Joschka for President?

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Das unsägliche Theater um den Bundespräsidentendarsteller Christian Wulff ist endlich vorbei. Wie ich schon mal in einem Text feststellte, war er nicht nur das Amt nicht wert, sondern eigentlich auch nicht die Aufmerksamkeit.

Interessant finde ich ja nur, dass er über etwas stolperte, was in diesen Kreisen, in denen er sich bewegte, gang und gäbe ist. Deshalb hat er ja auch keinerlei Unrechtsbewusstsein und behauptet weiterhin, er habe nichts Unrechtes getan. Was ihm vorgeworfen wird, ist doch üblich in seinen Kreisen, in den politischen und denen dahinter und drumherum. Wäre ja interessant zu erfahren, wer Wulff warum fallen ließ, warum der Möchtegern-Präsident nicht mehr mitspielen durfte.

Anstatt folgerichtig dieses nutzlose Amt des Bundespräsidenten abzuschaffen, wird also ein neuer Darsteller gesucht, mit dem alle Parteien des bundesdeutschen Establishments und diejenigen, an deren Fäden sie hängen, leben können. Die Kanzlerin Angela Merkel, die eigentlich nach ihrem dritten Personaldebakel auch zurücktreten müsste, will dafür sogar mit den Grünen reden. Es darf auch eine Frau sein. Nein, die Linke darf da nicht mitspielen, was denken die sich denn. Die bekommen wieder die Plätze am Katzentisch. Es werden eine ganze Reihe von Namen rumgereicht, von denen mir einer am unpassendsten erscheint: Katrin Göring-Eckardt. Wer kommt denn auf diese Idee? Die hat ja nicht mal ihr Theologiestudium abgeschlossen, soweit ich weiß.

Einer wird bisher gar nicht genannt, von dem ich fast glaube, dass er noch aus dem Hut gezaubert wird als DER Konsenskandidat: Joseph Fischer. Er war schon mal 2010 für das Amt im Gespräch. Für ihn spricht, was Rezzo Schlauch vor zwei Jahren von sich gab: "Wenn es die Kanzlerin Ernst meint mit dem Kriterium, dass es eine Persönlichkeit sein soll, mit der möglichst alle leben können, dann ist Joschka Fischer für mich die erste Wahl! Als Außenminister hatte er Beliebtheitswerte, von denen seine Nachfolger nur träumen konnten. Joschka Fischer ist über die
Parteigrenzen hinweg anerkannt - er ist zu einer überparteilichen Persönlichkeit geworden, genießt in der Bevölkerung nach wie vor hohe Popularität." Der Spiegel schrieb damals: "Joschka Fischer, 62, ist seit dem Ende von Rot-Grün 2005 komplett politikabstinent - damit wäre der ehemalige Grünen-Star und Außenminister möglicherweise auch für eine schwarz-gelbe Mehrheit wählbar.

Damals hat er sich wohl noch geziert, aber ich bin gespannt. Ich will ihn nicht, ich brauche überhaupt keinen Bundespräsidentendarsteller. Aber Fischer passt so gut in das System der Bundesrepublik. Er hat alle grünen Ideale, wenn er sie denn je hatte, verraten. Er kannte keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche. Er hat die Deutschen gemeinsam mit Gerhard Schröder wieder in den Krieg geführt. Er ist, was immer noch nicht unwichtig ist bei der Besetzung politischer Ämter in der Bundesrepublik, beliebt bei den herrschenden Kreisen in den USA.

Ich will das nicht ausweiten. Ich bin gespannt, wer uns vorgesetzt wird.

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Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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