von meinen Worten nicht erschlagen fühlen.
Ich verstehe diesen Kantschen Verweis auf eine kopernikanische Wende im Denken so, dass es - neben der Erkenntnis, die auf Erfahrung beruht - auch eine darüber hinausweisende Erkenntnis gibt, die aus dem menschlichen Geist selbst kommt. Das kann man heute sicherlich auch anders interpretieren und als Abstraktion oder so verstehen.
"Kant forderte, dass sich nicht mehr all unsere Erkenntnis nach den Gegenständen richten dürfe, sondern, dass sich „der Gegenstand (als Objekt der Sinne) nach der Beschaffenheit unseres Anschauungsvermögens“[12] richten müsse. Damit begründet Kant „eine neue Stellung des Subjekts zur Objektivität“[13]. Analog zu Kopernikus, der die Sonne statt der Erde in den Mittelpunkt der Welt setzte, rückt Kant das menschliche Erkenntnisvermögen, mithin den Verstand ins Zentrum. Kant vollzieht den Perspektivenwechsel weg von der Metaphysik des Seins und der Dinge, hin zur Transzendentalphilosophie.
Sie ist die Untersuchung der Möglichkeiten der synthetischen Urteile a priori: „Ich nenne alle Erkenntnis transzendental, die sich nicht sowohl mit den Gegenständen, sondern mit unseren Begriffen a priori von Gegenständen überhaupt beschäftigt.“[14] Diese apriorischen Möglichkeitsbedingungen sind subjektive Voraussetzungen, sie liegen nicht auf der Seite der Gegenstände, sondern auf der Seite des erkennenden Subjekts. "
(Das habe ich aus einer interessanten Sekundärquelle entnommen. Es erklärt, worum es geht. )
[...]Eine andere Sache ist, wie das kritisch betrachtet und gesehen wird. Da geht es nicht um Quatsch oder Täuschung.
Sie halten sich aber für ein bisschen zu schwergewichtig, wenn Sie befürchten, mich mit Ihren Einlassungen zu "erschlagen".
In Ergänzung zu Magda: Dass die Welt nicht zwingend so sei, wie sie uns erscheint, lesen wir doch genau in dem von Ihnen zitierten Kant. Mit der Geozentrik, mit Kopernikus, kommt man in's Stocken - also probier man, beim Kreisen bleibend, eine andere Deutung: Wir drehen uns, was ja nichts anderes meint, als die Erde. Das widerspricht allerdings keinesfalls dem, dass die Wahrnehmung immer am Anfang steht. Es gibt keine Objektivität ohne Wahrnehmung - denn es würde das Objekt fehlen.
"Dass die Welt nicht zwingend so sei, wie sie uns erscheint, lesen wir doch genau in dem von Ihnen zitierten Kant."
Ja.
"Mit der Geozentrik, mit Kopernikus, kommt man in's Stocken - also probier man, beim Kreisen bleibend, eine andere Deutung: Wir drehen uns, was ja nichts anderes meint, als die Erde."
Ja.
"Das widerspricht allerdings keinesfalls dem, dass die Wahrnehmung immer am Anfang steht. Es gibt keine Objektivität ohne Wahrnehmung - denn es würde das Objekt fehlen."
Sehe ich auch so.
Freut mich, dass Sie sich nicht von der Masse meiner Worte erschlagen gefühlt haben. Was Sie über meine Person meinen, ist mir herzlich egal. Ich fühlte mich durch Ihren Kommentar inspiriert mal über das von Ihnen unreflektiert Wiedergegebene nachzudenken.
Es ging definitiv um Täuschung!
Kant verweist nirgendwo auf "die Kopernikanische Wende"*, die genau genommen gar keine war, sondern auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Pythagoräer zurück geht, deren Lehren im Zuge der Renaissance wieder publik wurden.
".... Erkenntnis gibt, die aus dem menschlichen Geist selbst kommt."
Das ist eine ganz spannende Frage, mit der sich (laut Platon) schon Sokrates auseinadergesetzt hat und von der sich, wie macheiner annimmt, Kant beeinflusst war.
Schönen Abend, werte Magda und danke für Ihren anregenden Kommentar. Hat mir Spass gemacht.
*"In Kants Schriften und Briefwechsel findet sich die Ausdrücke „kopernikanische Wende“ oder „kopernikanische Revolution“ nicht. Der zentrale Text, auf den sich die Rede von Kants kopernikanischer Wende bezieht, ist die Vorrede zur zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft (Immanuel Kant: AA III, 7–10[19]) Dort findet sich zweimal der Ausdruck „Revolution der Denkart“, allerdings nicht mit direkten Bezug zu Kopernikus. Diesen bezeichnet Kant jedoch als Urheber einer „Umänderung der Denkart“..."